Geplantes Gesetz

Internetriesen drohen mit Abzug aus Hongkong

Web
06.07.2021 09:43

Angesichts einer geplanten Verschärfung des Datenschutzgesetzes in Hongkong warnt eine Vereinigung von Internetriesen wie Google, Twitter und Facebook vor einem Abzug ihrer Dienste aus der chinesischen Sonderverwaltungszone. Das Gesetzesvorhaben sei zu vage und unverhältnismäßig, kritisierte die Asia Internet Coalition (AIC) in einem am Dienstag veröffentlichten Brief an Hongkongs Datenschutzkommissarin Ada Chung Lai-ling.

Die Kontroverse dreht sich um Gesetzespläne, mit denen die Regierung gegen sogenanntes Doxxing vorgehen will - eine Art Cyber-Belästigung, bei der private Informationen online gestreut werden. Während der Proteste 2019 hatten Regierungsgegner persönliche Daten von Polizisten oder deren Familien offengelegt. Das führte zu Drohungen gegen die Betroffenen. Das Gesetz könnte diesen Monat vom nicht frei gewählten Hongkonger Parlament angenommen werden.

Vereinigung sieht Meinungsfreiheit gefährdet
In ihrem Schreiben kritisierte die AIC nun, dass das Gesetzesvorhaben zu weit gefasst sei, sodass freie Meinungsäußerung gefährdet werde. Auch sei es „unangemessen und unnötig“, lokale Mitarbeiter strafrechtlich zu verfolgen, wenn ihre im Ausland ansässigen Unternehmen nicht Inhalte wie von Behörden gefordert von ihren Plattformen beseitigen. „Der einzige Weg für Technologie-Unternehmen, diese Strafen zu vermeiden, wäre davon abzusehen, in Hongkong zu investieren und ihre Dienste anzubieten.“

Die Industrievereinigung teilte die „ernste Sorge“ über Doxxing, betonte aber, dass Gesetze dagegen „auf den Grundsätzen der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit aufgebaut sein müssen“. In dem Gesetzesvorhaben fehle eine Definition von Doxxing, was eine „problematische Zweideutigkeit“ schaffe. Es lasse zu Recht die Sorge aufkommen, dass der Begriff „übermäßig breit interpretiert“ werde.

Die Debatte erfolgt vor dem Hintergrund wachsender Einschränkungen der politischen Freiheiten in Chinas Sonderverwaltungsregion. Die chinesische Führung hatte vor einem Jahr bereits ein umstrittenes Sicherheitsgesetz erlassen, das sich gegen Aktivitäten richtet, die Peking als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht. Damit gehen die Behörden zunehmend gegen die Demokratiebewegung in der früheren britischen Kronkolonie vor.

Regierungschefin beschwichtigt
Regierungschefin Carrie Lam spielte die Bedenken gegen das Anti-Doxxing-Gesetz herunter. Jedes neue Gesetz sorge für Aufregung, wie auch schon das Sicherheitsgesetz. Doch würden sich die Sorgen mit der Zeit zerstreuen, zitierte sie der Sender RTHK. Aus Sicht von Kritikern zielt das Sicherheitsgesetz klar auf die Opposition.

Die Internetvereinigung warnte, dass künftig selbst eine nicht böswillige Verbreitung von Informationen online als gesetzeswidrig angesehen werden könnte. Das Gesetz könne auch angewandt werden, wenn jemand beispielsweise Zwischenfälle an Medien berichte, bei denen es um persönliche Informationen gehe.

In der Diskussion gaben Juristen zu bedenken, dass im öffentlichen Raum aufgenommene Fotos einer Person oder eines Polizeibeamten schon als schutzwürdige persönliche Information gewertet werden könnten, deren Verbreitung auf sozialen Medien dann gesetzwidrig wäre. Alles mit einem Bezug zu einer Person könnte im engeren Sinne dazu gehören.

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