Am Donnerstag hat in der Wiener Hofburg die OSZE-Tagung mit umstrittener, russischer Beteiligung begonnen. Dabei fand auch eine Kundgebung pro-ukrainischer Demonstranten vor dem Sitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) statt. „Setzt euch nicht mit Mördern an einen Tisch“, war unter anderem auf den Transparenten zu lesen. OSZE und Außenministerium verteidigten die Teilnahme der russischen Abgeordneten.
Die Anwesenheit der russischen Abgeordneten hatte bereits seit Wochen für viel Kritik gesorgt. In seinen Eröffnungsworten betonte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP): „Wir stehen in ungeteilter Solidarität an der Seite der ukrainischen Regierung und des ukrainischen Volkes!“ Gleichzeitig sei es die „Pflicht“ der Mitglieder der OSZE und unserer Parlamentarischen Versammlung „die Tür der Diplomatie nicht zuzuschlagen“, betonte Sobotka.
„Moskau verletzt Prinzip internationalen Rechts“
Die Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung, Margareta Cederfelt, rief zu einer Schweigeminute für die Opfer des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und des verheerenden Erdbebens in der Türkei und Syrien auf. Sie kritisierte die russische Aggression scharf. Moskau „verletzt jedes Prinzip des internationalen Rechts“, erklärte Cederfelt. Auch der amtierende OSZE-Vorsitzende, der nordmazedonische Außenminister Bujar Osmani, verurteilte „den unprovozierten Angriff“ Russlands auf die Ukraine in einer Videobotschaft.
Ukraine und Litauen boykottieren Tagung
Die 1995 gegründete OSZE ist die größte regionale Sicherheitsorganisation der Welt. Der Parlamentarischen Versammlung (PV) gehören 323 Parlamentarier aus 56 Staaten an. Die diesjährige Wintertagung findet am Jahrestag des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine statt. Russland hat für die Versammlung neun Delegationsmitglieder eingemeldet, davon stehen sechs Personen auf den EU-Sanktionslisten. Die Ukraine und Litauen boykottieren deshalb das Treffen.
Nach Wien ist die ukrainische Delegation jedoch schon gereist. Der ukrainische PV-Delegationsleiter Mykyta Poturajew kritisierte die Präsenz der Russen. Die russischen Abgeordneten würden versuchen, die Veranstaltung „als Propagandashow“ zu verwenden. „Wir haben Würde, Ehre und sind keine Puppen in einer russischen Muppet-Show“, sagte Poturajew im Vorfeld der Konferenz. Kritik kam auch aus den USA. Zwei US-Kongressabgeordnete - der Demokrat Steve Cohen und der Republikaner Joe Wilson - kritisierten gegenüber dem US-Auslandssender Radio Free Europe/Radio Liberty die Visavergabe an die russische Delegation durch Österreich.
Russen mussten durch Hintereingang gelotst werden
Vor dem Veranstaltungsort am Heldenplatz verlief der Auftakt der Wintertagung vergleichsweise ruhig. Während sich Delegierte lange vor einem Container anstellten, um ihre Akkreditierungen abzuholen und es dadurch zu Verzögerungen kam, erfuhr die russische Delegation eine gesonderte Behandlung: Die vom Duma-Vizepräsidenten Pjotr Tolstoj angeführte Delegation wurde über einen Hintereingang in die Hofburg gelotst, bestätigten Behördenvertreter.
Außenministerium verweist auf Amtssitzabkommen
81 Abgeordnete aus 20 Ländern hatten bereits Anfang Februar Österreich aufgefordert, die Teilnahme der russischen Delegation an der OSZE-Tagung in Wien zu verhindern. Parlamentarier aus Polen, Litauen, Belgien, Kanada, Tschechien, Dänemark, Estland, Frankreich, Georgien, Deutschland, Island, Lettland, den Niederlanden, Norwegen, Rumänien, der Slowakei, Slowenien, Schweden, der Ukraine und Großbritannien unterzeichneten das Schreiben.
Das Außenministerium verweist auf das OSZE-Amtssitzabkommen. Dieses verpflichte Österreich, dafür zu sorgen, dass Mitglieder von Delegationen von OSZE-Teilnehmerstaaten bei ihren Reisen zum und vom Amtssitz der OSZE nicht behindert werden. „Das bedeutet eine klare völkerrechtliche Verpflichtung, die Einreise der Delegierten zu gestatten“, präzisierte ein Sprecher des Außenamts.
„Vergabe von Visa keine Ermessensfrage“
Die OSZE bestätigte das. Das Amtssitzabkommen verlange von Österreich, den teilnehmenden Delegationen die Einreise zu erleichtern, „was bedeutet, dass das Ausstellen von Visa keine Ermessensfrage, sondern eine Frage der rechtlichen Verpflichtung ist“, teilte die Versammlung mit. „Die ausgestellten Visa erlauben lediglich die Teilnahme an der OSZE-Versammlung. Bei Missbrauch wird das Visum aufgehoben“, ergänzte ein Sprecher des Innenministeriums. Der Besuch anderer Veranstaltungen, wie etwa des freiheitlichen Akademikerballs, wäre demnach nicht erlaubt.
Für Kritik sorgte außerdem, dass die OSZE keine Journalisten zur Veranstaltung in die Hofburg lässt. „Diese Entscheidung wurde aus logistischen und sicherheitstechnischen Gründen getroffen“, erklärte die PV auf Anfrage. Das Treffen wird auf YouTube und Facebook übertragen. Journalistenvereinigungen kritisierten den Ausschluss der Medien. Die Vereinigung der Europajournalistinnen und -journalisten (AEJ) und der Verband der Auslandspresse in Wien warnten in einem Schreiben an die OSZE, die Entscheidung könne „die Freiheit der unabhängigen Berichterstattung stark beeinträchtigen“.
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