Verfolgt und versklavt

Das traurige Schicksal afghanischer Frauen

Ausland
09.09.2021 12:00

Die Taliban haben eine Regierung vorgestellt. Mutige afghanische Frauen demonstrieren in der Hauptstadt Kabul. Fatima Rezai aus der südlichen Provinz Helmand würde auch gerne auf die Straße gehen. Doch sie muss sich verstecken. Sie ist Hazara. Die „Krone“ erreichte sie am Telefon.

„Nennen Sie mich Fatima“, sagt die Stimme am anderen Ende der Leitung. Ihren echten Namen möchte sie nicht nennen. Aus Angst. Auf der Straße sind Taliban. Aus ihrer Stimme hört man aber keine Angst. „Ich muss laut sein“, sagt sie. Denn die Welt muss hören, was in Afghanistan passiert. Was mit Frauen im Taliban-Regime passiert. Vor allem mit einer Frau wie ihr.

Das Hazara-Volk wird seit Jahren verfolgt
Fatima ist 24, unverheiratet, gebildet - und Hazara. Die Geschichte der ethnischen Minderheit ist geprägt von Unterdrückung. Die schiitische Volksgruppe wurde jahrzehntelang von der sunnitischen Mehrheit im Land drangsaliert, unter den Taliban wurden die Hazara systematisch verfolgt.

Fatima lebt in der südlichen Provinz Helmand, seit Jahren eine Taliban-Hochburg und Zentrum des Drogenhandels. Vor der Rückkehr der Taliban hatte sie ein normales Leben, „wie man es in Afghanistan eben haben kann“.

Fatima ging auf die Universität, machte eine medizinische Ausbildung. Dann kamen die Radikalislamisten zurück und verbaten ihr den Besuch der Uni. Um Geld zu verdienen, fuhr sie Taxi. „Darauf steht Strafe.“ Zwei ihrer Mitstudentinnen sind geflohen, schafften es bis zum Flughafen nach Kabul. „Sie starben beim Bombenattentat.“ Nicht der letzte Schicksalsschlag.

Ihre Mutter wurde von den Taliban erschossen
„Als die Taliban zurückkehrten, besetzten sie höher gelegene Häuser als Stützpunkte“, sagt Fatima. „Dabei haben sie meine Mutter erschossen.“

Fatima hat seit Wochen ihr Haus nicht verlassen. Sie und ihre Familie wollen weg. „Wir wollen mehr als alles andere weg von hier. Aber wir haben nicht die Möglichkeit dazu. Die Lage wird mit jedem Tag schlimmer. Vor allem für uns Hazara.“

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Wir wollen mehr als alles andere weg von hier. Aber wir haben nicht die Möglichkeit dazu. Die Lage wird mit jedem Tag schlimmer.

Fatima Rezai

Und vor allem für sie als unverheiratete Frau: „Für die Taliban zählt eine Frau nichts. Sie ist eine Sklavin. Sie muss kochen, Kinder kriegen und ihre sexuellen Wünsche befriedigen. Eine Frau als unabhängiges Individuum akzeptieren die Taliban nicht“, erzählt Fatima der „Krone“.

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Für die Taliban zählt eine Frau nichts. Sie ist eine Sklavin. Sie muss kochen, Kinder kriegen und ihre sexuellen Wünsche befriedigen.

Fatima Rezai

„Die Taliban haben allen unverheirateten Kämpfern Frauen versprochen. Junge Frauen wie ich, die keinen Mann haben, werden mit diesen Kämpfern verheiratet. Davor habe ich große Angst.“ Fatimas Verzweiflung ist groß. Ihr größter Wunsch menschlich: „Dass ich und meine Familie ein normales Leben führen können.“ Irgendwie wollen sie über die Grenze und dann um Asyl ansuchen. Egal wo. Bis dahin aber „ist es wichtig, dass die Welt meine Stimme hört“, sagt sie am Telefon. „Sorgen Sie dafür, dass die Welt meine Stimme hört.“

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