Mateschitz verstorben

Abschied vom Bullen: Ein „Krone“-Nachruf

Österreich
23.10.2022 09:43

„Er war ein Segen für das Land“, sagen Menschen in seiner Heimat. „Wir werden ihm respektvoll und liebevoll verbunden bleiben“, sagt Red Bull zum Abschied: Dietrich „Didi“ Mateschitz ist tot. Ein „Krone“-Nachruf.

Das Gerücht kursierte bereits seit Wochen - immer wieder wollten vermeintlich bestinformierte Kreise wissen, dass Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz gestorben sei. Bestätigt hatten sich die Meldungen nie. Bis am späten Samstagabend eine Information an die Red-Bull-Mitarbeiter und wenig später an die Medien ging: „Wir müssen euch informieren, dass Dietrich Mateschitz heute verstorben ist.“ Die Meldung ging sofort um die Welt - einer der bedeutendsten Österreicher ist tot!

Rezept für Red Bull durch Zufall in Thailand entdeckt
Seine Firmenzentrale steht gesplittet in Salzburg: in den architektonisch weltbekannten Vulkan-Kegeln in Fuschl, im elliptischen Hangar 7 beim Airport, in der historischen Rainer-Kaserne in Elsbethen und im Media-Turm beim Stadion in Wals.

Inmitten dieses geografischen Kreises liegt das Spital in Mülln, das Dietrich Mateschitz seit Jahren großzügig unterstützt hat. Gegründet wurde es 1704 von Fürsterzbischof Thun. Mateschitz ließ sich, als das kritische Ausmaß seiner Erkrankung erfassbar war, nicht in irgendeine Klinik der Welt fliegen, sondern setzte auf die Paracelsus-Universität Salzburg, die mit der deutschen Heidelberg-Uni kooperiert.

Dort begann es auch vor Jahrzehnten: Nach einem Motorrad-Unfall in der afrikanischen Wüste operierte Chirurg Primar Herbert Resch das Bein des Red-Bull-Gründers. Mateschitz erkannte die Schwächen eines auf sich allein gestellten, eher provinziell ausgerichteten Spitals: Die PMU, die Paracelsus Medizinische Universität, hatte ihren Schutzherrn gefunden. Selbst aus der amerikanischen Non-Profit-„Mayo“-Klinik kommen Mediziner nach Salzburg.

„Er war ein Segen für das Land“, sagen die Menschen in seiner steirischen Heimat, wo Mateschitz wie ein wirtschaftlicher Notarzt einflog und den Österreich-Ring, die Gastronomie und zahlreiche pleitegegangene Hotels und auch Schlösser wiederbelebte. Wie Kleinode an einer Perlenschnur fädelte er gefährdete, aber kulturell höchst wichtige Unternehmen im Ausseer Land in seine private Firmengruppe ein. Zuletzt noch ein verfallenes Hotel am Prebersee im Lungau. Die Anweisungen dafür kamen vom Krankenbett.

Zitat Icon

Er war ein Segen für das Land.

Die Menschen in seiner Heimat haben nur die besten Erinnerungen.

Der Steirer: Am 20. Mai 1944 wird Mateschitz in Sankt Marein im Mürztal geboren. Er studiert an der Hochschule für Welthandel in Wien, macht nach zwei Dutzend Semestern den Diplomkaufmann. Für ihn nebensächlich. Sein Genie für Vermarktung hat ihn voll beflügelt.

Ein Werbe-Job in einer Zahnpasta-Firma befriedigt ihn nicht. Da erfährt er auf einer Reise durch Zufall von einem geheimnisumwitterten Rezept und kommt mit der thailändischen Familie Yoovidhya ins Geschäft. 49 Prozent für Mateschitz, der Rest für die Fernost-Partner. 1987 wird Red Bull gegründet. Der Zaubertrank.

Keine Bank will ihm einen Kredit geben. Die Spänglers aus Salzburg vertrauen ihm - und bleiben auf Dauer seine Partner.

Extremsportarten als Marketing-Kampagnen
Mateschitz kurvt wie ein Handlungsreisender durch das Salzburger Seenland und versucht, die 135 Millimeter kleine blau-silberne Dose zu verkaufen. Robert Hohensinn hilft ihm bei den ersten Schritten - er wird General-Manager von Red Bull. 2021 werden auf der ganzen Welt 9,8 Milliarden Red-Bull-Dosen verkauft.

Mateschitz erkennt, was Marketing bringt: Extrem-Sportler surfen über Wellen und stürzen sich in die Tiefe, die Weltbesten lassen sich von der Falkensteinwand in den Wolfgangsee fallen, Boarder bretteln über Hotelbalkons in Bad Gastein, die Formel 1, die Skirennen und der Fußball folgen, er lässt Felix Baumgartner aus dem Weltraum springen. Allein dieses Event bringt millionenschwere Werbung. An Red-Bull-Berichterstattung kommt weltweit längst keiner mehr vorbei.

Neid muss man sich verdienen: Über die Gefährlichkeit des koffeinhaltigen Getränks wird diskutiert. Mateschitz sieht es wie einst der Arzt Paracelsus: Die Dosis macht das Gift.

Heinz Kinigadners Sohn verunglückt bei einem Motorrad-Unfall: Mateschitz gründet die „Wings for Life“-Stiftung. Sie soll die Rückenmarkslähmung erforschen. Auch hier Kritik: Red Bull schicke die Sportler in gefährliche Abenteuer und lasse sie dann in der Schweizer Klinik behandeln.

Hilfe für Menschen in Not unter einer Voraussetzung
Mateschitz bleibt unbeirrt und verändert weiter vieles: Fußballtrainer stehen im dunklen Anzug am Rand des Spielfelds, für Talente aus aller Welt schafft er ein Zentrum in Salzburg, die Top-Stars werden teuer weiterverkauft, 90 Millionen Euro Gewinn allein in einem Jahr.

Seine Härte scheint oft gnadenlos: Als er von der Gründung eines Betriebsrates bei seinem ServusTV hört, lässt er den Sender umgehend einstellen. Der Salzburger Arbeiterkammer-Chef kommt in den Hangar 7, exerziert den Kniefall, und Hunderte Jobs sind gerettet.

Mateschitz lässt einen nach Tschernobyl leukämiekranken Soldaten samt Familie nach Salzburg zur Behandlung einfliegen. Er unterhält einen eigenen Fonds, der in Not geratene Salzburger unterstützt. Nur eine Bedingung: Erzählen darf keiner davon.

Seine Lieblingsorte? Vielleicht sein Hotel-Ressort auf den Fidschi-Inseln, viel lieber aber noch der Bauernhof in Maria Alm. Heimat war ihm das Wichtigste.

Der Sohn. Mark Mateschitz. Völlig abgeschirmt. Beim Bieranstich in der neu gegründeten Brauerei im steirischen Thalheim darf er erstmals das Licht der Öffentlichkeit erblicken und mit dem damaligen Landeshauptmann Schützenhöfer das Bierfass anschlagen. Mark wird kommendes Jahr 30. Der nächste Bulle.

Ein hochbegabter junger Mann. Der weltbekannte Vater das absolute Marketing-Genie. Die blitzgescheite Mutter, Anita Gerhardter, Sportlerin, Skilehrerin, Geschäftsführerin der „Wings for Life“-Stiftung, bestens vernetzt.

Dietrich Mateschitz ist tot: Österreich hat seinen erfolgreichsten Unternehmer verloren.

Hans Peter Hasenöhrl

 Kronen Zeitung
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