Die Veröffentlichung eines Verhaltenskodex zum KI-Gesetz der Europäischen Union könnte sich bis Ende 2025 verzögern. Dies teilte die EU-Kommission am Donnerstag mit und deutete damit eine Verschiebung von mehr als sechs Monaten an.
„Der Europäische KI-Ausschuss diskutiert derzeit über den Zeitplan zur Umsetzung des Verhaltenskodex, wobei Ende 2025 in Betracht gezogen wird“, sagte ein Sprecher der Kommission. Ursprünglich war geplant, den Kodex für Künstliche Intelligenz am 2. Mai zu veröffentlichen.
Zuvor hatten unter anderem die US-Techkonzerne Alphabet und Meta sowie europäische Firmen wie Mistral und ASML eine Aufschiebung bei der Umsetzung des sogenannten AI Act gefordert. Sie begründeten dies unter anderem mit dem Fehlen von entsprechenden Leitlinien. Die EU-Kommission wies Forderungen nach einer verzögerten Einführung der KI-Vorschriften jedoch zurück. „Unser Bekenntnis zu den Zielen des KI-Gesetzes (...) bleibt unverändert“, sagte der Sprecher.
Spitzenmanager schlagen Alarm
In einem offenen Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schlugen unterdessen mehr als 40 Spitzenmanager europäischer Unternehmen Alarm. Die EU verliere sich bei der Regulierung Künstlicher Intelligenz in Komplexität – und riskiere damit ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit, heißt es in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Die Manager fordern, die Umsetzung des KI-Gesetzes um zwei Jahre zu verschieben. Der über Jahre gepflegte europäische Balanceakt zwischen Regulierung und Innovation gerate aus dem Takt, steht in dem Schreiben. Gerade bei einer Schlüsseltechnologie wie KI könne sich Europa nicht leisten, durch überlappende und unklare Vorgaben ausgebremst zu werden. Das schade nicht nur künftigen europäischen Champions, sondern auch der Fähigkeit, KI im globalen Maßstab zur Anwendung zu bringen.
Zu den Unterzeichnern gehören Konzerne wie Lufthansa
Viele große europäische Unternehmen haben den Brief unterzeichnet – darunter etwa Mercedes-Benz, Lufthansa und Philips. Schon länger haben Stimmen aus der Tech-Branche das KI-Gesetz der EU als bürokratisch und innovationsfeindlich kritisiert.
Zurzeit arbeitet die EU-Kommission an einem freiwilligen Verhaltenskodex für sogenannte Basismodelle wie GPT-4, Gemini oder Llama. Der Kodex soll zentrale Prinzipien wie Transparenz und Sicherheit abdecken und bis August vorliegen – lange bevor viele verbindliche Vorgaben des AI Acts in Kraft treten.
KI-Risikoklassen
Das Europäische Parlament hatte im März 2024 nach zwei Jahren Arbeit das KI-Gesetz verabschiedet. Der AI Act ordnet KI-Anwendungen in unterschiedliche Risikoklassen ein. Abhängig davon müssen Anbieter bestimmte Sicherheits- und Transparenzanforderungen erfüllen. Einige Anwendungsbereiche wie die biometrische Echtzeit-Massenüberwachung werden komplett verboten.
Experten zufolge kann das Regelwerk zu einem Vorbild für Gesetze in anderen Regionen der Welt werden. Es wäre eine Alternative zu den eher lockeren Regeln der USA und den restriktiveren Auflagen Chinas. Die meisten Staaten haben bisher vor allem Verordnungen und Dekrete erlassen.
Die Unterzeichnung der Leitlinie wird freiwillig sein. Unternehmen, die sich jedoch dagegen entscheiden, werden nicht von der Rechtssicherheit profitieren, die ein Unterzeichner genießt. Einige große Konzerne hatten dies bereits angedeutet.
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