Totalreform gefordert

Kages-Prüfbericht: Teures Klein-Klein ohne Konzept

Steiermark
31.10.2025 14:24

Nichts weniger als eine „Totalreform des Gesundheitswesens“ fordert der Landesrechnungshof in seiner aktuellen Prüfung des Kages-Personalbereichs. Die wichtigsten Kritikpunkte in der Betrachtung der Entwicklung seit 2015: kleinteilige Strukturen, Kostenexplosion und fehlende Maßnahmen in der Personalplanung.

Dass Klein-Klein im Spitalswesen ineffizient und teuer sein kann, ist keine neue Erkenntnis. Doch richtig angekommen scheint dieser Umstand bei den Kages-Verantwortlichen auch im Jahr 2025 noch nicht zu sein, untermauert der Rechnungshof. So habe die Kages weiterhin „dislozierte Ambulanzen und Parallelstrukturen“, die genauso gut von Kassenstellen betrieben werden und auch „strukturell in deren Aufgaben fallen könnten“, heißt es im am Freitag veröffentlichten Prüfbericht.

Personalkosten: Von 850 Millionen auf 1,5 Milliarden Euro in elf Jahren
Damit einher gehen galoppierende Kosten insbesondere im Personalbereich, der diesmal besonders unter die Lupe genommen wurde. Die Entwicklung des Gesamtaufwands von 2014 bis 2024 macht es deutlich: Schlugen die Personalkosten (Ärzteschaft und Pflegedienst sowie Zentraldirektion und Kages-Immobiliengesellschaft) vor elf Jahren noch mit rund 850 Millionen Euro zu Buche, waren es im Vorjahr bereits 1,51 Milliarden.

(Bild: Krone KREATIV/stock.adobe.com)

Die Grafik zeigt deutlich: In jedem einzelnen der Jahre seit 2014 kam es zu einer Steigerung im zweistelligen Millionenbereich. Die Kurve fällt damit noch weit steiler aus als die ebenfalls rasante Entwicklung des Verbraucherpreisindex im selben Zeitraum.

Pensionierungswelle: Land und Kages haben zu lange weggeschaut
Dabei würde es angesichts der demografischen Entwicklung noch weit mehr medizinisches Personal brauchen – und vor allem eine zukunftsgerichtete Planung, die der Rechnungshof bei der Kages vermisst. Im Gegenteil: Die Ermittlung des Personalbedarfs sei „nicht realitätsentsprechend“, man arbeite mit veralteten Berechnungsmodellen. Der Pensionierungswelle der „Babyboomer“-Generation sei etwa nicht gegengesteuert worden, vielmehr wurde sie „zu lange ignoriert“.

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Über die im Prüfzeitraum gesetzten Maßnahmen (z.B. Programme, Projekte, Aktionspläne, neue Regelungen sowie Kooperationen) war kein übergeordnetes Maßnahmen-Konzept ersichtlich.

Der Landesrechnungshof im Prüfbericht zur Kages-Personalsituation

Hier kommt auch die Landespolitik nicht ungeschoren davon: Der Kages-Vorstand habe wegen einer „sich zuspitzenden Besetzungsproblematik“ im betroffenen Zeitraum mehrfach schriftlich Kontakt mit den zuständigen Landesräten bzw. auch den Landeshauptleuten aufgenommen, heißt es im Prüfbericht. Insgesamt vier entsprechende Ersuchen seien – von 2019 bis 2023 – ans Land ergangen. Dabei ging es etwa um die Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Fachärzten am Arbeitsmarkt und die Notwendigkeit, dass rechtzeitig „die nötigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden müssen, um mittelfristig notwendige Nachfolgeplanungen veranlassen zu können“ (Schreiben des Kages-Vorstands vom 16. Juli 2020). Ein Jahr später wird um einen „dringlichen gemeinsamen Termin“ mit dem Landeshauptmann gebeten, um die „sehr ernste Situation“ zu erörtern.

