Urteil wird geprüft

Apple-Urteil: EU gibt sich noch nicht geschlagen

Digital
16.07.2020 06:00

Die EU-Kommission will das Urteil des Europäischen Gerichts im Streit um eine Rekord-Steuernachzahlung von 13 Milliarden Euro für den US-Technologieriesen Apple in Irland „genau prüfen und mögliche nächste Schritte überlegen“. Dies teilte die für Wettbewerb und Digitales zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager mit.

Zuvor hatte das EU-Gericht in Luxemburg die Nachforderung der Kommission aus dem Jahr 2016 annulliert. Die Brüsseler Behörde sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass Apple unrechtmäßige Steuervergünstigungen erhalten habe, geht aus dem Urteilsspruch hervor.

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Wenn die Mitgliedstaaten bestimmten multinationalen Unternehmen Steuervorteile gewähren, die ihren Konkurrenten nicht zur Verfügung stehen, beeinträchtigt dies den fairen Wettbewerb in der EU.

EU-Kommissarin Margrethe Vestager

„Die Kommission steht voll und ganz hinter dem Ziel, dass alle Unternehmen ihren gerechten Anteil an Steuern zahlen sollten“, hielt Vestager fest. „Wenn die Mitgliedstaaten bestimmten multinationalen Unternehmen Steuervorteile gewähren, die ihren Konkurrenten nicht zur Verfügung stehen, beeinträchtigt dies den fairen Wettbewerb in der EU“, kritisierte sie. Dies entziehe der öffentlichen Hand und den Bürgern auch Mittel für dringend benötigte Investitionen. Der Bedarf daran sei in Krisenzeiten noch größer.

In früheren Urteilen zur steuerlichen Behandlung von Fiat in Luxemburg und Starbucks in den Niederlanden habe das Europäische Gericht bestätigt, dass die EU-Länder zwar die Festlegung ihrer Gesetze zur direkten Besteuerung obliege, dies habe jedoch in Einklang mit EU-Recht inklusiver der Regeln für Staatsbeihilfen zu erfolgen.

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Wir haben bereits auf nationaler, europäischer und globaler Ebene große Fortschritte erzielt und müssen weiterhin zusammenarbeiten, um erfolgreich zu sein.

EU-Kommissarin Margrethe Vestager

Die Kommission werde weiterhin aggressive Steuerplanungsmaßnahmen prüfen, um festzustellen, ob sie zu illegalen staatlichen Beihilfen führen. Gleichzeitig müsse es zu einer Änderung der Unternehmensphilosophien und richtiger Gesetzgebung kommen, um Lücken zu schließen und Transparenz zu gewährleisten. „Wir haben bereits auf nationaler, europäischer und globaler Ebene große Fortschritte erzielt und müssen weiterhin zusammenarbeiten, um erfolgreich zu sein“, so Vestager.

Karas geht von Berufung aus
„Das Urteil des EU-Gerichts in erster Instanz gegen die Steuernachzahlung von Apple im Umfang von 13 Milliarden Euro in Irland ist zu respektieren“, meinte der ÖVP-EU-Abgeordnete Othmar Karas dazu. Die EU-Kommission wird seinen Erwartungen nach jedoch gegen die Annullierung durch das EU-Gericht erster Instanz berufen und der Europäische Gerichtshof am Ende entscheiden.

„Politisch gilt mehr denn je: Wir müssen den Steuertricksern endlich das Handwerk legen“, ist er überzeugt. Die 825 Milliarden Euro an potenziellen Steuereinnahmen die ihm zufolge jedes Jahr durch „Steuerflucht, Steuervermeidung und Steuerbetrug“ in Europa verloren gehen, könnten als Geldquelle für das EU-Budget und den Corona-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ dienen.

„Es ist einfach ungerecht, wenn heimische KMU im Schnitt rund 26 Prozent Unternehmenssteuern zahlen, internationale Multis dagegen oft weniger als ein Prozent, weil sie ihre Gewinne dorthin verschieben, wo sie die besten Steuerdeals bekommen“, so der Vizepräsident des Europaparlament. Die Kommissionsentscheidung für eine Nachzahlung von 13 Milliarden Euro für Apple in Irland zeige die Dimensionen. „Unbestritten bleibt: Wir wollen ein Steuersystem, in dem internationale Multis ihre Steuern dort bezahlen, wo sie ihre Gewinne machen“, so Karas.

Globalisierungskritiker von Attac kritisieren Urteil
Für die Nichtregierungsorganisation Attac bestätigt das heutige Urteil, „dass das europäische Wettbewerbsrecht grundsätzlich kein geeignetes Mittel ist, um die Steuertricks von Konzernen zu bekämpfen“. Andernfalls wären keine jahrelangen Gerichtsverfahren nötig, um zu klären, ob es legal ist, dass Konzerne weniger als ein Prozent Steuern auf künstlich verschobene Gewinne zahlen, hieß es in einer Aussendung.

„Das Problem ist nicht ein fauler Apfel, das Problem sind die faulen und löchrigen internationalen Steuerregeln“, kritisierte David Walch von Attac Österreich. Der Kampf gegen Konzernsteuertricks müsse „politisch und nicht juristisch gewonnen“ werden. „Solange die Regierungen die Komplizen der Konzerne bleiben, werden diese ihre Steuertricks auf Kosten der Allgemeinheit fortführen. Die Regierungen müssen sich daher endlich von der Ideologie der ruinösen Steuerkonkurrenz verabschieden“, forderte Walch.

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