Die Wichtigen können es sich richten: so ein Tenor nach dem glimpflichen Ausgang für den hochrangigen ÖVP-Politiker August Wöginger in einem Prozess um Postenschacher in einem Finanzamt. Experten analysieren.
Café Vindobona, 20. Wiener Bezirk. Seniorenstammtisch on fire. Schwache Politik, erbärmliche Justiz. Zuletzt erregte der Fall Wöginger wegen Postenschacher und „Freunderlwirtschaft“. Diversion für den ÖVP-Klubobmann. Ein pensionierter Arbeiter Mitte 70 sagt: „Der hat sich freigekauft. Wenn ich den treffe, lege ich ihm eine auf. Und zahl dann dafür. Auch wenn einer wie ich keine Diversion kriegt. Aber die Watschen nimmt ihm keiner mehr.“
Tatsächlich erregt die Causa nicht nur den Stammtisch. „Freunderlwirtschaft“ müsse ein Ende haben, sagen auch Justizvertreter und Strafrechtsprofessoren wie Robert Kert (WU Wien).
Eine österreichische Spezialität
Seit Ende des Zweiten Weltkrieges (und den blutigen Erfahrungen der Zwischenkriegszeit) teilten sich Sozialdemokraten und Christlichsoziale quasi das Land auf. Vom Hauswart bis zum Höchstrichter. „Das war auch zunächst durchaus sinnvoll“, sagen Historiker oder Juristinnen wie Bettina Knötzl. Sie ist Leiterin von Transparency International in Österreich und kämpft seit Jahren gegen diese Art der mit Augenzwinkern quittierten „Art der Korruption. So nenne ich das auch.“
Doch wie kann man dem beikommen? Eine konkrete Anfrage bei Professoren und Richtern bei einer Veranstaltung diese Woche im Justizpalast ergab einen Konsens, nämlich dass dies beseitigt werden sollte und dem Rechtsstaat schade.
„Schon in der Schule ansetzen“
Transparency hat einen Katalog erstellt. Und der Politik übermittelt. Bis jetzt – wenig überraschend – nichts umgesetzt. Zentrale Punkte: „Man muss schon in der Schule mit einem entsprechenden Ethikunterricht ansetzen. Und: Wenn Leute in politische Ämter kommen, ebenfalls.“ Generell sei es ein gesellschaftliches Problem. „In Deutschland etwa gibt es das nicht so stark, das liegt aber auch an der Enge Österreichs und der intensiven Vernetzung.“
„Wollen Sie, dass es in der Zeitung steht?“
In der hohen Politik müsse man besonders hohe Maßstäbe ansetzen. Auch müssten die Gehälter stimmen, will man gute Leute gewinnen. Und – ergänzt der Linzer Rechtsprofessor Meinhard Lusas: „Die Grenze bei politischer Ethik darf nicht das Strafrecht sein.“ Kollegin Knötzl: „Ich habe eine taugliche Frage für die Grenzen entwickelt: Würden Sie bei einer Postenentscheidung wollen, dass das am nächsten Tag in der Zeitung steht? Kommt die Antwort Nein, ist wohl alles klar.“
Die Diversion für Wöginger ist noch nicht rechtskräftig. Es meldete sich nun eine bei der Postenvergabe bei einem Finanzamt Übergangene mit einem Einwand gegen die Richterin. Übrigens: Eine Diversion für einen reinen Berufspolitiker zahlt letztlich der Steuerzahler. Im Fall von August Wöginger waren es knapp 50.000 Euro. Die hätte der „normale“ Bürger auch mal gerne so nebenbei.
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.