"Guate Zeit"

SOLO zu VIERT: Aufstrebende Austropop-Liedermacher

Musik
13.09.2015 17:26
"Österreichs erste Liedermacher-Band" nennen sich die Steirer von SOLO zu VIERT auf ihrer Homepage - trotz einer kleinen Prise Ironie ist es ihnen mit der Musik aber mehr als ernst. Uwe Hölzl und Benji Hassler haben sich mit uns zusammengesetzt, über das neue Album "Guate Zeit", Politik in der Kunst, österreichische Alltagsklischees und das Wiederaufkommen der Dialektmusik zu unterhalten.
(Bild: kmm)

So manchen beschleicht das Gefühl, der Begriff STS würde wie ein Damoklesschwert über ihnen schweben, sie aufgrund der Bekanntheit und Allmacht im österreichischen Liedermacher-Bereich förmlich erschlagen, aber das Gegenteil ist der Fall. Benji Hassler, ein Viertel des steirischen Liedermacher-Quartetts SOLO zu VIERT, ist im "Krone"-Gespräch sogar stolz darauf. "Der Vergleich kommt natürlich öfter, aber ich finde ihn immer wieder wunderschön. Solange uns nichts Schlimmeres passiert, soll es so sein". Kurz vor der Veröffentlichung ihres brandneuen, vierten Studioalbums "Guate Zeit" haben die Steirer einen derart hohen Bekanntheitsgrad erreicht, dass stallinterner Futterneid sowieso nicht sein muss.

Über den Weißwurst-Äquator
Die große Selbstsicherheit hat sich das "Zufallsprojekt" schlussendlich hart erarbeitet, wie Uwe Hölzl ergänzt. "Wir glauben fix daran, dass wir auch so einen Erfolg wie STS haben können, sonst würden wir uns nicht so reinknien. Der einzige Grund, warum wir weiter sind als andere Bands ist nicht der, dass wir so viel besser sind, sondern dass wir einfach mehr arbeiten und mehr Zeit investieren." So ganz lassen sich die Mieten durch die Band noch nicht bezahlen, sonst würden Chris Watzik und Horst Klimstein, die andere Hälfte der gemeinschaftlichen Solisten, nicht arbeitsbedingt für das Interview ausfallen, doch der Weg ist der richtige. Mit Charme, Dialekt, Lokalkolorit und musikalischem als auch songwriterischem Können erweitern SOLO zu VIERT ihre Fanbase in rapider Geschwindigkeit und haben sich auch längst über die Grenzen des "Weißwurst-Äquators" hinausbewegt.

"Die Deutschen außerhalb Bayerns finden uns immer etwas schrullig", erklärt Hölzl schmunzelnd, "für sie klingen wir immer nach Urlaub. Aber geht es uns mit italienischen und spanischen Musikern nicht gleich? Wir verstehen auch kein Wort, mögen die Musik aber trotzdem." Eher zufällig und ohne große Ambitionen haben sie sich vor sechs Jahren zusammen auf der Bühne gefunden, die vier Alphatiere und Rampensäue, wie sie sich selbst mit etwas Augenzwinkern, aber auch einer gehörigen Portion Ernsthaftigkeit bezeichnen. Das Bindeglied für die Erfolgsstory war Musik-Insider Karl "Charly" Scheibmaier, der SOLO zu VIERT 2012 beim Grazer Stadtfest sah, sofort Kontakt aufnahm und das Quartett in Rekordgeschwindigkeit zu überregionaler Strahlkraft formte. "Innerhalb von zwei Wochen hat er uns durch seine Kontakt auf die ,Best Of Austria'-Tour gebucht und dank ihm hatten wir innerhalb einer Woche zehnmal so viele Leute vor der Bühne stehen als die ersten drei Jahre zusammen", erinnert sich Hölzl freudig zurück.

Gemeinsamer Urlaub
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, ist nicht immer eine Binsenweisheit. Im Fall von SOLO zu VIERT hat es sogar soweit geführt, dass die einzelnen Bandmitglieder sämtliche nebenbei gelaufene Projekte ins Abseits stellten, so ernst ist es ihnen mittlerweile mit der Band. "Samt dem Keyboarder und unserem Techniker sind wir eigentlich sogar ein familiäres Sextett", erläutert Hölzl, "nach einer Tour fahren wir mittlerweile sogar mit Sack und Pack zusammen auf Urlaub". "Nur Einzelzimmer haben wir schon noch", ergänzt Hassler lachend, "das war uns von Anfang an wichtig."

