„Klar am Ziel vorbei“

Kinderbetreuung meist immer noch reine Frauensache

Politik
21.08.2020 16:54

Schon im Zuge der Corona-Krise hat sich oft gezeigt, dass die Kinderbetreuung meist an den Frauen hängen bleibt. Ein aktueller Bericht des Rechnungshofes bestätigt nun den Eindruck - so entfallen lediglich 4,5 Prozent der genehmigten Anspruchstage des Kinderbetreuungsgeldes auf Männer. Die Bewertung der Kontrollinstanz fällt daher äußerst kritisch aus: Die eigentlich geplante Entlastung von Frauen durch eine gleichmäßigere Aufteilung der Betreuungspflichten wurde nicht erreicht, so das Urteil.

Zwar ist die zeitliche Beteiligung von Männern am Kinderbetreuungsgeldbezug in den Jahren 2005 bis 2009 von 3,3 auf 4,5 Prozent gestiegen, seither stagnieren die Zahlen aber. Auch im Jahr 2018 nahmen Männer nur 4,5 Prozent aller Anspruchstage wahr. Insgesamt wurden 2018 gemäß Kinderbetreuungsgeldgesetz rund 1,2 Milliarden Euro an 130.000 Anspruchsberechtigte ausgezahlt, bilanziert der Rechnungshof in seinem am Freitag vorgelegten Bericht.

Verteilung „extrem ungleich“
Die Verteilung der beanspruchten Tage zwischen Frauen und Männern ist „extrem ungleich“, heißt es darin. Und noch ein interessantes Detail: Väter nahmen vorzugsweise in den Monaten Juli und August das Kinderbetreuungsgeld in Anspruch. Für die Zukunft empfiehlt der Rechnungshof dem Ministerium jedenfalls, weitergehende Maßnahmen zur Erhöhung der Väterbeteiligung zu prüfen.

Rechnungshof rechnet mit „exakten Tagen“
Die Differenz zu den oft veröffentlichten Zahlen betreffend Väterbeteiligung erklärt der Rechnungshof folgendermaßen: Das Familienministerium berechnet den Prozentsatz jener Väter, die insgesamt Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nahmen. So kam es etwa im Jahr 2017 auf eine Väterbeteiligung von 19,40 Prozent.

Der Rechnungshof hat für seine Analyse allerdings die exakten Tage herangezogen, an denen Frauen und Männer jeweils das Kinderbetreuungsgeld in Anspruch genommen haben.

Auch Abwicklung dauert zu lange
Zusätzliche Kritik äußert der Rechnungshof an der Dauer bei der Abwicklung. Obwohl man im Ministerium von einer durchschnittlichen Erledigungsdauer von 28 Tagen ausging, lag die Erledigungsdauer in den untersuchten Beispielfällen bei 45 Tagen im Inland und bei 211 Tagen in grenzüberschreitenden Fällen. Außerdem wiesen die Prüfer darauf hin, dass Bürger aufgrund der „komplexen rechtlichen Grundlagen“ oftmals überfordert sind.

Grüne: „Bild desaströs“
Kritik an der ungleichen Verteilung folgte am Freitag auch aus der Politik. „Wenn 20 Prozent der Väter nur 4,5 Prozent der Anspruchstage nutzen, sind wir von einer partnerschaftlichen Kinderbetreuung meilenweit entfernt“, kritisierte etwa Frauensprecherin Meri Disoski von den Grünen. Es brauche unter anderen zeitgemäße Karenzmodelle und verbesserte Maßnahmen zur Wiedereingliederung von Frauen in den Arbeitsmarkt. „Das Bild ist desaströs“, so Disoski.

NEOS fordern mehr Flexibilität
Bis die Betreuungsaufgaben auf beide Elternteile gleichmäßig aufgeteilt sind, sei es noch ein weiter Weg, stellte Douglas Hoyos von den NEOS fest. Er erneuerte zugleich die Forderung nach der Möglichkeit, dass Eltern sich die auserwählte Variante des Kinderbetreuungsgeldes nicht nur untereinander aufteilen können, sondern auch die individuelle Wahl zwischen den Varianten haben sollen. Mit einer flexibleren Auswahlmöglichkeit könne man auch die Ängste vor Einkommensverlusten abfedern.

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