Kurzfristige finanzielle Anreize reichen nicht
2023 wurden dann „kurzfristige Maßnahmen zur Attraktivierung der Gesundheitsberufe“ getroffen, wie es in einem weiteren Kages-Schreiben ans Land heißt, in dem man sich für die Unterstützung bedankte. Darin enthalten waren etwa Einstellungsprämien und Boni – laut Rechnungshof der falsche Weg: Den Personalmangel mit monetären Anreizen bekämpfen zu wollen, sei weder zweckmäßig noch nachhaltig.

Gravierend bemerkbar macht sich die Personalmisere unter anderem bei den gesperrten Betten. 2023 und 2024 konnten laut Rechnungshof mehr als zwei Drittel davon aufgrund von Pflegekräftemangels nicht bedient werden. So wurde der im „Regionalen Strukturplan Gesundheit – Steiermark 2025“ verankerte Zielwert im Vorjahr um rund 400 Betten unterschritten.

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2024 war die Anzahl der durchschnittlich aufgestellten Betten (4986) höher war als der im Strukturplan vorgegebene Planwert (4860). Laut Kages mussten vorwiegend aus Personalmangel durchschnittlich 530 Betten gesperrt werden. Damit wurde der Zielwert um 404 Betten unterschritten.

Aus dem Rechnungshof-Prüfbericht

Das Fazit des Rechnungshofs lässt an Deutlichkeit nichts vermissen: Dem Land wird dringend empfohlen, „aufgrund der Personalsituation, der äußerst angespannten Finanzlage und der daraus resultierenden potenziellen Gefährdung des Versorgungsauftrags das gesamte Gesundheitswesen in der Steiermark (unter Einbindung des niedergelassenen bzw. aufzubauenden Primärversorgungsbereichs) zu reformieren und nachhaltig zu gestalten“.

Forderung nach Neustart, Warnung vor Zwei-Klassen-System
SPÖ-Chef Max Lercher ortet ein „tiefes systemisches Chaos“ und fordert einen „sofortigen Neustart im Gesundheitwesen“. Es könne kein „Weiter so“ geben, die Strukturen funktionierten nicht mehr. Grünen-Klubobfrau Sandra Krautwaschl spricht von einem „vernichtenden Bericht“, Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) müsse Gesundheitspolitik „zur Chefsache machen“. Langfristig sehen die Grünen die Gesundheits-Kompetenzen im Bund besser aufgehoben.

Die Oppositionsspitzen Swatek, Krautwaschl, Klimt-Weithaler und Lercher (v.l.) fordern nach dem ...
Die Oppositionsspitzen Swatek, Krautwaschl, Klimt-Weithaler und Lercher (v.l.) fordern nach dem Rechnungshofbericht Konsequenzen.(Bild: Jauschowetz Christian)

KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler warnt vor einer „weiteren Schwächung des öffentlichen Gesundheitswesens“ und einer drohenden Zwei-Klassen-Medizin, die nur mit einer „nachhaltigen Finanzierung, die Qualität, Personal und Versorgungssicherheit in den Mittelpunkt stellt“, verhindert werden könne. NEOS-Klubobmann Niko Swatek ortet ein „Alarmzeichen für das gesamte Gesundheitssystem“, die Landesregierung gefährde mit Untätigkeit den Versorgungsauftrag.

Kornhäusl sieht „Spiegel der Vergangenheit“
Für Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) ist der Bericht „aufgrund des Prüfzeitraums nur ein Spiegel der Vergangenheit und keine Diagnose der Gegenwart“. Es seien bereits Maßnahmen gesetzt worden – „etwa die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Spitälern und Spitalsträgern sowie die positiven Entwicklungen im Personalbereich“. Ähnlich die Reaktion der Kages: Der Zeitraum beinhalte auch die „schwierigen Pandemiejahre“, Maßnahmen wie etwa Gehaltserhöhungen hätten „nachweislich ihre Wirkung gezeigt, sodass die Kages mittlerweile eine Vollbesetzung verzeichnet“.

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