Die Fragen, die der vorsitzende Richter Friedrich Forsthuber an Suleyman D. und Turpal-Ali Y. richtete, drehten sich vor allem darum, wann sie wo in welchem Auto gesessen hatten, wo diese ab- und umgestellt wurden, bzw. wo sie sich befanden, als die Schüsse fielen. D. verfügt offenbar über ein ausgeprägtes Schlafbedürfnis, da er vor der Bluttat die meiste Zeit in Morpheus Armen verbracht haben will.
Mutmaßlicher Drahtzieher nicht vor Ort
Suleyman D. wartete auch mit neuen Antworten auf alte Fragen auf: Während er früher zugegeben hatte, Israilov in den Tagen vor dem Mord observiert zu haben, sagte er am Dienstag aus, sich nur mit diesem getroffen zu haben. Turpal-Ali Y. wiederum will von der riesigen Aufregung auf der Leopoldauer Straße - als Israilov um sein Leben rannte, Schüsse fielen und die wilde Jagd auch den Verkehr zum Erliegen brachte - zunächst nichts mitbekommen haben.
Nicht befragt wurde der 42-jährige Otto K., der zwar laut Anklageschrift "die Gesamtverantwortung für die Operation, deren logistische Vorbereitung und Koordinierung" innegehabt und "Kontakt zur tschetschenischen Führung" gehalten haben soll. Er war jedoch bei dem eigentlichen Mordanschlag nicht dabei.
So dürfte sich der Mord abgespielt haben
Nach Ansicht der Anklage soll sich der Mord an dem Asylwerber Umar Israilov folgendermaßen abgespielt haben: Am 13. Jänner 2009 fuhren Suleyman D. und Letscha B. von St. Pölten nach Wien. Bereits um 5 Uhr kontaktierten sie den Drittangeklagten Turpal-Ali Y., wie sich aus der Rufdatenerfassung ergab.
Mit zwei Autos wurde rund um die Wohnung Israilovs in Floridsdorf Position bezogen. Kurz vor 12 Uhr überschlugen sich die Ereignisse: Israilov verließ seine Wohnung, ging aber nicht, wie von den mutmaßlichen Tätern erwartet, auf der Leopoldauer Straße stadteinwärts, sondern begab sich in entgegengesetzter Richtung zu einem Supermarkt in der Nähe. Die Autos wurden laut Anklage schnell umgestellt, vor dem Supermarkt bezog man in einer Nische erneut Position.
Verfolgungsjagd auf offener Straße endet mit Hinrichtung
Als Israilov aus dem Eurospar kam, folgte der erste Angriff. Laut Staatsanwalt wollten sich Letscha B. und Turpal-Ali Y., beide mit silberfarbenen Pistolen bewaffnet, auf das Opfer stürzen, doch Israilov schleuderte Letscha B. seinen Einkauf ins Gesicht und rannte um sein Leben. Doch die beiden Widersacher verfolgten ihn, nachdem sie ein erstes Mal geschossen hatten. Ein zweiter Schuss, der nicht traf, folgte auf Höhe der Leopoldauer Straße 19. Einer der beiden stellte laut Anklage Israilov bei der Einmündung in die Ostmarkgasse und verpasste ihm vier Schläge auf den Hinterkopf. Israilov konnte sich noch einmal losreißen und flüchtete in die Ostmarkgasse.
Auf Höhe des Hauses Nummer 2 kam aber das Ende. Der Anklage zufolge war es aller Wahrscheinlichkeit nach Letscha B., der dreimal feuerte und ebenso oft traf.
Die Vorgeschichte zum Attentat
Otto K., ein enger Vertrauter des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow, soll - vermutlich auf einen Auftrag Kadyrows hin - Suleyman D. den Auftrag erteilt haben, "Umar Israilov zu überwältigen und zu verbringen oder ihn, falls dieses Vorhaben scheitern sollte, zu töten". Suleyman D. war laut Staatsanwaltschaft intensiv in die Planung eingebunden. Dem mutmaßlichen Todesschützen, Letscha B., gelang nach den tödlichen Schüssen die Flucht ins Ausland. Auch der Drittangeklagte Turpal-Ali Y. soll bei dem Attentat dabei gewesen sein.
Laut Forsthuber sollte Moskau bis zur nächsten Verhandlung am 15. März auf ein Gesuch des Landesgerichts auf Befragung von Letscha B. reagiert und einen Zwischenbericht vorliegen haben. Letscha B. soll allerdings nach einem neuerlichen Attentatsversuch in Tschetschenien nun selbst schwer verletzt sein.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.