Kritik an Präsident

„Demokratiepolitisch gefährliche“ Absage an Kickl

Politik
27.01.2023 06:00

Alexander Van der Bellens Aussage zu einem möglichen Auftrag zur Regierungsbildung an die FPÖ sorgt weiter für Wirbel. Verfassungsjurist Peter Bußjäger nennt die Aussage „demokratiepolitisch gefährlich“, Politologe Thomas Hofer sieht die FPÖ als Profiteurin.  

Ziemlich viel Kritik und das von unterschiedlichen Seiten musste sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Tag seiner Angelobung anhören. Seine Aussagen, wonach er FPÖ-Chef Herbert Kickl bei einem etwaigen Wahlsieg nicht automatisch einen Auftrag zur Regierungsbildung erteilen würde, nutzen erstens Kickl selbst und sind zweitens fraglich.

„Was, wenn die FPÖ die absolute Mehrheit bekommt?“
Der Verfassungsjurist Peter Bußjäger bezeichnet sie im Gespräch mit der „Krone“ als „d
emokratiepolitisch gefährlich“. Das ist zwar nicht realistisch, aber was macht er, wenn die FPÖ die absolute Mehrheit bekommt?“, fragt Bußjäger. Van der Bellens Ankündigungen hätten „gewisse Folgerungen“.

Es sei legitim, wenn der Bundespräsident mit der Macht ausgestattet sei, gewisse Personen abzulehnen. „Ob das klug und vernünftig ist, steht aber auf einem anderen Blatt“, so Bußjäger. „Im Ernstfall wird auch der Bundespräsident die Realitäten der parlamentarischen Demokratie zur Kenntnis nehmen müssen.“

„In erster Linie der Verfassung verpflichtet“
Was die Aussage Van
der Bellens betrifft, er lege
den Amtseid nicht nur auf die Verfassung ab, sondern sei auch seinem Gewissen verpflichtet, meint Bußjäger: „Der Bundespräsident ist in erster Linie der Verfassung verpflichtet.“ Und er sei angehalten, seine Macht und die Spielräume, die er habe, im öffentlichen Interesse und im Interesse des Gesamtstaates einzusetzen.

Rein rechtlich sei es richtig, dass der Bundespräsident jede beliebige Person mit der Bildung einer Regierung betrauen könne. Da aber diese Regierung realpolitisch eine Mehrheit im Parlament braucht, sei es Usus, dass der Kandidat der stimmenstärksten Partei diesen Auftrag bekommt.

Bundespräsident kann mitreden - theoretisch ...
Der
Bundespräsident kann theoretisch bei der Regierungsbildung mitreden. Er hat freie Hand bei der Nominierung des Bundeskanzlers und darf einzelne Minister ablehnen, wenn er sie für ungeeignet hält. Zudem kann er die gesamte Regierung (nicht aber einzelne Minister) ohne nähere Begründung absetzen. De facto kann der Präsident bei der Regierungsbildung aber nicht gegen den Willen der Parlamentsmehrheit agieren, da der Nationalrat jede Regierung mit einfacher Mehrheit kippen kann.

Wie eingeschränkt der Präsident bei der Regierungsbildung deshalb ist, zeigt das Zustandekommen des Kabinetts Schüssel I: Während der von Bundespräsident Thomas Klestil präferierte Sozialdemokrat Viktor Klima „Sondierungsgespräche“ führte, verhandelte die ÖVP nach der 1999er-Wahl mit der FPÖ und stellte Klestil schließlich vor vollendete Tatsachen. Er musste die schwarz-blaue Koalition im Februar 2000 gegen seinen Willen angeloben. Klestil blieb es nur noch vorbehalten, zwei Freiheitliche von der Ministerliste zu streichen.

FPÖ ortet „Ausgrenzungs-Karte“
In den sozialen Medien sorgen
Van der Bellens Äußerungen wenige Tage vor der niederösterreichischen Landtagswahl für heftige Debatten. Viele politische Beobachter zeigten sich kritisch, weil am Ende nur die FPÖ von der Haltung Van der Bellens profitiert. Das sieht auch der Politberater Thomas Hofer so. Die Meinung Van der Bellens sei inhaltlich gut begründet, aber die FPÖ werde sie für sich zu nutzen wissen und versuchen, damit Wähler zu mobilisieren. Die FPÖ werde die „Ausgrenzungs-Karte“ spielen, so Hofer.

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