Österreichs Haftanstalten sind überfüllt. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) will im kommenden Jahr daher gleich zwei Bauvorhaben auf den Weg bringen: eine Justizanstalt und ein forensisch-therapeutisches Zentrum im Westen des Landes. „Die Situation in den Strafanstalten ist ernst“, sagte Sporrer.
Es gebe einen Überbelag und zu wenig Personal. Zuletzt sorgte etwa die Justizanstalt Wien-Josefstadt für Kritik, die derzeit bei laufendem Betrieb saniert wird. So wurde auf einer Abteilung für Jugendliche das Abendessen bereits um 13.30 Uhr ausgegeben. Die Sanierung sei „natürlich eine Herausforderung“, sagte die Justizministerin.
Auch das neue Jugendgefängnis am Münnichplatz in Wien-Simmering wurde bereits während der Bauarbeiten zum Teil bezogen. Der Vollbetrieb verschob sich aber immer wieder und soll Ende Jänner mit 72 Häftlingen starten. Gesichert seien eine Therapeutin und die ärztliche Versorgung, sagte Sporrer. Die Jugendlichen könnten vier Lehrberufe erlernen. „Sollte die Haft kürzer sein als die Lehrdauer (Kurzlehren von ein bis eineinhalb Jahren, Anm.), kann die Lehre dort fortgesetzt werden, und man sieht im Lehrabschlusszeugnis nicht, dass sie in einer Haftanstalt absolviert wurde.“
Die Situation in den Strafanstalten ist ernst. Es gibt einen Überbelag und es gibt zu wenig Personal.
Justizministerin Anna Sporrer
„Fußfessel leert Gefängnisse nicht“
Dass Österreichs Gefängnisse überfüllt sind, führt die Ministerin unter anderem auf die Demografie zurück. Vor 25 Jahren hätten noch ungefähr zwei Millionen Menschen weniger im Land gelebt als heute, das spiegle sich auch in der Straffälligkeit nieder.
Die bedingte Entlassung und die Ausweitung des elektronisch überwachten Hausarrests (nun bei zwei Jahren Reststrafe statt einem möglich) sollen der Überfüllung entgegenwirken. Dennoch werde die Fußfessel die Gefängnisse nicht leeren, sagte Sporrer. „Derzeit befinden sich ca. 360 Personen im elektronisch überwachten Hausarrest, wir rechnen mit 150 mehr pro Jahr. Das kann nur eine von mehreren Entlastungen sein, angesichts der tatsächlichen Zahlen.“
EU-Bürger können Haft in Heimat absitzen
Ausländerinnen und Ausländer, die in Österreich verurteilt werden, könnten die Haft auch in ihren Herkunftsländern absitzen. Das funktioniere mit EU-Staaten gut, man sei zudem in Verbindung mit Staaten am Westbalkan oder Maghrebstaaten, sagte die Ministerin. Zu den Bauvorhaben neuer Gefängnisse sind Gespräche mit dem Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) geplant.
Zudem ist es laut Sporrer nötig, mehr Personal für die Haftanstalten zu bekommen. Derzeit seien etwa fünf Prozent der Stellen in der Justizwache unbesetzt, im nicht exekutiven Bereich wie im psychologischen Dienst seien es gar elf Prozent. „Nächstes Jahr wollen wir an eine breite Öffentlichkeit treten und erklären, welche interessanten Berufe im Rahmen einer Justizanstalt, einer Haftanstalt, eines forensisch-therapeutischen Zentrums ergriffen werden können“, kündigte die Justizministerin an. In Graz hat im Herbst ein Bachelorlehrgang für Justizmanagement begonnen, im Projekt „Athleta“ können junge Spitzensportlerinnen und Spitzensportler neben Wettkämpfen und Training eine Ausbildung absolvieren.
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