Heute, Samstag, ist der Österreichische Krebstag. Der Grazer Onkologe Philipp Jost weiß, wie wichtig Vorsorge ist und welche neuen Therapien es gibt.
Warum ist ein Tag zur Erinnerung an Krebs überhaupt nötig?
Aus zwei Gründen: Wir wollen mit der Veranstaltung heute (siehe Info am Ende des Artikels, Anm.) Betroffene und ihr Umfeld informieren, auch darüber, wie Hilfe im Alltag aussehen kann. Und: Lassen Sie uns über Vorsorge reden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den man dringend verbessern muss. Wir haben ein flächendeckendes Angebot, das nicht in vollem Ausmaß genutzt wird.
Kann man das mit Zahlen untermauern?
Ja, in Österreich gehen sonst im Jahresdurchschnitt 20.000 Frauen zur Mammografie. Mit Corona kam es zu einer Halbierung. Zur Darmkrebsvorsorge geht überhaupt sogar weniger als die Hälfte im Vergleich zu früher.
Als wie wichtig würden Sie die Vorsorge einschätzen, welchen Stellenwert nimmt sie bei Heilungschancen ein?
Einen riesigen. Allein am Beispiel Hautkrebs: Wird er in einem frühen Stadium entdeckt, kann die Heilungsrate bei nahezu 100 Prozent liegen. Eine Zahl, die mit dem Zeitfaktor signifikant sinkt. Tumore sind in den Anfängen ebenfalls gut zu entfernen.
Welche Vorsorge würden Sie empfehlen?
Kostenlos angeboten wird sie für die Bereiche Prostata, Darm, Brustkrebs, Gebärmutterhalskrebs und Haut, gestaffelt nach Alter und Zeitabständen.
Wie viele Steirer sind von Krebs betroffen?
Wir haben im Jahr 5600 Neuerkrankungen; Tendenz steigend.
Welche Krebsformen sind bei uns am häufigsten?
Die häufigste ist bei weiblichen Patienten Brustkrebs mit 29 Prozent, bei den männlichen Prostata mit 27 Prozent, gefolgt von Lungenkrebs mit 13 Prozent Anteil bei Männern, 11 bei Frauen.
Man weiß inzwischen, dass viel vom Lebensstil abhängt.
Ja, aber vielen ist sicher nicht bewusst, wie viel sie selbst in der Hand haben. Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel sind extreme Faktoren. Aber auch die Umwelt hat immer mehr Einfluss auf die Entstehung von Krankheiten.
Chemotherapie ist die klassische Behandlungsform bei Krebs, was gibt es zudem an Neuerungen?
Immuntherapie ist mittlerweile ein ganz wichtiger zweiter Baustein geworden. Dabei wird über Infusionen die Bremse im Immunsystem blockiert, damit wird alles, was fremd ist, von körpereigenen Zellen angegriffen, also auch ein Tumor.
Sie steht aber auch in der Kritik, weil nicht nur Fremdes attackiert wird.
Ja, das kann eine Nebenwirkung sein, die allerdings selten vorkommt.
Es gibt mittlerweile ja auch Tabletten gegen Krebs?
Ja, mit gutem Erfolg, dabei werden Änderungen im Tumor erkannt und therapiert, ohne Chemotherapie. Das ist keine generalisierte Behandlung, sonder eine individuelle.
Die Medizin ist auf einem hohen Stand, welche Chancen haben Betroffene mittlerweile?
Bei Brustkrebs liegt die Wahrscheinlichkeit, mehr als drei Jahre zu überleben, bei 90 Prozent - sofern man ihn früh erkennt. Im fortgeschrittenen Stadium ist das nur noch 30 bis 40 Prozent. Also kann ich nur raten: zur Vorsorge gehen. Und seinen Lebensstil hinterfragen.
Der Steirische Krebstag findet heute von 8 bis 16.30 Uhr im Messecongress Nord, Halle 4 statt und ist öffentlich. Die Vorträge werden zusätzlich per Livestream hier übertragen: https://www.uniklinikumgraz.at/ ccc/veranstaltungen/krebstag2022
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.