Kleine Revolution

Im einsamen Tal wird die Schule neu gedacht

Tirol
13.09.2020 15:00

Das Wort „Cluster“ schreckt seit Ausbruch der Corona-Pandemie alle auf. Dabei gibt es auch gute Cluster. Etwa im Defereggental: Schule wird dort neu gedacht. Eine kleine Revolution.

Markus Tönig ist zufrieden. Alle sind gut auf das neue Schuljahr vorbereitet. Und das alte kann trotz Pandemie sehr positiv bilanziert werden – zumindest für die Schulen im Defereggental.

Markus Tönig ist Leiter des ersten und bislang einzigen Schulclusters in Tirol. Vor einem Jahr wurden die Volksschulen St. Veit, Hopfgarten und St. Jakob, sowie die Mittelschule St.…Jakob zusammengespannt. Die Standorte blieben erhalten, werden nun aber zentral geleitet. Tönig ist also Direktor von 158 Kindern in vier Schulen und Chef von 23 Lehrern. Und das in einem Tal, in dem die Landflucht viele Bewohner zu einsamen Kämpfern gemacht hat. „Ja, vor der Zusammenführung gab es viele Ängste. Der Prozess hat gedauert. Aber jetzt will keiner mehr zurück“, ist der Clusterleiter überzeugt.

Krise hat den Wert der Zusammenarbeit gezeigt
Was ihn so sicher macht, sind ausgerechnet die Erfahrungen seit Ausbruch der Pandemie. „Gerade in Volksschulen ist der Distanzunterricht mit digitalen Mitteln eine riesige Herausforderung. Weil bei uns neuerdings alle Lehrer im Tal zu einem Pädagogen-Pool gehören, konnten sie diese Aufgabe gemeinsam stemmen“, spricht Tönig von einem Teamgeist, den er so gar nicht erwartet habe.

Mittelschullehrer auch in der Volksschule
In einem Cluster können Pädagogen an verschiedenen Schulen eingesetzt werden. Tönig nennt als Beispiel den Mathematiklehrer der Mittelschule St. Jakob, der stundenweise auch in der Volksschule unterrichtet: „So lernt er seine Schüler früh kennen.“ Ausflüge und Aktionstage werden gemeinsam organisiert, Turnsäle und andere Einrichtungen gemeinsam genutzt – was vor allem den kleinen Schulen zugute kommt.

Als einen der größten Vorteile beschreibt der Schulleiter die gemeinsame Verwaltung, für die eine eigene Verwaltungsstelle geschaffen wurde: „So können sich Lehrer ganz auf den Unterricht konzentrieren und die Organisation wird kostengünstiger für alle gemeinsam erledigt.“

„Der Zusammenhalt im Tal wird gestärkt“
Durch den Cluster haben auch die Kinder im Tal von Beginn an engeren Kontakt. Das sei vor allem beim Wechsel von der Volksschule in die Mittelschule von Vorteil, meint der Schulleiter. Was ihn auch freut: Dank des Clusters bleiben auch die Mittelschüler aus Hopfgarten im Tal. „Wir sind jetzt eine Einheit“, sagt Tönig. Er glaubt fest daran, dass das nachhaltige Wirkung auf den Zusammenhalt im Tal hat. Und er ist überzeugt, dass Schulcluster die zunehmende Auflösung bestehender Strukturen am Land bremsen können.

Skepsis gegenüber der Cluster-Idee noch groß
Das Bildungsministerium hat im Vorjahr die ersten Schulcluster ermöglicht. Tirols Bildungs-LR Beate Palfrader (ÖVP) ist Fan dieser Zusammenarbeit: „Damit lassen sich die Ressourcen besser ausschöpfen.“  Das Interesse in den Schulen und Gemeinden ist vorerst aber überschaubar. Noch ist niemand dem Beispiel des Defereggentals gefolgt. Kufstein könnte zum zweiten Cluster-Standort Tirols werden. In anderen Orten gibt es noch Widerstand. Tönig kann sich das gut vorstellen. Verstehen kann er das aus heutiger Sicht nicht mehr: „Schulen müssen heute so viel leisten. Das geht nur gemeinsam.“

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