Nach Flucht vor Armee

Finnland will Russen nun in den Tod schicken

Außenpolitik
01.11.2025 20:00

Als Daniil Muchametow (21) im Frühjahr dieses Jahres von der Russischen Armee einen Einberufungsbefehl erhielt, war für ihn sofort klar: Er wolle nicht in der Ukraine Menschen ermorden. Nach einer schwierigen Flucht in Finnland angekommen, möchte das EU-Land ihm jedoch kein Asyl gewähren. Abschiebung und Tod drohen dem mutigen jungen Mann nun. Menschenrechtler verstehen die Welt nicht mehr.

Mitte Juni machten die litauischen Behörden publik, dass ein 21-jähriger russischer Staatsbürger in der Nähe der Stadt Kybartai aus einem Zug gesprungen sei. Der junge Mann sei legal in das baltische Land eingereist, hieß es vonseiten der Polizei. Muchametow selbst erklärte gegenüber Journalisten des US-amerikanischen russischsprachigen Fernsehsenders „Nastojascheje wremja“, wegen eines Einberufungsbescheids habe er aus seiner Heimat flüchten müssen. Aus Angst, von den litauischen Behörden deportiert zu werden, habe er sich bis nach Finnland durchgekämpft und dort um Asyl angesucht. Das Ergebnis war äußerst ernüchternd: Das Land soll befohlen haben, Muchametow wieder nach Litauen abzuschieben. Die dortigen Behörden hätten gedroht, den Russen ebenfalls des Landes verweisen zu wollen.

Aus dem Bericht von „Nastojascheje wremja“ geht hervor, dass Muchametow verzweifelt den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angerufen habe und derweil in Finnland bleiben könne. Menschenrechtsaktivisten verweisen auf das Völkerrecht, wo durch Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ein Wehrdienstverweigerungsrecht aus Gewissensgründen besteht.

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Sobald es um einen Mann geht, der sagt: ,Ich will nicht kämpfen, ich will nicht zur Armee, ich will keine Waffen in die Hand nehmen‘, verbünden sich sofort selbst die kriegführenden, einander feindlich gesinnten Seiten.

Menschenrechtsaktivistin Olga Karatsch

Finnland schob bereits massenhaft Russen ab
Dessen ungeachtet hat das EU-Land im Jahr 2025 begonnen, massenhaft Russen zu deportieren, die nach Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine geflüchtet waren. Allein von Jänner bis September seien 104 russische Staatsbürger ausgewiesen worden. In den meisten Fällen hatten sie demnach aufgrund der Mobilisierung in Russland um Asyl angesucht.

Völlig unverständlich: Als Grund für die Abschiebung führen die finnischen Behörden offenbar an, dass die Teilmobilmachung in Russland beendet sei. Ein entsprechendes Dekret wurde vom Kreml jedoch nie unterzeichnet. Anu Karppi vom finnischen Migrationsdienst erklärte, dass die Behörde sich nach dem UN-Abkommen richte, wonach die bloße Bedrohung durch den Militärdienst keinen Grund für die Gewährung von Asyl darstelle.

Wahnsinnige Stimmungsmache
Für die Menschenrechtlerin Olga Karatsch ist diese Vorgehensweise schier unverständlich. Sie ortet im Fall Daniil Muchametow in Finnland und Litauen „eine regelrechte Hetzkampagne“. In den Medien werde er als „möglicher russischer Saboteur“ gebrandmarkt, auch würden ihm Verbindungen zu russischen Geheimdiensten unterstellt.

„Sobald es um einen Mann geht, der sagt: ‚Ich will nicht kämpfen, ich will nicht zur Armee, ich will keine Waffen in die Hand nehmen‘, verbünden sich sofort selbst die kriegführenden, einander feindlich gesinnten Seiten. ‚Nein, so geht das nicht.‘ Und sie beginnen, diesen bedauernswerten Mann von allen Seiten mit Tritten, Drohungen, Druck – mit allem – in die Armee zu treiben. ‚Nein, du gehst kämpfen.‘ Das ist sehr paradox“, zeigte sich die Menschenrechtsaktivistin bestürzt.

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