"Klare Botschaft"

Apple feiert Urteil als Abschreckung für Rivalen

Elektronik
27.08.2012 09:11
Gestärkt durch seinen Triumph über Samsung im milliardenschweren Kampf um Patente feuert Apple einen Warnschuss an die gesamte Branche ab. Apple begrüße die deutliche Botschaft der Jury, dass Diebstahl inakzeptabel sei, schrieb Apple-Chef Tim Cook an seine Mitarbeiter. Er hoffe, dass die ganze Welt dies höre.

Auf den Tag genau ein Jahr nach Cooks Amtsantritt hat ein US-Gericht dem iPhone-Hersteller am Freitag Schadenersatz von einer Milliarde Dollar zugesprochen (siehe Infobox). Die Geschworenen - sieben Männer und zwei Frauen - sahen es nach nur drei Tagen als erwiesen an, dass die Südkoreaner vorsätzlich zentrale Eigenschaften der Apple-Kassenschlager nachgeahmt haben.

Urteil nach nur drei Tagen
Angesichts des komplexen Sachverhalts und eines langen Fragenkatalogs war allgemein mit längeren Beratungen gerechnet worden. Es seien vor allem die internen Dokumente von Samsung gewesen, die sie überzeugt hätten, sagte der Jury-Vorsitzende Velvin Hogan den "San Jose Mercury News". Apple hatte unter anderem E-Mails und eine Vergleichsanalyse von Samsung präsentiert, in der es darum ging, Geräte des Konzerns mit iPhone-Funktionen zu verbessern.

Schmerzhafte, aber nicht unverhältnismäßige Strafe
"Wir wollten keinem Unternehmen die Blankovollmacht ausstellen, dass es gegen das Recht auf geistiges Eigentum anderer verstoßen kann", erklärte Hogan. Apples Argumente seien überzeugend gewesen und aus Äußerungen von Samsung-Managern sei eindeutig hervorgegangen, dass die Südkoreaner vorsätzlich gehandelt hätten. Allerdings seien Apples Schadenersatzforderungen von bis zu 2,75 Milliarden Dollar außerordentlich hoch gewesen, erklärte der 67-jährige Ingenieur im Ruhestand. "Wir wollten sicherstellen, dass wir mit unserer Botschaft nicht nur eins auf die Finger geben." Die Strafe sollte schmerzhaft, aber nicht unverhältnismäßig sein.

Cook bedankt sich für "klare Botschaft"
Apple-Chef Cook bedankte sich bei den Geschworenen für eine "klare Botschaft, dass Diebstahl nicht rechtens ist". "Der Berg an Beweismaterial zeigte in dem Prozess, dass das Kopieren durch Samsung noch tiefer ging als selbst uns bekannt war", hieß es in der E-Mail an die Mitarbeiter weiter. Bei den Klagen von Apple und Samsung sei es um viel mehr als Patente oder Geld gegangen: "Es ging um Werte", wie etwa Originalität und Innovation. Apple habe nur widerwillig zu den Klagen gegriffen. Zunächst habe man den Konkurrenten wiederholt aufgefordert, die Produkte von Apple nicht länger nachzuahmen.

Samsung droht jetzt Verkaufsverbot
Auf Grundlage der Geschworenen-Entscheidung wollen die Kalifornier jetzt Verkaufsverbote für die Samsung-Geräte beantragen, wogegen sich die Südkoreaner aber wehren wollen. Das Urteil sei nicht das letzte Wort, erklärte Samsung und kündigten an, "unverzüglich Anträge auf eine Aufhebung der Jury-Entscheidung" zu stellen. Sollte der Schritt keinen Erfolg bringen, wolle Samsung ein Berufungsgericht einschalten.

Nach Einschätzung von Beobachtern müssen sich beide Parteien auf einen langen Streit einstellen. Bleibt das Urteil bestehen, bedeutet das auf jeden Fall, dass Samsung und andere Hersteller dauerhaft auf einige von Apples patentierten Funktionen verzichten müssen.

Designmuster verletzt
Samsung habe unter anderem mit mehreren Geräten geschützte Designmuster des iPhone verletzt, stellten die Geschworenen in ihrer Entscheidung fest. Auch das typische Aussehen der Bildschirm-Oberfläche mit den kästchenartig angeordneten App-Symbolen sei kopiert worden (mehr zu den einzelnen Patenten in der Infobox).

Zudem verletzte Samsung mit mehreren Geräten nach Ansicht der Geschworenen Patente für das Hineinzoomen in einzelne Inhalte durch doppeltes Antippen oder auseinanderziehen mit zwei Fingern. Ebenso kopiert sahen sie eine Funktion, bei der angezeigte Inhalte wieder in die ursprüngliche Position zurückspringen, wenn sie über den Bildschirmrand gezogen werden.

Zugleich gelang es Samsung nicht, die Geschworenen unter Hinweis auf frühere Erfindungen von der Ungültigkeit von Apples Patenten zu überzeugen. Einziger erheblicher Wermutstropfen für Apple war, dass keine Verletzung des iPad-Designmusters durch das Samsung-Tablet Galaxy Tab 10.1 festgestellt wurde.

Samsung: "Niederlage für die Verbraucher"
Der Elektronikkonzern sprach in einer ersten Reaktion von einer Niederlage für die amerikanischen Verbraucher: "Das wird zu weniger Auswahl, weniger Innovation und potenziell höheren Preisen führen." Es sei bedauerlich, dass das Patentsystem einem Unternehmen ein Monopol über Rechtecke mit abgerundeten Ecken geben könne, hieß es in Anspielung auf Apples Designmuster. "Das ist nicht das letzte Wort in diesem Fall oder in den Schlachten, die vor Gerichten rund um die Welt geführt werden."

Urteil auch heber Rückschlag für Googles Android
Die als eines der wichtigsten Patenturteile überhaupt gehandelte Entscheidung erleichtert Apple nun jedenfalls Patentklagen auch gegen andere Hersteller. Der Sieg des iPhone-Herstellers in Kalifornien gilt deshalb auch als herber Rückschlag für Google, dessen Betriebssystem Android auf Smartphones von Samsung und einer Vielzahl anderer Hersteller wie Motorola oder HTC läuft.

Nach dem Urteil dürften diese dazu gezwungen sein, ihren Konkurrenzkampf unter dem Damoklesschwert drohender Patentklagen von Apple fortzusetzen. Gewinner könnte der Softwarekonzern Microsoft sein, der mit seiner bislang weit abgeschlagenen Plattform Windows Phone einen Fuß ins Mobilfunkgeschäft bekommen will.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele