Regierungsumbau

Nehammers Neue: „Leidenschaft statt Herkunft“

Politik
10.05.2022 13:36

Am Montag zwei Rücktritte, am Dienstag stehen die Neuen bereits fest: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat zu Mittag die bereits im Vorfeld genannten Namen für den „größeren Regierungsumbau“ bestätigt, der durch die Abgänge von Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck nötig geworden war. Er sei beiden Ministerinnen für ihren Einsatz sehr dankbar, so Nehammer. Die Leidenschaft der neuen Regierungsmitglieder sei bei der Wahl im Vordergrund gestanden, nicht das Herkunftsbundesland, betonte der Kanzler.

Die Personalien sind seit Montagabend durchgesickert, seit Dienstagfrüh stehen sie fest. Ein Ministeramt wird eingespart, dafür werden zwei Staatssekretariate zugeordnet. Die Details:

  • Arbeitsminister Martin Kocher bekommt auch die Wirtschaftsagenden und wird damit ein Superministerium führen.
  • Bauernbund-Direktor Norbert Totschnig wird Köstinger als Landwirtschaftsminister nachfolgen.
  • Susanne Kraus-Winkler, aktuell Obfrau des Fachverbands Hotellerie, wird neue Tourismus-Staatssekretärin.
  • Florian Tursky, bisher Büroleiter des Tiroler Landeshauptmanns Günther Platter, wird Staatssekretär für Digitalisierung und Breitband.
  • Und Staatssekretärin Claudia Plakolm wird neben dem Jugendressort künftig auch die Bereiche Zivildienst und Ehrenamt unter sich vereinen.

„Der Richtige, um bäuerlichem Leben eine Zukunft zu geben“
Sie alle seien „herausragende Persönlichkeiten in dem, was sie tun“, so Nehammer. Totschnig sei „ein leidenschaftlicher Kämpfer für die Anliegen der Bäuerinnen und Bauern“. Er sei der Richtige, um „bäuerlichem Leben eine Zukunft“ zu geben. Mit ihm müssten jetzt die großen Fragen der Zukunft geklärt werden - Ernteausfälle in der Ukraine, Lebensmittelsicherheit in Österreich und Versorgungssicherheit für große Teile der Welt.

„Ungerecht“, Totschnig seine Herkunft „vorzuwerfen“
Dass Totschnig zum Zug gekommen ist, weil er aus Tirol stammt, stellte Nehammer ungewöhnlich scharf in Abrede. Für ihn stehe bei der Wahl eines neuen Ministers dessen Leidenschaft im Vordergrund, nicht die Herkunft. „Das Bundesländerlogik-, Teilorganisationenlogik-Thema ist kein Thema mehr in der ÖVP“, so Nehammer. Er halte es auch „gegenüber dem Menschen ungerecht“, ihm dessen Herkunft „vorzuwerfen“.

Wichtig sei Nehammer auch, die Digitalisierung voranzutreiben und die Verwaltung zu vereinfachen. Die Themen Digitalisierung und Breitband sollen nun ins Finanzministerium wandern, ebenso wie die Telekommunikation. Zuständiger Staatssekretär werde Tursky, der Nehammer ebenfalls „sehr vertraut“ sei. Tursky habe sich „mehrfach als Krisenmanager bewährt“.

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Arbeit und Wirtschaft bedingen einander. Martin Kocher wird dieses Miteinander nicht nur politisch leben, sondern vor allem durch seine Expertise auch durch diese schwierigen Zeiten begleiten.

Karl Nehammer

Zivildienst künftig bei Plakolm
Kocher sei der Richtige für das Superressort Wirtschaft und Arbeit. Plakolm wiederum nehme die Anliegen der Jugend ernst und verleihe ihr damit eine Stimme in der Politik. Die Zivildienst-Agenden seien nun eine „positive Abrundung“.

Noch am Nachmittag erste Gespräche mit Van der Bellen
Bereits am Nachmittag sollen Gespräche zwischen den neuen Regierungsmitgliedern und Bundespräsident Alexander Van der Bellen beginnen. Ob die Angelobungen noch vor dem Parteitag stattfinden kann, wollte Nehammer „aus Respekt vor dem Bundespräsidenten“ nicht beantworten. Er wolle den Gesprächen nicht vorgreifen. Nehammer sprach Van der Bellen seinen Dank aus - und auch dem Koalitionspartner, „der von vornherein in diese Regierungsumbildung eingebunden war“.

„Wichtig, dass sie den Zeitpunkt ihres Rücktritts selbst wählen“
Gefragt, ob er von den Zeitpunkten der Rücktritte überrascht worden sei, sagte Nehammer: „Mir war von vornherein bewusst, in welcher schwierigen Situation sich alle Regierungsmitglieder befinden. Ich bin so lange in der Politik, dass ich weiß, dass das Menschsein auch dazugehört - mir war es wichtig, dass sie den Zeitpunkt ihres Rücktritts selbst wählen. Sie waren viel Häme ausgesetzt und haben dennoch voll abgeliefert, nach bestem Wissen und Gewissen.“ Schramböck sei „vielen Anfeindungen ausgesetzt“ gewesen - „das macht etwas mit einem“. Auch Köstinger hatte in ihrer Rücktrittsrede von „schwierigen Zeiten“ mit teilweise Untergriffigkeiten gesprochen.

SPÖ kündigte Neuwahlantrag an
Durch die überraschenden Rücktritte von Köstinger und Schramböck war Nehammer gezwungen, rasch Nachfolger zu finden. Schließlich sollen sich vor dem Bundesparteitag am Samstag die Wogen wieder etwas geglättet haben. Die Opposition übte nichtsdestotrotz heftige Kritik an der Regierung - die Rücktritte bedeuteten schließlich bereits den 13. bzw. 14. Wechsel bei Türkis-Grün. SPÖ, FPÖ und NEOS sehen die Regierung gescheitert, die SPÖ kündigte einen Neuwahlantrag an.

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