Das freie Wort

Gedenken an 1938

Dieser Tage wird sehr viel gesagt und geschrieben über das Jahr 1938, speziell über den März 1938. Eines fällt mir dabei auf: Man verzichtet (wohl bewusst) auf die Stimmen jener Menschen, die damals mit Herz und Seele für den Anschluss waren. Einer davon war mein Großvater, und bitte glauben Sie mir, ich hab ihm im Laufe der Zeit unendlich viele kritische Fragen zu seiner damaligen Entscheidung gestellt. Er hat sich auch sehr viel Zeit und Mühe gegeben, mir die damalige Situation im Lande und seine persönliche Sichtweise der Dinge bestmöglich zu schildern. Was davon hat sich bei mir besonders eingeprägt? Dass er und seine Freunde – besser gesagt niemand – sich auch nur im Geringsten vorstellen konnten, was sich in den darauf folgenden sieben Jahren ereignen würde. Für ihn ist 1945 eine Welt zusammengebrochen, und er musste als kleiner Dorfbürgermeister auch drei harte Jahre in einem englischen Gefangenenlager (ohne Anklage) verbringen, bis er von einem ordentlichen Gericht in Klagenfurt zu 100% von allen Anklagepunkten freigesprochen wurde! Das Allerwichtigste, das er versucht hat, uns Enkelkindern mitzugeben: Was hier passiert ist, ist inakzeptabel, aber es ist halt sehr leicht, hinterher zu urteilen und alles besser zu wissen. Er musste für sich und seine junge Familie in einer sehr schweren Zeit im Zwischenkriegsösterreich eine Entscheidung treffen – leider war es die falsche.

Werner Hardt-Stremayr, Annenheim

Erschienen am Do, 15.3.2018

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