Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass Frauen auch ohne medizinischen Grund ihre Eizellen zur Familienplanung einfrieren dürfen – ab 2027. Nun muss sich der VfGH noch mit dem Zugang von alleinstehenden Frauen zu künstlicher Befruchtung befassen. Die „Krone“ hat mit Reproduktionsmediziner Andreas Obruca über aktuelle Entwicklungen und Hürden bei der künstlichen Befruchtung gesprochen.
Bei dem sogenannten Social Egg Freezing geht es um das Einfrieren von Eizellen ohne medizinische Notwendigkeit. Bisher ist das laut dem Fortpflanzungsmedizingesetz in Österreich nur dann möglich, wenn eine Indikation vorliegt. Das trifft zum Beispiel auf Frauen zu, die nach einer onkologischen Erkrankung unfruchtbar sind. Die Methode der künstlichen Befruchtung ist teuer – etwa 4000 Euro pro Zyklus und 400 Euro für die Aufbewahrung jährlich. Eine Frau hat kürzlich den Verfassungsgerichtshof geklagt, weil Gesunde keinen Zugang haben und dies das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletze.
Am Dienstag wurde ihr recht gegeben, das bisherige Fortpflanzungsmedizingesetz sei unverhältnismäßig. Mit 1. April 2027 wird das „Social Egg Freezing“ erlaubt. Entscheide der VfGH positiv, sei eine Änderung des Gesetzes nötig, sagte wenige Tage zuvor auch Reproduktionsmediziner Andreas Obruca, der das Kinderwunschzentrum an der Wien leitet. In Ländern wie Spanien, Schweden oder Belgien ist das „Social Egg Freezing“ bereits erlaubt, in Frankreich übernimmt die Krankenkasse die Kosten. „Auch in Deutschland sind ,Social Egg Freezing‘ und die IVF für alleinstehende Frauen erlaubt.“
„Viele Hürden bei Eizellenspende“
Damit nimmt der Mediziner Bezug auf den zweiten Fall des Verfassungsgerichtshofs, bei dem die Entscheidung noch aussteht. 22 Frauen haben einen Individualantrag für den Zugang zu künstlicher Befruchtung für alleinstehende Frauen eingereicht. Diese sind in Österreich von Methoden wie der In-vitro-Fertilisation, bei der Eizellen und Spermien außerhalb des Körpers im Labor zusammengeführt werden, gesetzlich ausgeschlossen und weichen zum Teil ins Ausland für eine Behandlung aus.
Es ist einfach eine Diskriminierung, dass im Fortpflanzungsmedizingesetz ganz explizit steht, dass alleinstehende Frauen nicht behandelt werden. Das wollen wir ändern.

Dr. Andreas Obruca, Reproduktionsmediziner seit mehr als 30 Jahren
Bild: ANNA STOJAN
„Es ist einfach eine Diskriminierung, dass im Fortpflanzungsmedizingesetz ganz explizit steht, dass alleinstehende Frauen nicht behandelt werden. Das wollen wir ändern“, sagte eine der Antragstellerinnen zu Medien. Hier könne noch im Herbst eine Entscheidung folgen, sagt Obruca.
Überhaupt gebe es gesetzlich noch einige Hürden bei der künstlichen Befruchtung. So sei etwa die Eizellenspende in Österreich erlaubt, werde aber wegen der Rahmenbedingungen kaum durchgeführt. Dabei werden Eizellen einer Spenderin, die unter 30 Jahre alt sein muss, mit Sperma des Partners oder eines Spenders außerhalb des Körpers befruchtet und die Embryonen in die Gebärmutter der Patientin eingesetzt. Die Empfängerin, die unter 45 Jahre alt sein muss, wird die rechtliche Mutter.
Inzwischen wird vermittelt, dass eh alles möglich sei. Die Eizellenqualität ist mit über 40 Jahren aber nicht mehr so gut.
Andreas Obruca
Als Hürde sieht der Mediziner zum Beispiel, dass bis auf die Fahrtkosten hierzulande keine Aufwandsentschädigung für die Spenderin bezahlt werden darf. „Solche Beschränkungen gibt es sonst weltweit nirgends.“ Zudem sollten überzählige eingefrorene Embryonen freiwillig an Paare gespendet werden dürfen, diese müssen aktuell vernichtet werden.
„Kinderwunschpaare gehen nicht auf die Straße“
Während er hier Lockerungen fordert, sieht Obruca in anderen Bereichen der Reproduktionsmedizin die Notwendigkeit, mehr Kriterien gesetzlich zu definieren. Als Beispiel nennt er das Alter der Patientinnen für Eizellen- und Samenspenden, da diese in Österreich lebenslang verwendet werden dürfen, sprich sich eine Frau auch mit 60 Jahren noch künstlich befruchten lassen könnte. „Inzwischen wird vermittelt, dass eh alles möglich sei. Die Eizellenqualität ist mit über 40 Jahren aber nicht mehr so gut.“ Der IVF-Fonds, der Paare bei den Kosten der Behandlung unterstützt, endet bereits mit dem 40. Lebensjahr der Frau und dem 50. des Mannes. „Er deckt vieles ab wie Unfruchtbarkeit aufgrund von Endometriose und Hormonstörungen, aber idiopathische Sterilität nicht“, kritisiert Obruca.
Politikerinnen und Politiker würden oft keinen Bedarf sehen, sich mit künstlicher Befruchtung auseinanderzusetzen und die Rahmenbedingungen zu ändern. Oft werde gefragt, wen es denn überhaupt betreffe. „Paare mit Kinderwunsch haben noch keine Lobby, die auf die Straße geht. Dabei sind es so viele. Paare, die Kinder haben wollen, müssen unterstützt werden, auch nach der Geburt“, sagt der Leiter des Kinderwunschzentrums an der Wien.
Im aktuellen Regierungsprogramm ist eine Überarbeitung des Fortpflanzungsmedizingesetzes vorgesehen, dem muss die Regierung aufgrund der jüngsten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs nun auch nachkommen. In den vergangenen Jahren haben sich zudem immer mehr Vereine und Selbsthilfegruppen gegründet, die sich speziell an Paare mit unerfülltem Kinderwunsch richten.
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