Zum 90. Geburtstag

„Balduin schwebte immer auf den Flügeln der Musik“

Oberösterreich
14.03.2022 15:00

Unvergesslich ist sein Lachen, unermesslich groß und wichtig ist sein Werk: Morgen Dienstag,15. März, wäre Balduin Sulzer (1932-2019), bedeutender Komponist Oberösterreichs, 90 Jahre alt geworden. Die „Krone“ fragte enge Wegbegleiter nach ihren Erinnerungen, darunter Franz Welser-Möst, einst Schüler Sulzers.

Aufgewachsen in Großraming, verließ Balduin Sulzer im Alter von 10 Jahren seine Kindheitsidylle. Er zog nach Linz, um in die Schule zu gehen, aber auch um bei den berühmten Kronsteiner-Brüdern im Mariendom zu ministrieren und Klavier zulernen. Nach dem Krieg kam er in der Schule und dem Internat des Stifts Wilhering unter.
„Er war dort glücklich, in jedem Zimmer stand ein Klavier, er durfte Orgelspielen, wann er wollte“, erzählt Christine Grubauer (81), Pädagogin, Musikerin, Malerin. „Er schwebte schon als Kind auf den Flügeln der Musik!“ Nach der Matura trat Sulzer in den Orden der Zisterzienser ein, Musikstudien folgten. Und er sollte sein Leben als Pädagoge, Komponist und vielseitiger Musiker verbringen.

Komponist und Musikkritiker
Jahrzehntelang war Grubauer „die Frau“ an der Seite Sulzers, rein platonisch natürlich. Der Pater hatte zwar eine Wohnung in Linz, sein Lebensmittelpunkt blieb aber das Stift Wilhering, wo sich auch seine „Komponierstube“ befand, ein aufgelassenes Klassenzimmer, in dem kreatives Chaos herrschte. „Drei- bis viermal pro Woche ging er ins Konzert, fuhr dafür auch mit dem Auto weite Strecken “, erzählt Grubauer, die ihn oft begleitete. Seine treffsicheren Konzertkritiken belebten viele Jahre die Kulturseite der „Krone“.

Opern und Pausenmusik
Als Musiklehrer prägte Sulzer mehrere Musiker- und Dirigentengenerationen. Franz Welser-Möst zählte zu seinen Schülern: „Meine Kollegen und ich hatten uns einmal über die leichte Muse lustig gemacht. Aber Balduin sagte: ,Wenn ihr nicht zumindest einen gleichwertigen Takt selber schreiben könnt, haltet bitte den Mund‘“, erinnert sich dieser. Sulzer hatte vor jeder Kunst Respekt „und einen Humor, der sich durch sympathische Selbstironie ausgezeichnete.“

Mit dem Musiker Norbert Trawöger stand Sulzer ständig in musikalischem und philosophischem Dialog, siehe auch nachstehendes Interview.

Umfangreiches Werk
Sein Tod im Alter von 87 Jahren kam unerwartet. „Er sagte immer: ,Wenn es schon sein muss, dann will ich selbst in die Grube springen‘“, zitiert ihn Grubauer. „Siechtum wollte er nicht. Das gelang: Bis zum Schluss hat er viel komponiert.“ Sein Werkverzeichnis umfasst 420 Titel, darunter drei Opern, ein Kindermusical, Kammer- und Chormusik, sowie weitere Lieder. Dem Bruckner Orchester Linz war er sehr verbunden, brachte dieses viele seiner Werke zur Uraufführung. Den „täglichen Sulzer“ hört man im Musiktheater: Er schuf für das Haus die Pausenmusik.

INTERVIEW: Norbert Trawöger ist ein spielender, lehrender, schreibender, gestaltender Musiker und Künstlerischer Direktor des Bruckner Orchesters Linz. Mit Balduin Sulzer verband ihn eine tiefe Freundschaft, der Pater war auch menschlich ein Vorbild für ihn, wie er im „Krone“-Interview schildert.

„Krone“: Welche Erinnerung an Balduin Sulzer werden Sie nie vergessen?
Norbert Trawöger: Ein nächtliches Gespräch mit ihm in einer verlassenen Berliner Hotelbar vor zehn Jahren.

Wo hat er Sie künstlerisch geprägt?
Ich lernte von ihm, das Ortsübliche niemals zu akzeptieren, denn es ist selten das Mögliche.

Wo ist er als Mensch Ihr Vorbild?
Ich lernte, sich nicht zu ernst zu nehmen, aber nie weniger als ernst genug.

Wie „leben“ Sie Sulzers Musik im Alltag?
Sie ist allgegenwärtig, wenn meine beiden Töchter lustvoll ,Ich singe ja!‘ aus seinem ,Spruchkartenvers‘ singen.

Wie hat er seine Geburtstage immer gefeiert?
Gelassen, glaube ich.

Wie hätte er seinen 90. Geburtstag gefeiert?
Ich vermute, noch gelassener im Kreise seiner Schüler, Enkel- und Urenkelschüler.

Wo wird Sulzer derzeit gespielt?
Im Stift Wilhering gibt es morgen, Dienstag, ein eigenes Geburtstagskonzert. Am 31. März findet hier das Preisträgerkonzert des „2. Balduin Sulzer Kompositionswettbewerbs“ statt. Am 1. April ist ein Konzertformat angesetzt, bei dem zweimal sein „Stetit Angelus“ zu hören sein wird und ich dazwischen Hinweise geben darf.

Wie pflegt das Bruckner Orchester das Werk?
Wir haben beim letzten AK Classics Konzert im Februar im Brucknerhaus die „Burleske“ aus seiner „Fünften“ gespielt.

Wie sehen Sie Sulzers Bedeutung für die Musikgeschichte Österreichs?
Ich bin sicher, dass er uns alle überleben wird.

Wie lautet Ihr Geburtstagsglückwunsch an Balduin persönlich?
Was für ein Glück, dir begegnet zu sein!

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