"Rechtskräftig"

Vergleich mit Kaprun-Hinterbliebenen fixiert

Österreich
05.09.2008 10:30
Im Jahr acht nach der Gletscherbahnkatastrophe mit 155 Toten in Kaprun ist endlich eine Einigung mit Opfern und Hinterbliebenen erzielt worden: Alle 451 Stellen haben den außergerichtlichen Ausgleich angenommen, berichtete der Vorsitzende der Vermittlungskommission, Klaus Liebscher, am Dienstag. Insgesamt werden den Opfern und Hinterbliebenen nun 13,9 Millionen Euro ausbezahlt. 23 Japaner wollen dennoch weitere Rechtsschritte ergreifen, was juristisch nach Ansicht der Kommission nicht mehr möglich ist.

Dass das Schreiben "von allen Anspruchsstellen" unterzeichnet worden ist, bedeutet für die Kommission, "dass der Vergleich rechtswirksam ist und ich die Auszahlung veranlassen werde", so Liebscher. Die Rücktrittserklärungen der 23 japanischen Angehörigen seien in den vergangenen beiden Tagen per Fax eingelangt. "Sie wollen, so wird angekündigt, weiter in den USA und in anderen internationalen Foren klagen."

Dies ist nach seiner Ansicht rechtlich aber nicht mehr möglich: "Mein logisches Verständnis wäre Nein", meinte Liebscher. Ähnlich sehen das auch die Kommissionsmitglieder Klaus Hoffmann, Ehrenpräsident des österreichischen Rechtsanwaltskammertages und Ex-Rechnungshofspräsident Franz Fiedler. Dieser betonte, dass der Vergleich österreichischem Recht unterliege, "keiner anderen Rechtsordnung". Ein einseitiges Aufschnüren des Vertrages wäre nicht möglich.

Die 13,9 Millionen Euro werden zu je 4,25 Mio. Euro auf die Gletscherbahnen Kaprun AG und die Republik Österreich sowie die Generali, die 3,075 Mio. Euro trägt, aufgeteilt. Rund 2,3 Mio. Euro seien bereits ausbezahlt worden, sagte Liebscher. Darüber hinaus seien zugunsten der Opferansprüche Versicherungsleistungen im Ausmaß von 9,23 Mio. Euro eingebracht worden. Wer wie viel bekommt, wird nach einem Punktesystem berechnet. Genaue Summen wolle er nicht nennen, erklärte der Nationalbank-Gouverneur. Dies wäre nicht im Sinne der Betroffenen und wäre aufgrund des komplizierten Berechnungsverfahrens, das die Verwandtschaftsgrade berücksichtigt, irreführend.

Zähe Verhandlungen
Man habe insgesamt 20 Sitzungen mit Vertretern der Opfer, der Versicherungen, der betroffenen Firmen und der Finanzprokuratur der Republik abgehalten, sagte Liebscher. Im Vorjahr sei man beinahe vor dem Scheitern gestanden: "Die Schwierigkeit der Verhandlungen bestand vor allem darin, dass Beträge in Höhen gefordert wurden, die von der Vermittlungskommission nicht zur Verfügung gestellt werden konnten." Am 6. November 2007 habe man sich schließlich auf das nunmehr unterzeichnete Vergleichsangebot verständigt. Die Vermittlungskommission war im März 2004 eingesetzt worden.

Der Innsbrucker Anwalt Ivo Greiter, der japanische Klienten in dem Fall betreut, berichtete, dass das Fax an die Kommission direkt aus Japan gekommen sei. Er sieht den Schritt als Folge dessen, dass die Republik "im wesentlichen so getan hat, als ob es sie nichts anginge. Da trifft die Republik ein gehöriges Maß an Schuld. Das ist Vergangenheit, aber dadurch, dass einzelne widerrufen, wird das wieder Gegenwart."

Japaner vom Ereignis schwerst geschädigt
Verständnis für den Schritt der Japaner zeigte auch der Wiener Anwalt Gerhard Podovsonik, der unter anderem Überlebende der Katastrophe aus Deutschland und Holland betreut. Diese würden noch immer mit der Welt "zaudern und hadern", da sie von den Erlebnissen schwerst geschädigt seien. "Sie überlegen auch, ob sie den Schritt der Japaner setzen wollen oder nicht. Ich habe abgeraten, aber ihr neuer amerikanischer Anwalt, James Lowy, glaubt daran, dass es noch erfolgsversprechend sein kann", sagte er am Dienstag. Jedenfalls hätten sie ihre Rechte auf eine Klage in den USA bis auf weiteres gewahrt, betonte er.

Der Villacher Hinterbliebenen-Anwalt Herwig Hasslacher berichtete, er habe sofort mit seinen Mandanten telefoniert und sie über die Ergebnisse informiert: "Meine Klienten sind erleichtert darüber. Wiewohl ihnen keine Summe der Welt die Kinder, die sie verloren haben, zurückbringt, können sie endlich einen Schlussstrich ziehen." Hasslacher vertritt 15 Hinterbliebene aus Kärnten und Slowenien. Diese hätten sich bereits im Vorfeld entschlossen, keine Verfahren in den USA fortzuführen, sagte er.

"Sache emotional abarbeiten"
Positiv gestimmt zeigte sich auch der Wiener Jurist Gerald Ganzger, der in der Causa 70 Personen vertritt: "Sehr viele haben gewartet, dass dieser Vergleich zustande kommt. Wenn das juristisch vorbei ist, kann man auch beginnen, die Sache emotional abzuarbeiten."

Erleichtert zeigte sich Justizministerin Maria Berger: Die Brandkatastrophe von Kaprun habe vielen Familien unendlichen Schmerz zugefügt, der durch keine Geldleistungen wieder gut zu machen sei. "Trotzdem ist es wichtig, dass wir nach etwas mehr als vier Jahren der Gespräche in der Lage sind, den Hinterbliebenen ein greifbares Zeichen der Anteilnahme und des Respekts zu geben und Rechtsfrieden zu schaffen."

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