Auch das neue Album "Guate Zeit" könnte den Bonus des richtigen Momentums nützen. Viele Jahre nach der Hochblüte der Austropop- und Liedermacher-Bewegung ist Dialektmusik mittlerweile wieder im heimischen Mainstream angekommen – den Nimbus der fehlenden Coolness hat die heimische Musik wieder abgelegt. In Zeiten des wirtschaftlichen Umbruchs und des steten Wunsches, regionaler, gemeinschaftlicher und in gewisser Weise autarker zu leben, kann Dialektmusik begleiten oder auch Halt bieten. "Die Musik war ja nie weg", sagt Hölzl, "alleine was sich in Graz grandiose Musiker tummeln, die in Mundart singen – ein Wahnsinn." Nach einer längeren Pause setzen auch die Radiostationen wieder auf die Kraft des Heimischen.

Menschlicher Bildungsauftrag
Während der guten Zeit rutschen SOLO zu VIERT aber niemals in die textliche Naivität ab, sondern äußern sich gedankenvoll und mitunter durchaus politisch. Etwa im von Horst Klimstein geschriebenen Song "Nachbarn", wo er nicht nur mit ausgefahrenen Krallen die biederen Alltagsprobleme der österreichischen Volksseele anspricht, sondern auch Fremdenfeindlichkeit und übertriebene Angst vor dem Unbekannten anprangert. "Gerade der arge Rechtspopulismus ist so gar nicht unser Ding. In Kärnten und Oberösterreich sind gewisse Leute sogar schon gegangen, wenn wir live spielten", muss Hölzl trotz erstem Themas auch schmunzeln, "für uns ist das aber okay. Solche Leute wollen wir nicht haben." Haben SOLO zu VIERT als Künstler einen Bildungsauftrag? "Nicht als Künstler, als Mensch haben wir ihn!"

In "Guate alte Zeit" gehen die Musiker wieder zurück in den Alltag. Verklärte Nostalgie á la "früher war sowieso alles besser" lassen sie aber nicht gelten. "Gerade als Band sind wir natürlich unheimlich froh, welche Möglichkeiten sich uns heute bieten. Was das früher für ein Auftrag war, jemanden zu einem Konzert einzuladen. Heute erstellen wir eine Facebook-Veranstaltung und das reicht fast schon." An die Zeiten des noch nicht existenten, digitalen Overflows erinnert sich Uwe Hölzl trotzdem gerne zurück. "Wir haben einfach mehr miteinander geredet, Schillinge in die Telefonzellen geworfen und auf der anderen Seite hat oft gar keiner abgehoben. In gewisser Weise vermissen wir schon die Zeit, wo nicht alles on demand war."

Die Kraft der Regionen
Die Zeit ist auch ein wichtiger Faktor im Song "Leben in der Großstadt". In Zeiten von Zuzug, Gentrifizierung und fortlaufender Integration ein stetiger Entwicklungsprozess, mit guten und schlechten Seiten. "Einerseits hängen die Leute in den öffentlichen Verkehrsmitteln mit gesenktem Kopf auf ihren Smartphones und registrieren ihre Umwelt gar nicht mehr, andererseits wurde alles viel bunter und schöner als es jemals zuvor war. Den kulturellen Austausch, für den ich früher nach London fliegen musste, habe ich heute in kleinerem Rahmen auch in Graz", ist der mittlerweile in die ländliche Südoststeiermark gezogene Hölzl von den Entwicklungen begeistert. Doch was passiert mit ausgedünnten Gebieten wie etwa Eisenerz? "Es gibt schon Pläne, dass Menschen wieder günstig ansiedeln können. Die Regionalisierung wird gestärkt und es herrscht allgemein Aufbruchsstimmung. Insgesamt entwickelt sich der Kraft der Regionen derzeit sehr gut."

Verpackt werden die teils kritischen, teils auch nur gut beobachteten Texte in ein schönes Liedermacher-Korsett, das den Austropop-Mantel natürlich nicht gänzlich abwerfen kann. Doch Achtung! Überraschungen sind möglich – etwa der entspannte Reggae-Vibe in "Nur mit dir", der SOLO zu VIERT von einer internationalen Seite zeigt. "Am Ende geht es ja nur darum, eine ,guate Zeit' zu haben", fügt Hölzl abschließend an. Dafür garantieren schlussendlich nicht nur die neuen Kompositionen der Band, sondern auch zahlreiche Live-Auftritte, die diesen Herbst und im Frühling 2016 folgen. Und wer weiß – vielleicht gelingt damit einhergehend auch die endgültige STS-Emanzipation?

Alle Livedates von SOLO zu Viert finden Sie direkt auf www.solozuviert.at. Karten erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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