Studentin enttarnt?

So lief Drehbuch zur Operation Strache in Ibiza

Österreich
27.05.2019 06:00

Seit Freitag vor einer Woche will das ganze Land wissen: Wer sind die Hintermänner des Ibiza-Krimis, der den größten Politi-Skandal in der Zweiten Politik auslöste? Die „Krone“ kennt nun unglaubliche Details. Es ging in erster Linie um Geld, aber auch persönliche Rache wegen tiefer Abneigung der freiheitlichen Politik. Und so lief das filmreife Drehbuch zur Operation Strache.

Im Jahr 2017 sollen zwei Sicherheitsexperten für Konzerne mit der Spezialität Industriespionage (einer von ihnen mit Geheimdiensthintergrund) zusammen mit dem schon bekannten Detektiv und dem Anwalt aus Wien die Idee zum Gaunerstück entwickelt haben. Der Jurist hatte über Straches Privatleben offenbar intime Detailkenntnisse von einem seiner damaligen Bodyguards. Mit diesen Infos plante das Quartett die raffinierte Videofalle im Stil einer nachrichtendienstlichen Aktion.

Eine Studentin als gut bezahlte Venusfalle
Zuerst wurde der Frauentyp des FPÖ-Chefs gecastet. Die Hauptrolle erhielt eine bosnische Studentin der Agrarwissenschaften. Tagesgage bis zu 7000 Euro. Sie konnte Gudenus mit Detailwissen über Jagd- und Forstwirtschaft derart „einkochen“, dass es schließlich zum fatalen Treffen auf der Partyinsel Ibiza kam.

Das Treffen fand in einer ohnehin verwanzten Villa statt, die schon für andere verdeckte Operationen genutzt worden sei. Neben Alkohol hätte es auch andere rauschhaltige Substanzen im hohen Reinheitsgrad, um Strache und Gudenus die Zunge zu lockern, gegeben.

Video: Die „Krone“ in der Skandal-Finca auf Ibiza

Mit dem brisanten Material, das dem Quartett nach Angaben von Aufdecker Prof. Gert Schmidt (siehe Interview unten) knapp 400.000 Euro gekostet hatte, plante es das große Geschäft. Doch Parteien oder ein großer Baukonzern hätten beim Preis von 1,5 bis zwei Millionen Euro abgewunken, die vier Männer blieben also vorerst auf dem Video sitzen.

Deutscher Verein kaufte Video mit Goldmünzen
Jetzt der Knaller: Im Jahr 2019 kommt ein deutscher Verein mit Konten auf einer Steueroase ins Spiel. Dass sich dahinter das von Aktionskünstlern initiierte „Zentrum für politische Schönheit“ verbirgt, wird energisch dementiert. Schlussendlich seien für den Video-Kauf 600.000 Euro in Krügerrand-Goldmünzen, die sich die vier Drahtzieher aufteilten, geflossen. Anwalt Richard Soyer, der den beschuldigten Juristen vertritt, vielsagend zu den neuesten Entwicklungen: „Kein Kommentar.“

Sieben Sequenzen des Videos wurden dann an „Spiegel“ und „SZ“ weitergegeben. Der Polit-Thriller nahm seinen Lauf ...

„Ich wollte die Drahtzieher vor Vorhang holen“
Gert Schmidt gilt als Kämpfer gegen illegales Glücksspiel - und will den Polit-Skandal aufdecken. Mit der „Krone“ sprach er über seine Beweggründe.

„Krone“: Herr Professor Schmidt, warum haben Sie sich so in den Ibiza-Krimi verbissen?
Was mir von Anfang an fehlte, waren Informationen zu den Hintermännern der Aktion. Die will ich vor den Vorhang in die Öffentlichkeit holen. Ich will nicht, dass eine kleine Gruppe unsere Politik bestimmt.

Was wissen Sie über den mysteriösen weiblichen Lockvogel?
Die Dame spricht vier Sprachen, darunter perfekt Russisch, ist Studentin für Agrarwissenschaften in Bosnien und entspricht dem Frauentyp, der Herrn Strache interessiert. Sie soll pro Tag des Engagements 6000 bis 7000 Euro bezahlt bekommen haben.

Wie lief schließlich der Verkauf des Videos ab?
Über einen Verein, der 600.000 Euro in Goldmünzen bezahlte.

Was wussten die Geheimdienste
Spätestens als das Ibiza-Video mit den entlarvenden Strache-Aussagen im schmutzigen Nationalratswahlkampf 2017 allen Parteien und einem großen Baukonzern - freilich erfolglos - angeboten worden sein soll, dürfte der heimische Staatsschutz Bescheid gewusst haben. In diesem Zusammenhang erscheint auch die vom damaligen Innenminister Herbert Kickl initiierte erste große Operation seiner Amtsführung, die umstrittene Razzia beim polizeilichen Nachrichtendienst BVT, in einem anderen Licht.

Wusste die freiheitliche Partei von den kursierenden fatal-verfänglichen Aufnahmen und wollte im Glauben, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung im Besitz des Videos ist, dieses in die Finger bekommen? Gewisse Aussagen von hochrangigen Sicherheitsexperten lassen auch darauf schließen, dass wohl auch dem deutschen Bundesnachrichtendienst und dem spanischen Geheimdienst zumindest die Existenz der siebenstündigen FPÖ-Demontage bekannt war.

Christoph Budin und Peter Grotter, Kronen Zeitung

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