ORF-Sommergespräch

Stocker: „Pensionen unter Inflation abschließen“

Innenpolitik
01.09.2025 21:08

Am Vorabend der Regierungsklausur ist Bundeskanzler Christian Stocker zum ORF-Sommergespräch angetreten. Mit harten Ansagen an die (auch ÖVP-geführten) Länder und an die Pensionisten ließ der ÖVP-Chef aufhorchen. Wirklich laute Töne gab es am Küniglberg aber nur außerhalb des Zweiergesprächs: Immer wieder störte Flugzeuglärm die Ausführungen Stockers, einmal kommentierten auch Krähen ...

Andreas Babler bekam die Mieten, Beate Meinl-Reisinger die Sommerschule: Bisher durfte noch jeder der drei Regierungspartner im Sommergespräch einen mehr oder minder großen Wurf verkünden. Und der Kanzler?

Durfte gleich zu Beginn darüber reden, was er in seiner Funktion gelernt habe: „Dass Außenpolitik wichtiger ist, als man oft nach außen hin wahrnimmt.“ Eine Festung sei kein Rezept in schwierigen Zeiten, so Stocker. Und gab sich versöhnlich in Richtung seiner Partner: In der Koalition arbeite man weiter konstruktiv zusammen und wolle bald „von einer Phase der Stabilität in die Bewegung kommen“.

Bei der Inflationsbekämpfung kommt das wohl noch nicht an – nur 16 Prozent trauen Stocker hier Erfolge zu. Der Kanzler verweist erneut auf sein Modell 2-1-0 (zwei Prozent Inflation, ein Prozent Wirtschaftswachstum und null Toleranz), das bereits für viel Kritik sorgte. Er schließe auch weiteres „Ungemach“ nicht aus – die Teuerung könnte noch weiter steigen. Dennoch will er nicht in Preise eingreifen.

Kampfansage an die Länder
Dafür sollen Bundesgebühren gesenkt werden und die Lohnabschlüsse „zurückhaltend“ ausfallen. Stocker verweist auf hohe Energiepreise als Treiber der Teuerung. „Wir müssen da die Netzkosten im Auge haben und privates Kapital für den Netzausbau bereitstellen.“ Das soll mit einem Fonds passieren. Außerdem sollten Länder bei den Netzgesellschaften zurückstecken. Im Rahmen der Reformpartnerschaft mit den Ländern sollen die 114 Netzgesellschaften (80 davon sind im öffentlichen Eigentum) um 90 Prozent reduziert werden.

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Ich kann nicht ausschließen, dass hier noch Ungemach droht.

Stocker über die Entwicklung der Inflation

Ob Stocker damit vor allem bei „seinen“ Landeshauptleuten durchkommt? Ihnen würden dadurch Einnahmen entgehen ...

Nur zwei Prozent mehr für Pensionisten?
Hart die Ansage an die Pensionisten, klassische Kernwähler der ÖVP: „Die Pensionen sollen unter 2,7 Prozent steigen“, so Stocker. Wenn es nach ihm ginge, gar nur um die zwei Prozent. „Aber das muss man verhandeln.“ Das Ziel sei, den Wohlstand langfristig zu sichern und das auch in und über die Krisen hinaus. „Alte Formeln gelten da nicht mehr“, richtet der ÖVP-Chef schon vor den Verhandlungen aus.

Hat die Volkspartei noch ein klares wirtschaftspolitisches Profil? Zuletzt hatte sogar der (schwarze) Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer daran gezweifelt. Stocker verweist auf den Investitionsfreibetrag, den man verdoppeln, die Energieabgabe, die man reduzieren oder den Breitbandausbau, in den man investieren wolle.

Sparpotenzial bei Förderungen
Eine Milliarde werde man investieren. Wo die im löchrigen Budget gefunden wurden? „Umschichtungen“, bleibt der Bundeskanzler vage. Und: Man habe in einzelnen Ministerien noch Geld „gefunden“. Außerdem werde man Förderungen einsparen: Von acht Milliarden wolle man eine kürzen, dafür durchforste man gerade den Förderdschungel. Die Zuschüsse auf PV-Anlagen wurden bereits gekürzt: „Sie waren mit Förderung teurer als ohne Förderungen.“ 

Zur Hälfte wurde es international: „Es ist, wie es ist“, kommentierte Stocker die Stellung Europas zwischen Moskau, Peking und Washington. US-Präsident Donald Trump „hat uns den Spiegel vorgehalten“. Dieses Spiegelbild sei kein schönes gewesen. „Ich werde alles tun, um es in ein positives zu verwandeln.“ Ein sinnloser Wirtschaftsverein sei Europa aber nicht. Einmal mehr betonte er: „Außenpolitik ist Innenpolitik“.

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Wir sind gefährdet. Unsere Demokratie wird attackiert.

Der Kanzler über die Drohungen aus Russland

Ein NATO-Beitritt sei für Österreich kein Thema – die Drohung Russlands, bei einem Beitritt anzugreifen, hätte ihn überrascht. Sie sei aber ein Zeichen dafür, wie ernst die Lage ist. „Wir sind gefährdet. Unsere Demokratie wird attackiert.“

„Ich will nach Syrien und Afghanistan abschieben“
Beim Migrationspakt richtete Stocker harte Worte Richtung FPÖ. „Wenn man will, dass das Recht des Stärkeren gilt, dann gibt es am Ende keinen Rechtsstaat mehr.“ Er kämpfe dafür, dass Menschen, die sich strafbar gemacht hätten, außer Landes gebracht werden könnte. „Ich will nach Syrien und Afghanistan abschieben.“ Auch, wenn, wie zuletzt, die Gerichte dagegen entschieden? „Nein. Immer legal. Wir müssen legale Wege finden. Und dafür kämpfe ich.“

Im Herbst wolle man eine einheitliche Sozialhilfe in ganz Österreich beschließen – mit einer Staffelung nach Anzahl der Kinder. Das würde in Wien eine deutliche Reduzierung der Beihilfe für Großfamilien bedeuten. 

Große Würfe oder doch Kleinklein?
Natürlich habe man große Würfe im Blick, so Stocker im Hinblick auf die stärker werdende Kritik von außen an der Regierung. Stichwort Pensionen: Es gebe den „großen Wurf“ des Nachhaltigkeitsmechanismus („Den lasse ich mir nicht schlechtreden.“) und zusätzlich 35 kleine Maßnahmen, die man bei Bedarf schnell umsetzen könne.

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Ich bin sehr zugänglich. Ich geh‘ auch einkaufen.

Stocker über seine Bürgernähe

Agiert die Regierung mutlos, weil sie sich vor der FPÖ fürchtet? „Im Gegenteil. Die FPÖ hatte wohl einen schönen Sommer, ich habe durchgearbeitet.“ Eine Zusammenarbeit mit Herbert Kickl schließt Stocker aus – lässt sich aber eine Hintertüre offen. „Es wird sich die Frage nicht mehr stellen. Ich höre ja, dass er andere Optionen hat. Kärnten zum Beispiel.“

„Die ÖVP hatte eine sehr schwierige Zeit und es war nicht ausgemacht, dass es uns in der Form überhaupt gibt“, fasst Stocker die Lage seiner Partei zusammen. Skandalpartei sei man – trotz vieler Verfahren gegen (Ex-)Parteifunktionäre, U-Ausschüssen usw. – keine. Mit den Umfragen sei er aber nicht zufrieden. „Am Wahltag wollen wir die Nummer 1 sein. Das ist es, was zählt.“

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