Verdächtiger Verein

Kickl taucht erstmals in brisanten Chat-Akten auf

Politik
21.07.2022 20:35

Neue Gesprächsprotokolle der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA): Im Fokus steht der Verein „Austria in Motion“. Spenden gegen Posten, so der Vorwurf. Zurzeit läuft ein Prozess dazu gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ...

Heinz-Christian Strache und ein mit ihm befreundeter Immobilienhändler namens Siegfried Stieglitz stehen aktuell vor dem Wiener Straflandesgericht. Es geht um Bestechlichkeit/Bestechung. Unter Türkis-Blau hat die Strache-FPÖ Stieglitz zu einem Aufsichtsratsposten bei der Asfinag verholfen. Im Gegenzug für Spenden, so der Verdacht der Ermittler. Spenden gab es, wie der Prozess bisher zutage gefördert hat. Betreff: „Wie vereinbart“. Am 29. Juli soll ein Urteil ergehen. Strache und Stieglitz beteuern ihre Unschuld, es gilt die Unschuldsvermutung.

Zur Sprache kam auch ein FPÖ-naher Verein namens „Austria in Motion“, an den u. a. Stieglitz gespendet hat. Nun tauchen Protokolle der WKStA auf, die sich für den Fall interessiert. Der „Krone“ liegen Gesprächsprotokolle des Mobiltelefons von FPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein vor, die die WKStA für potenziell relevant für die laufende Hauptverhandlung gegen Strache/Stieglitz erachtet. Interessant: Auch der Name des bis dato „unbefleckten“ Herbert Kickl taucht in den Akten auf.

Auszüge aus den brisanten Protokollen der WKStA, die der „Krone“ vorliegen:

Die Folgen von Ibiza
Der Verein „Austria in Motion“ stand gleich nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos im Verdacht, der FPÖ als Vehikel verdeckter Parteienfinanzierung zu dienen. In dem Video, das Vizekanzler Heinz-Christian Strache zum Rücktritt zwang und die Regierungskoalition zerbrechen ließ, hatte Strache vor einer vermeintlichen reichen Russin einen Verein erwähnt, an den Spender hohe Beträge für die Partei zahlen könnten. Auf diesem Umweg müssten sie nicht als Parteispenden offenbart werden. 

So weit, so gut - jetzt wird es etwas kompliziert. Der ehemalige FPÖ-Abgeordnete Markus Tschank war der Kassier dieses Vereins. Er musste im Ibiza-U-Ausschuss auch in dieser Causa aussagen. Strache erwähnte ihn in seinem aktuellen Prozess als operative Figur des Vereins. 

Bei Ermittlungen gegen den ehemaligen FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein (soll illegal Informationen aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung erhalten haben) wurde im Zuge einer Razzia nun eine Aufzeichnung eines Gesprächs gefunden, die erstmals auch FPÖ-Chef Kickl in die Konstruktion dieses Vereins involvieren.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat das Tonband abgetippt und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft für mögliche Ermittlungen übergeben. Demnach hat Jenewein Tschank Tipps gegeben, welche Fragen ihn im U-Ausschuss erwarten könnten und wie er sich verhalten solle.

Im Büro von Kickl getroffen
Tschank erzählte laut Protokoll, wie auf Wunsch von Strache 2015 die Gründung des Vereins „Austria im Motion“ passierte. Und wo passierte das demnach? Im Büro von FPÖ-Chefstratege Herbert Kickl. Tschank erzählte Jenewein: „Wir haben uns damals mit dem Herbert Kickl im Bundesbüro zusammengesetzt und haben das besprochen und haben gesagt, schau: Wenn man einen externen Verein gründet und der Verein hat einen eigenen Verwendungszweck (…) das was nicht passieren darf ist, dass das Geld, wenn es dort einen Vereinsspender gibt, dass das Geld dann verwendet wird für Parteizwecke.“ 

„Der Herbert konzipierte den Namen“
Und Tschank erzählte weiter: „Der Herbert hat dann auch den Namen ,Austria in Motion‘ konzipiert.“ Tschank bastelte an den Statuten und Satzungen und dann wurde der Verein gegründet. Lange ist nichts passiert. 

Es kam kaum Geld herein - bis 2017, als der wahrscheinlich wichtigste Wahlkampf für Strache und Kickl stattfand. Nationalratswahl - die FPÖ im Aufwind. Übrigens auch das Jahr, in dem das Ibiza-Video entstand. 

„Und dann ist es losgegangen“
2017 wurde ein Vertrag zwischen einer Wiener Agentur und der Partei geschlossen. Aber auch zwischen der Agentur und dem Verein wurde ein Vertrag geschlossen. Für jede Spende, die die Agentur einbringt, wurden 20 Prozent Provision an den Verein gespendet. Im Protokoll steht dazu: „Und ist es losgegangen. Und dann sind da so riesige (…) Summen eingegangen. Ganz, ganz regelmäßig. Auch viele kleine Summen. Stieglitz zum Beispiel.“

„Da sind wir aus allen Wolken gefallen“
Tschank war überrascht, wie die Spender an die Kontonummer des Vereins kamen - und sagte gegenüber Jenewein: „Ohne dass wir den jemals getroffen hätten, verstehst? Und i waß jo net, ob das die Agentur war, der Strache selbst, wer auch immer.“

Als dann das Ibiza-Video auftauchte, ließ sich Tschank die Unterlagen vom Verein kommen. „Als wir dann gesehen haben, was da eingegangen ist, samma aus allen Wolken gefallen.“ Dann wurde schnell ein Büro angemietet. 

Tschank beschloss, dann alle Summen zurückzuüberweisen, weil er schon ein schlechtes Gefühl hatte. Das sollte ihn nicht täuschen.

FPÖ: „Gibt nichts zu kriminalisieren“
In der FPÖ ist man angesichts der Enthüllung im Verteidigungsmodus: „Einen Verein zu gründen, ist ein verfassungsmäßig verbrieftes Recht. Es handelt sich hier um den unlauteren Versuch, etwas zu skandalisieren und zu kriminalisieren, wo es nichts zu skandalisieren und zu kriminalisieren gibt“, erklärte ein Pressesprecher gegenüber der „Krone“.

Herbert Kickl habe, wie er es auch bereits im „Ibiza-Untersuchungsausschuss“ ausgesagt hat, „zu keinem Zeitpunkt eine Funktion inne oder war dort Mitglied.“ Alle Verfahren gegen die FPÖ in der Causa Vereine und illegale Parteifinanzierung seien von der WKStA eingestellt worden.

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