Nach massivem Widerstand von Anrainern und Politik zieht der Verein Agora die Reißleine: Das geplante Resozialisierungsprojekt für psychisch kranke Straftäter in einem leer stehenden Hotel im burgenländischen Zurndorf wird nicht umgesetzt. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Bürgermeister Werner Friedl (SPÖ) sprechen von einem „Sieg der Vernunft“.
Die geplante Einrichtung zur Unterbringung von bis zu 30 psychisch kranken Straftätern – nur Männer – im leer stehenden Hotel Friedrichshof in Zurndorf (Bezirk Neusiedl am See) wird nicht realisiert. Dies bestätigte Agora-Geschäftsführer Andreas Lef gegenüber der Tageszeitung „Kurier“. Das Vorhaben, das der Reintegration von Straftätern dienen sollte, stieß von Anfang an auf breiten Widerstand in der Gemeinde, bei Anrainern und in der Landespolitik.
Das Einlenken der Verantwortlichen für die geplante Unterbringung psychisch kranker Straftäter am Friedrichshof in Zurndorf ist ein Sieg der Vernunft.
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil dazu: „Das Einlenken der Verantwortlichen für die geplante Unterbringung psychisch kranker Straftäter am Friedrichshof in Zurndorf ist ein Sieg der Vernunft. Es war wichtig und richtig, dass das Land – unterstützt von Bürgermeister Werner Friedl – vom Zeitpunkt des Bekanntwerdens weg ein klares Nein, verbunden mit konkreten rechtlichen Maßnahmen, angekündigt hat. Das Projekt war vom Start weg falsch angelegt – Intransparenz und mangelnde Kommunikation sind gerade bei einem so sensiblen Thema fehl am Platz. Vor allem war es für einen so kleinstrukturierten Siedlungsraum unzumutbar, ein Vorhaben dieser Dimension auch nur anzudenken. Mit uns wird es eine derartige Einrichtung auch an keinem anderen Ort im Burgenland geben.“
Von SPÖ-Klubobmann Roland Fürst hieß es dazu: „Wir werden es auch hinkünftig nicht zulassen, dass über die Köpfe der Burgenländer solche Entscheidungen getroffen werden.“
Der Verein erklärte, das Projekt habe vorgesehen, psychisch stabile, rund um die Uhr betreute Personen, die wegen teils kleinerer Delikte wie Diebstahl oder Widerstand gegen die Staatsgewalt verurteilt wurden, in dem ehemaligen Hotelbetrieb unterzubringen. Tagsüber sollten sie in Tätigkeiten wie Gartenpflege und Grünschnitt eingebunden werden. Wichtig sei, dass es sich nicht um Sexualstraftäter, sondern um sogenannte „Maßnahmepatienten“ gemäß Paragraph 21 des Strafgesetzbuches handle. Die Anrainer sahen das jedoch anders und äußerten große Sicherheitsbedenken.
Sorge um Sicherheit und Lebensqualität
Der Friedrichshof liegt in einem kleinen Siedlungsraum mit etwa 200 unmittelbaren Anrainern, darunter Familien mit Kindern. Bereits kurz nach Bekanntwerden des Projekts organisierten sich die Bewohner in einer Bürgerinitiative und sammelten über 120 Unterschriften gegen die Nutzung des Areals für diese Art von Einrichtung. Sie argumentierten, dass die Dichte von 30 Maßnahmepatienten in so einem kleinen Gebiet unverhältnismäßig sei und ein Sicherheitsrisiko darstelle.
Doskozil kündigte Widmungsänderung an
Auch Bürgermeister Werner Friedl und Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sprachen sich von Anfang an klar gegen das Projekt aus. Doskozil verwies auf die notwendige Transparenz und Mitwirkung der Gemeinden bei sensiblen Vorhaben und kündigte rechtliche Schritte sowie eine Widmungsänderung an, um das Projekt zu verhindern. Er betonte, dass es keine derartige Einrichtung an einem anderen Standort im Burgenland geben werde. ÖVP und FPÖ kündigten zudem parlamentarische Anfragen an.
Anrainer fühlten sich überrumpelt
Kritisiert wurde vor allem die Art der Kommunikation. Die Gemeinde und die Anrainer wurden erst informiert, als das Projekt bereits weit fortgeschritten war – eine Vorgehensweise, die als „Überrumpelung“ empfunden wurde. Der Vorstand des Friedrichshofs hatte ursprünglich gehofft, mit einem neuen Gastrobetreiber einen wirtschaftlichen Betrieb wiederherzustellen. Nach über 100 erfolglosen Gesprächen wurde die Idee der Reintegration aufgegriffen, ohne die Betroffenen ausreichend einzubinden.
Agora stellt Projekt ein – keine Suche nach Alternativstandorten
Agora-Geschäftsführer Lef bestätigte, dass die geplante Unterbringung am Friedrichshof unter den gegebenen Umständen nicht realisierbar sei. Zudem werde kein alternativer Standort im Burgenland gesucht. Das Unternehmen möchte jedoch das Gespräch mit dem Land suchen, um verbleibende Missverständnisse auszuräumen.
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