Kritik von den Grünen

Van der Bellens Gratulation an Erdogan „ärgerlich“

Politik
31.05.2023 10:24

Ewa Ernst-Dziedzic, Wahlbeobachterin der österreichischen Grünen, hat die Wahlen in der Türkei am Dienstagabend als „nicht frei“ bezeichnet. Ernst-Dziedzic war gemeinsam mit ihrer grünen Parteikollegin Heidemarie Sequenz als Wahlbeobachterin tätig gewesen. Unmut gab es auch über Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen, da dieser Erdogan ohne kritische Bemerkungen gratulierte.

Bewaffnete Polizei hatte die beiden Beobachterinnen vom Betreten von Wahllokalen in Ostanatolien abgehalten. Die beiden Grün-Politikerinnen berichteten über Verhaftungen von Oppositionellen über das Wahlwochenende und starker Polarisierung: „Wir wurden bei einer Wahlparty der AKP als ausländische Agenten beschimpft.“ Bei der pro-kurdischen Linkspartei HDP sei wiederum viel „Hoffnung zerschlagen worden“, so Ernst-Dziedzic. Der Präsidentschaftskandidat der Opposition, Kemal Kılıçdaroğlu, hatte sich im zweiten Wahlgang gegen syrische Flüchtlinge und Kurden gewandt, um nationalistische Wähler anzusprechen.

Van der Bellens Gratulation an Erdogan „ärgerlich“
Ernst-Dziedzic kritisierte in diesem Zusammenhang auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Dieser hatte am vergangenen Sonntag als einer der ersten Staatsoberhäupter dem türkischen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan zur Wiederwahl gratuliert. „Natürlich gibt es diplomatische Gepflogenheiten, aber es ist ärgerlich, dass Van der Bellen ohne kritische Bemerkung gratuliert hatte“, so die Politikerin über den früheren Grünen-Chef.

„Wolfsgrüße haben auf österreichischen Straßen keinen Platz“
Auch der Einfluss von Erdogans AKP und der rechtsextremen MHP in Österreich sei ein Problem, so die Grüne Außenpolitik-Sprecherin: „Wolfsgrüße haben auf österreichischen Straßen keinen Platz.“ Türkische Nationalisten hatten bei einer Feier zum Wahlsieg von Staatspräsident Erdogan am Reumannplatz in Wien den verbotenen Wolfsgruß der MHP gezeigt. MHP-nahe Vereine sollten in Wien stärker beobachtet werden, forderte Sequenz: „In Wien darf es keinen Cent für MHP-Vereine geben.“ Man müsse stattdessen fortschrittliche türkische Parteien stärken. „Wir haben da in Vergangenheit auch aus falscher Rücksichtnahme die Augen geschlossen“, sagte die Wiener Landtagsabgeordnete.

Kritik an der Wiener SPÖ
Kritik an der SPÖ kam von Redar Han vom kurdischen Verein FEYKOM: „Die SPÖ war bei den Türkei-Wahlen nicht präsent. Signale aus Österreich fehlten.“ Türkische Rechte würden in Wien Wahlkampf für SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig machen, so auch der Vorwurf. „Die SPÖ muss genauer hinschauen. Solche Feiern wie am Reumannplatz sind inakzeptabel“, sagte auch der SPÖ-Nationalratsabgeordnete Robert Laimer.

„Erdogan wird sich nicht zurückhalten“, glaubt Ernst-Dziedzic. Österreich müsse deswegen Wirtschaftsbeziehungen an Kriterien binden und den „türkischen Völkerrechtsbruch in Rojava“ verurteilen. Die Türkei bombardiert wiederholt das kurdische Autonomiegebiet in Syrien und hält mithilfe von syrischen Milizen die Region Afrin besetzt. Auch forderte die Nationalratsabgeordnete Unterstützung für politische Häftlinge: „Wer in Österreich auf eine Erste-Mai-Demo geht, kann in der Türkei wegen angeblicher PKK-Nähe verhaftet werden.“ Die separatistische kurdische Untergrundorganisation „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) wird von der Türkei, aber auch von der Europäischen Union als terroristische Organisation eingestuft.

Auch Nehammer gratulierte ohne Kritik
Am Montag, einen Tag nach der Wahl, gratulierte übrigens auch Karl Nehammer (ÖVP) dem Wahlsieger Erdogan. Ohne weitere Kritik twitterte der Bundeskanzler auf Englisch: „Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit und die Vertiefung der Beziehungen zwischen der Türkei und Österreich“ ...

Nehammers Parteikollegin, Integrationsministerin Susanne Raab, wurde da schon deutlicher und erklärte nach Erdogans Wahlsieg, der auch auf Wiens Straßen umjubelt worden war: „Importierter politischer Aktivismus und Gewalt sind auf das Schärfste zu verurteilen und mit der vollen Härte des Gesetzes zu bestrafen. Vom Ausland importierter Nationalismus ist das Gegenteil von Integration und hat bei uns keinen Platz.“

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