Der große Coup im Louvre in Paris vom Wochenende entsetzt auch die deutsche Fürstin Gloria von Thurn und Taxis. Denn die Einbrecher, die Schmuck von „unschätzbarem Wert“ gestohlen hatten, nahmen bei ihrem Blitz-Beutezug auch das Diadem mit, das die heute 65-Jährige 1980 bei ihrer Hochzeit getragen hatte. „Krone“-Adelsexpertin Martina Winkelhofer klärt auf, warum dieses Schmuckstück für das deutsche Adelshaus so bedeutend ist.
Wie es dazu kam? Fürstin Gloria, geborene Gräfin von Schönburg-Glachau, ehelichte am 31. Mai 1980 Johannes Fürst von Thurn und Taxis in der Basilika von Schoss Emmeram in Regensburg.
Für den großen Tag bekam sie von ihrem damaligen Schwiegervater in spe ein imperiales Perlen-Diadem mit Diamanten geliehen. Das edle Schmuckstück wurde 1853 für die Hochzeit von Kaiser Napoléon III. mit Eugénie de Montijo (1826-1920) angefertigt.
Diadem symbolisiert „Aufstieg der Thurn und Taxis“
„Warum das gestohlene Thurn und Taxis Diadem für das bekannte deutsche Adelshaus so bedeutend ist? Weil es den Aufstieg der Thurn und Taxis in die ,kaiserliche Liga‘ symbolisiert“, erklärt „Krone“-Adelsexpertin Dr. Martina Winkelhofer. Denn „die Fürsten Thurn und Taxis gehörten zwar zu den reichsten Aristokraten – sie machten mit ihrem Post-Monopol ein Vermögen –, für den kaiserlichen Heiratsmarkt waren sie aber lange nicht fein genug, oder, wie man damals sagte, ,nicht ebenbürtig‘.“
Erst mit der Hochzeit von Erzherzogin Margarete von Österreich mit Fürst Albert von Thurn und Taxis im Jahr 1890 hätte es das Adelsgeschlecht mit Sitz in Regensburg geschafft, „in kaiserliche Sphären“ aufzusteigen, so Winkelhofer.
„Um diesen sozialen Aufstieg zu verdeutlichten, gab der Fürst ein Vermögen für die Hochzeit aus – es sollte eine echte ,kaiserliche‘ Hochzeit werden. Dazu gehörte natürlich ein kaiserliches Diadem“, fährt sie fort. „Fürst Albert von Thurn und Taxis nahm es wörtlich: Er gab kein neues Diadem für seine Braut in Auftrag, er suchte eines mit ,kaiserlicher Trademark‘, es sollte aus kaiserlichem Haus sein.“
Kaiserliches Diadem für Habsburger Braut
Und schildert weiter: „Die Habsburger verkauften ihm natürlich keines, deshalb sah sich Fürst Albert auf dem europäischen Markt um. Da traf es sich gut, dass das zweite französische Kaiserreich 1870 untergegangen war und im Exil in England Ex-Kaiserin Eugénie saß, die in regelmäßigen Abständen mittels Agenten Schätze diskret Schätze aus ihrer privaten Schmuckschatulle verkaufte.“
Fürst Albert habe schließlich bei einem „besonderen Stück“ zugeschlagen: „Jenem Diadem, das Ex-Kaiserin Eugenie bei ihrer Hochzeit mit Kaiser Napoleon III. im Jahr 1853 trug. Der Fürst erwarb es und konnte so seiner Habsburger Braut ein echtes kaiserliches Diadem schenken. Erzherzogin Margarete trug es bei der Hochzeit 1890 und später ihre Nachfolgerin als Fürstin: Gloria von Thurn und Taxis.“
Gloria versteigerte Diadem
Bis zum Jahr 1992 blieb das Diadem auch im Familienbesitz der Thurn und Taxis. Fürstin Gloria versteigerte jedoch nach dem Tod von Johannes Fürst von Thurn und Taxis einen Teil der Schmucksammlung beim Auktionshaus Sotheby‘s in Genf, um die Erbschaftsteuer begleichen zu können.
