Smolensk-Ermittlung

Polen: Staatsanwalt schießt sich bei Pressekonferenz an

Ausland
10.01.2012 08:35
Ein polnischer Militär-Staatsanwalt hat am Montag während einer Pressekonferenz zu den Ermittlungen des ungeklärten Flugzeugsabsturzes von Smolensk, bei dem der damalige polnische Staatspräsident Lech Kaczynski starb, einen Selbstmordversuch unternommen. Mikolaj Przybyl bat die anwesenden Journalisten, den Raum zu verlassen, und schoss dann mit einer Pistole auf sich. Laut einem Sprecher des Krankenhauses sei er außer Lebensgefahr und wieder bei Bewusstsein, er habe Verletzungen im Gesicht erlitten.

Die Pressekonferenz in Poznan betraf Vorwürfe gegen die Militär-Staatsanwaltschaft. Die Zeitung "Rzeczpospolita" hatte zuvor einen Bericht veröffentlicht, wonach sich die Behörde unerlaubt Handy-Daten und SMS-Mitteilungen von Journalisten sowie Ermittlern des Flugzeugunglücks beschafft habe, um diese zu bespitzeln. Dabei wollte sie aufspüren, wie Informationen aus der Ermittlergruppe an die Presse gelangt waren.

Bei Pressekonferenz auffallend nervös
Przybyl sei während des Pressetermins auffallend nervös gewesen, berichten Journalisten. Er wies die Vorwürfe gegen seine Behörde zurück und erklärte, die Militär-Staatsanwaltschaft habe im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften gehandelt. Ihre Nachforschungen seien notwendig gewesen, weil die durchgesickerten Informationen aus der Smolensk-Ermittlergruppe die Zusammenarbeit zwischen Polen und Russland in der Sache stark behindert hätten.

"Ich verteidige heute die Ehre der Militär-Staatsanwälte und der Richter, die als unfähig und anachronistisch beschrieben wurden", erklärte er. Przybyl deutete an, die Kritik an seiner Behörde solle diese unter Druck setzen, um Ermittlungen in einer ganz anderen Sache zu behindern, bei der es um Korruption gehe.

Der polnische Präsident Bronislaw Komorowski zeigte sich am Montag bestürzt über den Selbstmordversuch. Er habe den Inlandsgeheimdienst BBN beauftragt, sich mit dem Fall zu beschäftigen, so einer seiner Mitarbeiter gegenüber Journalisten. Innenminister Jacek Cichocki sagte eine "schnelle und sehr gründliche" Aufklärung des Vorfalls zu.

Polen und Russland über Absturzursache uneins
Beim Absturz eines polnischen Regierungsflugzeuges in der Nähe der russischen Stadt Smolensk starben im April 2010 alle 97 Passagiere, darunter der damalige Staatspräsident Lech Kaczynski. Bis heute sind sich Polen und Russland nicht einig über die Ursache des Unglücks. Während Moskau die Schuld alleine bei den polnischen Piloten sieht, machen polnische Ermittler die Fluglotsen am Smolensker Flughafen mitverantwortlich.

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