Diplomaten-Rausschmiss

Nawalny-Streit zwischen EU und Russland eskaliert

Ausland
06.02.2021 10:42

Die Inhaftierung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny vertieft die Gräben zwischen der EU und Russland. Russland wies nach den Protesten gegen die Inhaftierung des Kremlgegners Alexej Nawalny und gegen Präsident Wladimir Putin drei Diplomaten aus Deutschland, Polen und Schweden aus. Sie sollen an den Demos teilgenommen haben und wurden deswegen zu „unerwünschten Personen“ erklärt. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell legte bei einem Besuch in Moskau Protest gegen die Entscheidung ein, aus mehreren EU-Ländern hagelt es Kritik.

Borrell erklärte am Freitagabend, die Ausweisung der Diplomaten sollte überdacht werden. Er habe während eines Treffens mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow in Moskau von der bevorstehenden Ausweisung erfahren und das Vorgehen scharf verurteilt. Zudem habe er den Verdacht zurückgewiesen, dass die Diplomaten etwas getan hätten, das mit ihrem Status nicht vereinbar sei, sagte Borell. Die Europäische Union stehe geschlossen und solidarisch an der Seite der betroffenen Staaten, fügte der EU-Außenbeauftragte hinzu.

Bei seinem Gespräch mit Außenminister Sergej Lawrow bekräftigte Borrell die EU-Forderung nach einer Freilassung Nawalnys. Lawrow reagierte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz harsch. Die EU verhalte sich zunehmend wie die USA und verhänge einseitige Sanktionen gegen andere Länder, sagte Lawrow. Er bezog sich damit auf die Möglichkeit neuer Strafmaßnahmen, über die in der EU debattiert wird. Die 27 Mitgliedsländer sollen Ende Februar über Sanktionen beraten.

Außenminister Schallenberg: „Ausweisung belastet Beziehungen weiter“
Die Regierungen in Berlin und Warschau kritisierten das Vorgehen Russlands scharf und drohten Konsequenzen an. Stockholm wies nachdrücklich zurück, dass der Diplomat an einem Protest teilgenommen habe und sprach daher von unbegründeten Maßnahmen. Die Regierung in Warschau kritisierte die Ausweisung einer polnischen Diplomatin ebenfalls scharf und drohte mit Konsequenzen, sollte Moskau seine Entscheidung nicht rückgängig machen .Das österreichische Außenministerium teilte auf Twitter mit: „Die Entscheidung Russlands, mehrere EU-Diplomaten auszuschließen, belastet unsere Beziehungen weiter. In schwierigen Zeiten brauchen wir mehr und nicht weniger Diplomatie.“

Berlin bestellte russischen Botschafter ein
„Wir halten diese Ausweisung für ungerechtfertigt und glauben, dass das eine weitere Facette in dem ist, was ziemlich fernab von Rechtsstaatlichkeit im Augenblick gerade in Russland zu beobachten ist“, sagte Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Video-Pressekonferenz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Merkel betonte auch, dass trotz der Differenzen im Fall Nawalny der Dialog mit Russland nicht abgebrochen werden sollte. „Unbeschadet aller Unterschiede ist es trotzdem strategisch geboten, mit Russland im Gespräch zu bleiben über viele geostrategische Fragen.“ Der russische Botschafter in Deutschland wurde am Freitag zu einem „dringenden Gespräch“ ins Auswärtige Amt in Berlin zitiert.

Nächster Prozess gegen Oppositionsführer
Nawalny war am Dienstag zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden, weil er gegen Bewährungsauflagen aus einem früheren Urteil verstoßen haben soll, während er sich nach einem Giftanschlag in Deutschland aufhielt. Am Freitag stand Russlands prominentester Putin-Kritiker in einem anderen Prozess erneut vor Gericht. Er wird beschuldigt, einen Veteranen des Zweiten Weltkriegs verleumdet zu haben. Der Veteran hatte an einem Werbevideo für Verfassungsreformen mitgewirkt, die Putin nach 2024 eine Kandidatur für zwei weitere Amtszeiten im Kreml ermöglichen. Nawalny beschrieb die Mitwirkenden in dem Video in einem Tweet im Sommer 2020 als Verräter des Staates. Er bestreitet den Vorwurf und spricht von einem politisch inszenierten Prozess.

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