Darunter war auch das Diadem von Napoléons Gattin. „Ich trage nicht so oft Kronen. Weshalb sollte ich also so viele aufbewahren?“, soll Fürstin Gloria damals gesagt haben.
Aus Louvre gestohlen
Ersteigert wurde es für angeblich 935.000 D-Mark von der Vereinigung „Amis de Louvre“, seitdem wurde es im Louvre in der Galerie d‘Apollon ausgestellt. Bis letzten Sonntag mehrere maskierte Männer in den Louvre eindrangen und das Diadem sowie weitere Kronjuwelen von „unschätzbarem kulturellem und historischem Wert“ stahlen.
Ein Stück verloren sie allerdings auf ihrer Flucht: die mit Smaragden und Hunderten Diamanten verzierte Krone der Kaiserin Eugénie. Sie wurde aber in der Nähe des Louvre beschädigt gefunden.
Dramatischer Wettlauf mit der Zeit
Für die Kunsthistorikerin, die unsere Leser regelmäßig in unserem Geschichte-Channel mit spannenden Storys durch die Jahrhunderte führt, ist die Sicherstellung der gestohlenen Kunstwerke ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit.
Die außergewöhnlichen historischen Juwelen, nach denen seit dem spektakulären Louvre-Coup gefahndet wird, haben ein rasantes Ablaufdatum. Denn sie sind in ihrem originalen Zustand sogar auf dem Schwarzmarkt unverkäuflich. Ihr Wiedererkennungswert ist zu groß. Sie sind sofort als Diebesgut zu erkennen und, natürlich, es läuft eine internationale Fahndung nach den Schmuckstücken. Wer sie kauft, macht sich der Hehlerei schuldig.
Die größten Smaragde und Saphire
Was Kronen und royale Diademe und Colliers für Räuber unter diesen schwierigen „Absatzbedingungen“ dennoch so interessant macht? Sie besitzen die größten Steine! Denn Kaiser und Könige mussten schließlich ihren Rang und ihren Status demonstrieren – und das taten sie vor allem über außergewöhnlichen Schmuck und die schiere Größe einzelner Edelsteine. Die Botschaft war klar: Nur die bedeutendsten Herrscher der Welt konnten die größten Edelsteine erwerben, die man der Erde entnehmen kann.
Die Louvre-Bande wusste genau, was sie am Sonntag an sich nahmen: Alleine mit den beiden Juwelensets von Kaiserin Marie-Louise und Königin Marie-Amélie haben die Diebe die größten Smaragde und Saphire, die in staatlichen Museen zu finden sind, gestohlen.
Die außergewöhnliche Größe ihrer Juwelen und Perlen wird den historisch einzigartigen Stücken aus dem Louvre jetzt zum Verhängnis. Denn sollte das Diebesgut nicht rasch gefunden werden, droht ihnen das gleiche Schicksal wie den anderen verschwundenen kaiserlichen und königlichen Juwelen: Die Kronen, Diademe und Sets werden zerlegt, die großen Juwelen in kleinere Steine geschliffen, die Goldfassungen eingeschmolzen und der „Materialwert“ verkauft. Damit werden auch sämtliche Spuren des Raubs verwischt. So geschah es bei vielen Schmuckstücken der russischen Zaren, die nach der Revolution außer Landes gebracht wurden und ebenso bei jenen Kostbarkeiten der Habsburger, die 1918 außer Landes gebracht wurden.
Zerschliffene Geschichte
Eine Tragödie ist es in doppelter Hinsicht: Nicht nur werden wohl außergewöhnliche Edelsteine in kleinere Einheiten geschliffen, um sie besser verkaufen zu können. Die historischen Schmuckstücke stehen auch für große französische – und österreichische – Geschichte. Etwa das Smaragd-Set von Kaiserin Marie-Louise: Es war ein Geschenk von Kaiser Napoleon I. an seine zweite Ehefrau, die Habsburgerin Marie-Louise. Die Heirat der beiden sollte auch den neuen Frieden zwischen Frankreich und Österreich absichern. Besiegelt wurde die neue französisch-österreichische Allianz mit einem besonderen Hochzeitsgeschenk: jener Smaragd-Garnitur, die aus dem Louvre gestohlen wurde.
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