Katias Kolumne

Demo gegen Schwarz-Blau? Dann auch gegen Blau-Rot!

Österreich
11.10.2017 12:40

Bald haben wir es doch tatsächlich geschafft und diese gefühlt nie enden wollende Nationalratswahl mit all ihren Silberstein-Skandalen, Untergriffigkeiten, TV-Duellen, Beflegelungen und Wahlkampffesten ist geschlagen. In knapp vier Tagen schreiten die Österreicher und Österreicherinnen zur Urne und entscheiden nicht nur, wer sie in Hinkunft würdig im Parlament vertreten wird, sondern auch, welchem der Spitzenkandidaten sie zutrauen, die kommende Bundesregierung anzuführen.

Rückblickend war es ein Jahr der politischen Achterbahnfahrt. Die Hoffnung war groß, als der ehemalige ÖBB-Spitzenmanager und die rote Langzeit-Personalreserve Christian Kern nach Werner Faymanns Rücktritt im Mai 2016 die stark ramponierte SPÖ übernahm. Vom "New Deal", dem Neustart der großen Koalition, der Kampfansage an den "Stillstand" und an die "Machtversessenheit und Zukunftsvergessenheit" ist nach einem Jahr Amtszeit vom "schrecklich feschen Herrn Kern" - wie der deutsche "Spiegel" einst titelte - nicht viel geblieben. In den vergangenen TV-Duellen sah der Zuseher einen Silberstein-gezeichneten, nervösen Kern, der durch Augenrollen und genervte Angriffe vom erfahrenen, staatsmännischen Bundeskanzler zum provozierenden Herausforderer mutierte.

Auch überraschte der (Noch-)Kanzler mit der Aussage, nur als Wahlsieger in der Regierung bleiben zu wollen. Während noch einige seiner roten Parteikollegen angesichts des drohenden Machtverlustes um Relativierung dieser überraschenden Ansage bemüht waren, schärfte Kern nach: Der SPÖ "wird die Opposition blühen". Eine starke Ansage und wohl die einzig gesichtswahrende Chance für Kern, aus der wohl bevorstehenden Wahlschlappe erhobenen Hauptes rauszukommen.

Die SPÖ zum Schleuderpreis
Sollte sich allerdings der Flügel in der SPÖ durchsetzen, dem es um Machterhalt und Regierungsbeteiligung um jeden Preis geht, wird Kern wohl nach der Wahl doch recht schnell gegen einen oder eine andere(n) Hoffnungsbringer(in) ausgetauscht werden, um bei Koalitionsverhandlungen mitmischen zu können. Und dann wären wieder alle Optionen offen - ob Schwarz-Rot oder Blau-Rot, die SPÖ gäbe es dann wohl aufgrund der geschwächten Position zum Schleuderpreis zu haben.

Die Wahl am Sonntag wird vom derzeitigen Standpunkt aus ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz werden. Beide üben sich in den zahlreichen TV-Duellen bereits als regierungsfähige Staatsmänner, wenngleich Strache ab und an wieder in seine altbekannte, angriffslustigere Oppositionsrolle inklusive Taferl und griffiger Untergriffigkeiten schlüpft, während Kurz in stoischer Ruhe Angriffe abperlen lässt und nicht müde wird zu betonen, dass er sich am "gegenseitigen Anpatzen nicht beteiligen" werde.

Schwarz-Blau als wahrscheinlichste Koalitionsvariante
Beide dürften laut Umfragen jedenfalls auf satte Zugewinne hoffen. Auch inhaltlich sind beide nicht besonders weit voneinander entfernt, wenngleich sowohl Strache als auch Kurz redlich darum bemüht sind, zumindest stilistische Unterschiede auszumachen. Eine schwarz-blaue Koalitionsvariante scheint zumindest derzeit als die wahrscheinlichste.

Letzten Samstag fand in der Wiener Innenstadt eine Großdemonstration gegen eine mögliche Regierungsbeteiligung der FPÖ statt, für den Abend des Wahltages ist eine Demo mit dem Titel "Nie wieder Schwarz-Blau!" angemeldet und auch eine Neuauflage des Volksbegehrens gegen die schwarz-blaue Koalitionsvariante ist geplant. Man kann persönlich andere Koalitionsvarianten bevorzugen, aber besonders demokratisch muten diese Aktionen nach dem Motto "Hallo! Worum geht's? Ich bin dagegen" nicht an, wenn man bedenkt, dass sich derzeit laut Umfragen die Mehrheit der Österreicher und Österreicherinnen für eine schwarz-blaue Regierung ausspricht. Und nach den letzten schmutzigen und unwürdigen Monaten wären Demos gegen eine Regierungsbeteiligung von Rot mindestens genauso angebracht.

Katia Wagner

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