Schuld sind viele

Plan stockt: Was beim Impfen alles schiefläuft

Österreich
28.01.2021 06:00

Während Israel täglich neue Impfrekorde meldet, stockt der österreichische Plan zum Schutz der Bevölkerung. Schuld sind viele: von der Politik über die Hersteller bis hin zum Virus selbst. Die „Krone“ gibt den Überblick.

Wenn es weitergeht wie bisher, sind laut der Social-Media-Plattform „reddit“ bis Juni 2023 erst 70 Prozent der Erwachsenen im Land geimpft. Gut, keine hochwissenschaftliche Quelle, aber angesichts des Impf-Chaos eine Warnung.

  • Bestellversagen der EU: Zu spät, zu wenig, zu einseitig - so lautet die Kritik. Impfstoffe hätten nicht nur früher, sondern gleich in Kontingenten von mehreren Herstellern mit guten Aussichten auf eine Zulassung geordert werden sollen. Was an Vakzinen zu viel gewesen wäre, hätte man später anderen Ländern geben können.
  • Weltweite Verteilung: Wer zahlt, schafft an; so lautet die Devise - wohl auch beim Impfen. Israel, das im Rekordtempo impft, sicherte sich das Vakzin von Biontech/Pfizer um 23 Euro pro Dosis, die EU zahlt zwölf Euro. AstraZeneca hat keine Schwierigkeiten, 1,5 Millionen Dosen nach Südafrika zu liefern - um je 4,30 Euro. Bei den Lieferungen an die EU, die 1,80 Euro zahlt, gibt es hingegen Lieferschwierigkeiten. Der Europarat hat indes an reiche Staaten appelliert: Sie sollten mit Impfspenden an Entwicklungsländer sicherstellen, dass jedes Land Risikogruppen und Gesundheitspersonal impfen kann, bevor Impfungen für Menschen ohne erhöhtes Risiko starten.
  • Bürokratische Zulassungen: Russland impft seit August die Eigenentwicklung „Sputnik V“, seit Dezember in der breiten Masse. Großbritannien hat Mittel von Biontech/Pfizer und AstraZeneca zugelassen. Die EU hinkt trotz beschleunigter Verfahren hinterher: Die Teilzulassung für AstraZeneca soll bis Freitag erfolgen.
  • Lieferstreitereien und -schwierigkeiten: Die rasche Entwicklung und Produktion der neuen Impfstoffe ist eine Herausforderung für die Hersteller. Was vertraglich vereinbart wurde, lässt sich jetzt schwer umsetzen. So haben viele Probleme, die geplanten Mengen zu liefern. Die EU streitet vor der Zulassung mit AstraZeneca. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner plädiert für eine „Krisenproduktion“: Andere Firmen sollen helfen und Produktionsstätten zur Verfügung stellen.
  • Komplexe Handhabung: Die neuen Impfstoffe sind hochsensibel. Biontech/Pfizer muss bei minus 70 Grad gelagert werden, Transport und Auftau-Phasen sind heikel, verimpft werden muss innerhalb kürzester Zeit. Moderna ist nur etwas leichter zu handhaben. Eine Anwendung dieser Vakzine beim Hausarzt wäre nur mit großem logistischen Aufwand möglich, aber nicht unmöglich: Im Notfall werde man das bewältigen, sagt Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres.
  • Mangelhafte Dokumentation: Es fehlt ein System mit österreichweiten Zahlen tatsächlich Geimpfter. Zuerst gab es nur unregelmäßig mühsam Zusammengezähltes, dann ein Dashboard, das anhand von Impfdosen-Bestellungen hochrechnete. Nun werden die Zahlen des „Elektronischen Impfpasses“ veröffentlicht. Löblich, dass dieser rasch gekommen ist - geplant war er ursprünglich für 2030. Aber: Er ist noch nicht flächendeckend lückenlos im Einsatz.
  • Unsicherer Impfplan: Das Konzept steht und fällt mit den Impfstoff-Herstellern - zuerst hängt es davon ab, ob und wann die Unternehmen zugelassen werden. Und dann, ob, wann und wie viel Vakzine sie tatsächlich liefern. Auch die Frage, welche Gruppen in welcher Phase geimpft werden, ist nicht restlos geklärt.
  • Probleme mit der Anmeldung: Nach dem österreichischen Impfstart am 27. Dezember wollte jeder wissen, wann er dran ist. Was dort noch keiner sagen konnte, weil es zu wenig Vakzine gab. Dann gab es Impfstoff, Impfungen starteten aber erst später und nur in Heimen. Dann übernahmen die Bundesländer die Koordination - mit der Folge, dass es verschiedene und teils für ältere Personen technisch sehr herausfordernde Anmeldesysteme gibt, die auch zeitlich unterschiedlich starteten.
  • Vordrängler und Impf-Promis: Manche Leute, allen voran Bürgermeister quer durchs Land, nahmen sich zu wichtig - und holten sich den Piks vorab aus Alten- und Pflegeheimen ab, ohne laut Impfplan an der Reihe gewesen zu sein.
  • Virus-Mutationen: Teils hochansteckende Varianten sorgen dafür, dass sich die weitere Entwicklung der Lage nur schwer abschätzen lässt. Gegen die aktuell bekannten Mutationen sollen alle bekannten Mittel helfen - das könne sich aber ändern, so die Hersteller.

Silvia Schober, Kronen Zeitung

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