Krieg in der Ukraine

Warum Bilder in den Medien Angst auslösen

Gesund Aktuell
16.04.2022 05:00

Wen nimmt das Drama in der Ukraine nicht mit? Manche „erwischt“ es jedoch schlimmer. Die aufwühlenden Bilder aus den Medien können dann sogar eine psychische Krise auslösen. Ein Experte berichtet, warum das so ist.

Eine gewisse Angst vor einer realen Bedrohung ist völlig normal und sogar lebensnotwendig, weil sie uns vor Gefahren schützt. Nicht umsonst wechselt man ja auch nachts in einer dunklen Gasse, in der seltsame Gestalten herumlungern, die Straßenseite oder dreht sogar ganz um. Es gibt jedoch zudem eine zweite Ebene, die nur mit der Geschichte des Einzelnen zu tun hat.

Der Krieg als Trigger unterbewusster Furcht
Deshalb „erwischt“ es jetzt manche Menschen ärger, wenn sie im Fernsehen oder Internet dramatische Bilder aus der Ukraine sehen und von Menschenrechtsverletzungen erfahren. Sie fürchten sich stark, Ärzte sprechen dann von einer Angststörung. Das passiert aber nicht „aus heiterem Himmel“: „Der Krieg wirkt als Trigger, also Auslöser der Erkrankung. Davor muss die Psyche der jeweiligen Person jedoch schon zumindest einmal extrem unter Stress gestanden sein, damit es nun tatsächlich in eine Angststörung ausufert“, erklärt Dr. Nidal Moughrabi, Arzt, DeHypnotherapeut und Meditationstrainer aus Wien.

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Der Krieg wirkt als Trigger, also Auslöser der Erkrankung. Davor muss die Psyche der jeweiligen Person jedoch schon zumindest einmal extrem unter Stress gestanden sein, damit es nun tatsächlich in eine Angststörung ausufert.

Dr. Nidal Moughrabi, Arzt, DeHypnotherapeut und Meditationstrainer

„Viele davon haben bereits in ihrer Kindheit Traumata erlitten, die vergessen scheinen, aber im Unterbewusstsein - genauer gesagt in den sogenannten Mandelkernen des Gehirns - als eine Art Alarm gespeichert sind. Es rächt sich auch, wenn die Grundbedürfnisse des einstigen Kindes von seinen Eltern oder Bezugspersonen nicht beachtet wurden und kein Aufwachsen in einem geborgenen Umfeld möglich war. Über die Jahre äußern sich die Probleme von damals mal als Depression, dann wieder als Schlafstörung, Herzrasen oder Reizdarmproblem - oder eben quasi unmaskiert als Furcht. Manchmal treten sogar auch mehrere Beschwerden zusammen auf.“

Die Angstspirale bewusst durchbrechen
Was kann man tun? „Viele Betroffene rufen unentwegt Kriegsnachrichten ab, um vermeintlich die Kontrolle wieder zurückzugewinnen - was aber scheitert. Ich rate dazu, nur 1-2 Mal pro Tag für wenige Minuten Nachrichten zu konsumieren. Bei angstmachenden Bildern wegschauen. Außerdem sollte man bewusst über sich selbst nachdenken, warum der Krieg als Trigger fungiert. Tun Sie sich zudem etwas Gutes. Das kann etwa ein Schaumbad, ein Waldspaziergang oder schöne Musik sein“, rät Dr. Moughrabi.

Bringen genannte Tipps und Übungen nichts, sollte man die Hilfe eines Psychotherapeuten oder Arztes in Anspruch nehmen. „Es ist keine Schwäche, sich Unterstützung zu holen, sondern zeugt von Stärke“, macht der Experte Betroffenen Mut. Wer nichts gegen seine Angststörung tut, vermindert seine eigene Lebensqualität und die seines Umfeldes. Und auch Suchtmittel-Missbrauch als Folge ist leider keine Seltenheit.

Entspannungsübungen
Mit einfachen Maßnahmen können Sie wieder Ihre innere Ruhe finden. Probieren Sie doch folgende Übungen (nach Osho, Indischer Mystiker und Meditationslehrer) aus:

  • Gesichter machen!
    Alle unsere Emotionen prägen sich in unsere Gesichtsmuskulatur ein. Wenn wir diese Muskeln einmal wirklich entspannen, dann hat das auch eine beruhigende Auswirkung auf unsere Gefühle: Setzen Sie sich auf Ihr Bett und starten Sie damit, Fratzen zu schneiden. Seien Sie kreativ und bewusst hässlich. Machen Sie lustige, traurige, drohende, wütende und verrückte Gesichter. Vergessen Sie dabei nicht Kiefer und Zunge - unterstützen Sie daher das Ganze mit Lauten. Nach 5 Minuten aufhören und nur mit geschlossenen Augen dasitzen. Diese Übung führen Sie zweimal je 5 Minuten (dazwischen kurz pausieren) abends vor dem Schlafengehen und dann nochmals in der Früh (vor dem Badezimmerspiegel) durch.
  • Verwurzelung herstellen
  • Sich zu viele Gedanken und Sorgen zu machen, entwurzelt uns und erschwert es uns sprichwörtlich, mit beiden Beinen am Boden der Realität bzw. der Gegenwart zu bleiben. Diese Übung hat 5 Phasen, jede dauert 5 Minuten, die Augen sind geschlossen. Phase 1: Stehen Sie hüftbreit. Verlagern Sie das ganze Gewicht auf den rechten Fuß. Der linke bleibt am Boden. Spüren Sie bewusst das Gewicht auf dem rechten Fuß. Dann verlagern Sie das ganze Gewicht auf den linken, der rechte Fuß bleibt jedoch ebenso am Boden. Machen Sie diesen Wechsel insgesamt 4 bis 5 Mal. Dann beide Füße gleich viel belasten. Fühlen Sie dieses 50/50-Gefühl.
    Phase 2: Atmen Sie tief in den Bauch. Der ganze Fokus geht dabei zur Körpermitte - beim Ein- und auch beim Ausatmen. Phase 3: Mobilisieren Sie Ihre Energie, indem Sie am Stand laufen. Ziehen Sie dabei die Knie hoch (es kann ruhig anstrengend sein!) und spüren Sie, wie Sie Energie erhalten. Phase 4: Führen Sie noch einmal das Gleiche wie in Phase 1 durch. Phase 5: Stehen Sie still und beobachten Sie dabei nur, was im Moment gerade da ist.

Interview auf krone.tv

18. 4. „Selbsthypnose und Meditation gegen Angst“ - 17.00 und 19.25 Uhr sowie am 19. 4. um 7.15 und 12.15 Uhr. Experte Dr. Nidal Moughrabi, DeHypnotherapeut und Meditationstrainer, beantwortet im Interview mit Raphaela Scharf interessante Fragen zum Thema.

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