Lohnverhandlungen

Ein Drehbuch wie bei einem Actionfilm

Vorarlberg
26.09.2021 07:22

Das Spektakel hat begonnen. Diese Woche sind die Lohnverhandlungen bei den Metallern gestartet. „Es muss ordentlich scheppern“, gibt Vorarlbergs „Obermetaller“ Wolfgang Fritz die Marschrichtung aus. Die Arbeitgeber bremsen allerdings. Ein Blick hinter die Kulissen.

Wie viel mehr gibt es nächstes Jahr aufs Konto? Die Lohnverhandlungen bei den Metallern werden heuer mit besonderer Spannung beobachtet. Traditionell ist das Ergebnis richtungsweisend für alle anderen Branchen. Im vergangenen Jahr wurde krisenbedingt nur die Inflationsrate von 1,45 Prozent abgegolten. Jetzt ist der Wirtschaftsmotor aber wieder in die Gänge gekommen und die Arbeitnehmer erwarten sich eine ordentliche Lohn- und Gehaltserhöhung. Am Donnerstag haben die Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) und die Gewerkschaft GPA ihre Forderungen für die Kollektivvertragsverhandlungen in der Metallindustrie an die Arbeitgebervertreter übergeben.

„Wir fordern 4,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt und Verbesserungen bei Schichtarbeit, Gleitzeit und für Lehrlinge“, erklärt der Landesvorsitzende der PRO-GE Vorarlberg, Wolfgang Fritz, der ebenfalls bei den Verhandlungen in Wien dabei ist. „Die Auftragsbücher sind voll, die Produktivität ist deutlich gestiegen. Gleichzeitig haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit hohen Preissteigerungen zu kämpfen, die die Einkommen belasten. Jetzt gilt es, dass die Beschäftigten auch etwas von der guten Wirtschaftslage abbekommen“, stellt der Gewerkschaftsvertreter unmissverständlich klar.

Genügend Spielraum wäre vorhanden
Die Wirtschaftsforschungsinstitute IHS und WIFO geben den Gewerkschaftern recht. Laut Statistik Austria sind zuletzt in der Industrie Umsatz und Produktion stark gestiegen. Für das kommende Jahr wird für die Gesamtwirtschaft ein überaus solides Wachstum von bis zu 4,3 Prozent vorausgesagt. Dementsprechend gut ist die Stimmung bei den Unternehmen: Laut der jüngsten Konjunkturumfrage in Vorarlberg stuften 64 Prozent der befragten Industrieunternehmen die Auslandsperformance als gut ein und 22 Prozent als saisonüblich.

Was die Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten betrifft, gingen 76 Prozent von einer gleichbleibenden Entwicklung aus, 17 Prozent rechnen gar mit steigenden Aufträgen. Trotz all dieser positiven Erwartungen bremsen die Arbeitgeber bei den Lohn- und Gehaltsverhandlungen - wie immer. Sie bezeichnen die Forderungen als „überzogen“ und „verantwortungslos“. Und letztlich, so die Argumentation der Arbeitgeber, würden derart hohe Lohnsprünge nur Arbeitsplätze gefährden. Sie verweisen zudem darauf, dass viele Unternehmen nach wie vor an den Folgen der Krise zu knabbern hätten, so sei etwa im Vorjahr die Produktion um immerhin elf Prozent eingebrochen. Zwar stimme es, dass derzeit die Auftragsbücher voll seien, allerdings stehe der Aufschwung nicht zuletzt aufgrund der Lieferengpässe und hohen Rohstoffpreise auf sehr wackeligen Beinen.

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Wir wehren uns gegen solche Spielchen, denn wir wollen rasch zu einem Ergebnis kommen.

Wolfgang Fritz

Verhandlungen dürften zäh werden
Angesichts der höchst unterschiedlichen „Wahrnehmungsrealitäten“ rechnet Fritz mit zähen und langwierigen Verhandlungen. Dafür spricht auch weiterer Punkt: In der Regel markiert die Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate - das wären aktuell 1,9 Prozent - das unterste Niveau für eine Lohnsteigerung. Heuer scheint dieses ungeschriebene Gesetz allerdings nicht zu gelten: „Die Arbeitgeberverhandler haben uns bei der Forderungsübergabe gleich entgegengeworfen, dass sie bei Null anfangen wollen. Das ist ein Hohn“, ärgert sich der Metallergewerkschafter. Dass die Drohung einer „Nullrunde“ nicht nur heiße Luft ist, zeigt der Blick in die Vergangenheit: Im Jahr 2013 brauchte es allein vier Verhandlungsrunden, bis die Arbeitgeber die damalige Inflationsrate als Basis für die Verhandlungen akzeptierten. „Wir wehren uns gegen solche Spielchen, denn wir wollen rasch zu einem Ergebnis kommen.“

Am kommenden Mittwoch ist die erste Verhandlungsrunde angesetzt. Fritz spürt jedenfalls Rückenwind. „Die Belegschaft steht hinter uns und will jegliche Maßnahmen mittragen.“ Sogar Arbeitgeber würden hinter vorgehaltener Hand davon reden, dass die Gewerkschaft eine ordentliche Erhöhung fordern solle.

Signalwirkung für alle anderen Branchen
Warum das Metallerergebnis Signalwirkung für alle anderen Branchen hat, ist historisch begründet: In den 70er-Jahren hat man sich darauf geeinigt, dass als Richtschnur für die Lohnpolitik die Entwicklung der exportorientierten Industrie herangezogen wird - und seither machen die Metaller auch den Auftakt der Lohnrunden. Daher ist es naheliegend, dass sich andere Branchen am Ergebnis orientieren.

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Die Auftragsbücher sind voll, gleichzeitig haben aber die Arbeitnehmer mit hohen Preissteigerungen zu kämpfen. Jetzt gilt es, dass die Beschäftigten auch etwas von der guten Wirtschaftslage abbekommen

Wolfgang Fritz

Der Ablauf der Lohnverhandlungen folgt im Grunde dem klassisches Drehbuch eines Actionfilms: Zu Beginn werden die Kontrahenten und ihre Geschichten vorgestellt - die Vorberichterstattung zu den Verhandlungen. Dann gibt es das erste Aufeinandertreffen - die Forderungsübergabe der Gewerkschaften. Es bahnt sich der erste Höhepunkt an - der Konflikt eskaliert, womöglich finden Betriebsversammlungen statt. Schließlich steuert alles auf den Showdown zu - die alles entscheidende Verhandlungsrunde steht an. Die finalen Gespräche ziehen sich zwar teils bis in die Morgenstunden, doch am Ende gibt es dann doch ein Happy End. Begossen wird der Abschluss dann meist mit einem Bier, dazu gibt es Würstchen, Gulasch oder Schweinsbraten.

Wolfgang Fritz wird bei den Lohnverhandlungen der Metaller in Wien ebenfalls mit am Tisch sitzen. Er rechnet mit einem zähen Ringen.

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