Ein internationaler Haftbefehl wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine schränkt Wladimir Putins Bewegungsfreiheit massiv ein. Doch nun reist er bald für ein Treffen mit US-Präsident Donald Trump nach Ungarn. Ein Risiko für den Kremlchef?
Der Haftbefehl gegen Putin wurde am 17. März 2023 vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) mit Sitz in Den Haag erlassen. Er beruht auf dem begründeten Verdacht, dass Putin für Deportationen ukrainischer Kinder nach Russland verantwortlich sei. Der Haftbefehl gegen Putin ist der erste, mit dem ein Staatschef eines ständigen Mitglieds des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen gesucht wird.
Ungarn trat aus Strafgerichtshof aus
Bei seinem anstehenden Besuch in Ungarn muss sich Putin aber wohl keine Sorgen machen. Warum? Zum einen, weil Ungarn im heurigen April aus dem IStGH austrat. Für den Austritt gibt es allerdings eine Frist von einem Jahr nach der offiziellen Mitteilung. Außerdem hat das EU-Land dem russischen Präsidenten die Einreise für den geplanten Gipfel mit Trump in Budapest bereits offiziell zugesagt.
Orban: Budapest einziger Ort in Europa für ein Putin-Trump-Treffen
Ungarns Premier Viktor Orban betonte, die ungarische Hauptstadt sei „der einzige Ort in Europa, an dem ein solches Treffen stattfinden kann“. Er betonte Ungarns Einsatz für einen Frieden in Europa. Der nationalkonservative Regierungschef, der seit 2010 an der Macht ist, sagte, Ungarn habe sich als „loyaler Partner“ erwiesen und sei seinen Freunden „immer zur Seite gestanden“.
Ungarns Minister: Keine Abstimmung mit irgendjemandem erforderlich
„Wir erwarten auch Präsident Wladimir Putin mit Respekt“, ergänzte Ungarns Außenminister Peter Szijjarto. Ungarns Regierung garantiere dem russischen Präsidenten eine ungehinderte Ein- und Ausreise aus Ungarn sowie die erfolgreiche Durchführung seiner Verhandlungen. Hierzu sei keine Abstimmung mit irgendjemandem erforderlich, „da wir ein souveränes Land sind“, sagte der Minister weiter.
Termine für den Gipfel könnten nach einem für nächste Woche erwarteten Treffen der Außenminister der USA und Russlands besprochen werden.
Ungarn hat sich als loyaler Partner erwiesen und ist seinen Freunden immer zur Seite gestanden.
EU-Kommission begrüßt geplantes Putin-Trump-Treffen
Auch die EU selbst begrüßt das geplante Treffen, falls dies zum Frieden in der Ukraine beitragen kann. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüße „alle Schritte, die einem gerechten und dauerhaften Frieden dienen“, sagte Kommissionssprecher Olof Gill am Freitag in Brüssel. Die EU-Kommission stellte gleichzeitig klar, dass die Vermögen Putins und seines Außenministers Sergej Lawrow unter den EU-Sanktionen eingefroren seien. Es gebe aber kein Einreiseverbot für die beiden in die EU.
Deutsche Regierung betont: Ungarn muss sich an die Statuten halten
Kritik kommt jedoch aus Deutschland. Ungarn müsste sich bei einem möglichen Treffen nach Einschätzung der Bundesregierung an die Statuten des IStGH halten. Die Regierung in Budapest habe zwar ihren Austritt aus den Statuten des Gerichtshofs erklärt, dieser werde aber erst zum April nächsten Jahres gültig, betonte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Insofern bliebe Ungarn verpflichtet, den gegen Putin geltenden Haftbefehl bei einer Einreise des russischen Präsidenten zu vollstrecken. Ob es aufgrund der möglichen Friedensverhandlungen zwischen Trump und Putin Ausnahmen gebe, müsse Ungarn mit dem Strafgerichtshof klären, sagt der Sprecher weiter. Explizit geklärt sei dies in den Statuten nicht.
Das Römische Statut
Haftbefehle des Internationalen Gerichtshofs werden im Artikel 58 des Römischen Statuts (seit 2002 in Kraft) beschrieben. Länder, die das Römische Statut ratifiziert haben, sind verpflichtet, diesen Haftbefehl umzusetzen. In Österreich, Deutschland und vielen anderen Ländern würde Putin daher sofort verhaftet werden und an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgeliefert werden. Viele Länder haben das Römische Statut nicht unterzeichnet – andere Länder lehnen es sogar ab (z.B. USA, China, Israel, Russland).
Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ist ein Vertrag, der die Gründung und das Funktionieren des Internationalen Strafgerichtshofs regelt. Es wurde 1998 verabschiedet und trat im Jahr 2002 in Kraft. Viele Länder haben das Statut ratifiziert, aber es gibt auch einige, die es nicht getan haben.
125 Staaten sind dem Statut beigetreten (Stand Jänner 2025). Es handelt sich dabei um 33 afrikanische, 19 asiatisch-pazifische, 20 osteuropäische, 28 lateinamerikanische und karibische sowie 25 westeuropäische und andere Staaten.
31 Staaten unterzeichneten das Statut, ratifizierten es aber nicht. Von den 5 ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates ratifizierten die USA, Russland und China das Statut nicht.
Ratifizieren bedeutet, dass ein Staat einen bereits unterzeichneten internationalen Vertrag offiziell bestätigt und bindend macht – er verpflichtet sich, ihn einzuhalten. Und wieder andere Länder lehnen das Römische Statut sogar ab.
Länder, die das Römische Statut ratifiziert haben, sind verpflichtet, diesen Haftbefehl umzusetzen. In Österreich oder Deutschland würde Wladimir Putin daher sofort verhaftet werden und an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgeliefert werden.
Gergely Gulyas, der Stabschef Orbans teilte schon 2023 mit, dass Putin in Ungarn nicht verhaftet werden würde, da es für eine Vollstreckung des Haftbefehls keine rechtliche Grundlage gebe. Zwar habe Ungarn das Römische Statut unterzeichnet und ratifiziert; es sei aber nicht in das Rechtssystem des Landes integriert worden.
Putin wird in Ungarn nicht verhaftet, da es für eine Vollstreckung des Haftbefehls keine rechtliche Grundlage gibt.
Gergely Gulyas, der ungarische Stabschef von Premier Viktor Orban
In Kiew geht derweil die Angst um, dass ein Trump-Putin-Deal über die Zukunft der Ukraine über den Kopf des angegriffenen Landes hinweg entschieden wird. Trump hatte am Donnerstag angekündigt, er werde Putin in der ungarischen Hauptstadt treffen, um über ein Ende des Krieges in der Ukraine zu beraten.
Kreml: Treffen zwischen Trump und Putin in zwei Wochen möglich
Ein Treffen von Trump und Putin könnte nach Angaben des russischen Präsidialamtes frühestens in zwei Wochen oder später stattfinden. Der Kreml teilte mit, es gebe viele Details, die zuvor von den beiden Außenministern ausgearbeitet werden müssten.
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