Der jüngste Femizid an einer Steirerin zeigt einmal mehr, wie dringend notwendig ein starkes Auftreten gegen Gewalt an Frauen ist. Vor allem am Land sind die Hürden für Betroffene immer noch hoch. „First Lady“ Doris Schmidauer traf eine mutige Frau, die der Gewaltspirale entkommen ist.
Stefanie wollte leben, entdecken, lieben. Doch die junge Influencerin ist tot – ermordet von dem Mann, der einmal ihr Partner war. „Gut heimgekommen“, lautete die letzte Nachricht, die von ihrem Handy wegging. Grotesk, wenn klar wird: Gerade das „Daheim“ im wahrsten und übertragenen Sinn des Wortes ist für viele Frauen kein sicherer Ort.
Jede dritte Frau ist statistisch gesehen in Österreich im Laufe ihres Lebens von körperlicher und bzw. oder sexueller Gewalt betroffen, weiß der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF).
Mit Stand 1. Dezember zählt der Dachverband von 16 heimischen Frauenhäusern heuer schon 15 Femizide und 34 Mordversuche bzw. Fälle schwerer Gewalt an Frauen; im Vorjahr waren es insgesamt 29 Femizide und 41 schwere Gewalttaten.
Frauen, die den ersten Schritt wagen, sind mutig! Und ich weiß von vielen, wie erleichtert sie waren, als sie erstmals in einem Frauenhaus durchatmen konnten.

„First Lady“ Doris Schmidauer
Bild: Attila Molnar
„Daheim“ ist es nicht sicher
Generell besteht beim überwiegenden Teil der Morde an Frauen ein Beziehungs- oder familiäres Verhältnis zwischen Täter und Opfer; oftmals ist es also der eigene Ex- bzw. Partner, der das Leben einer Frau beendet, bzw. ein anderes Familienmitglied.
Der heimischen Politik ist längst klar, dass das einfach nicht sein darf. Kürzlich – und damit nur wenige Tage, bevor Stefanies Leiche gefunden wurde – legte die Regierung den „Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen und Mädchen 2025 - 2029“ vor.
„Orange“ soll Zeichen setzen
Zeitlich war das freilich passend zur laufenden UN-Kampagne „Orange the World – 16 Tage gegen Gewalt an Frauen“, die auch bei uns jährlich vom „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ (25.11.) bis zum weltweiten „Menschenrechtstag“ (10.12.) mit verschiedenen Aktionen in den jeweiligen Ländern begangen wird.
„Dass das Zuhause für Frauen oft der Ort ist, an dem sie Angst haben müssen, dürfen wir niemals hinnehmen“, sagt dazu Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ), „jede Frau und jedes Mädchen verdient ein Leben ohne Gewalt. Es ist unsere Pflicht, alles dafür zu tun.“
Wir schauen zu oft nicht gut genug hin
Das stimmt. Und dennoch: Als Gesellschaft schauen wir nach wie vor weg bzw. viel zu oft auch nicht besser hin. Betroffene selbst schweigen – auch aus Angst, „nicht ernst genommen zu werden“, weiß AÖF-Geschäftsführerin Maja Markanović-Riedl.
Umso wichtiger ist es, gesamtgesellschaftlich auf das Thema aufmerksam zu machen, Frauen zuzuhören – und vor allem, ihnen zu glauben, wenn sie den Mut finden, sich jemandem anzuvertrauen.
Sich Hilfe holen heißt, Gewalt zu beenden und Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen. Wir alle müssen diese Unterstützung leicht zugänglich machen.

AÖF-Geschäftsführerin Maja Markanović-Riedl
Bild: Attila Molnar
Vom Mut zum ersten Schritt
„Wir sind alle gefordert, massiv gegen Gewalt aufzutreten und Betroffenen die nötige Unterstützung zu bieten“, betont auch „First Lady“ Doris Schmidauer bei einem Besuch im Frauenhaus im Bezirk Mistelbach (NÖ). „Frauen, die den ersten Schritt wagen, sind mutig!“, hebt Schmidauer hervor, „und ich weiß von vielen, wie erleichtert sie waren, als sie erstmals in einem Frauenhaus durchatmen konnten.“
Warum am Land alles noch härter erscheint
Vor allem am Land sind die Hürden für Betroffene noch hoch: „Die soziale Kontrolle ist enorm, jeder kennt jeden, und ein Polizeieinsatz bleibt kaum unbemerkt“, sagt Markanović-Riedl.
Und gerade hier tragen Frauen oft eine hohe Verantwortung in der Landwirtschaft, sind in Familienbetriebe eingebunden, haben jahrelang unbezahlte Care-Arbeit geleistet, zugleich haben Männer oft „wichtige“ Ämter bzw. Rollen in den Gemeinden inne.
„Das alles erschwert jeden Schritt in Richtung Veränderung“, macht die Geschäftsführerin auf die Probleme Betroffener im ländlichen Raum aufmerksam.
Wer um Hilfe fragt, sieht: Viele sind bereit, Erfahrungen zu teilen und zu helfen. Der Weg wird vielleicht nicht leicht. Aber glaube daran: Du bist es wert.
„Maria“ will anderen Betroffenen Mut machen
Dazu kommen weiters fehlende Infrastruktur, geringe Mobilität und Engpässe bei Betreuung und Pflege im Alter. Angesichts einer solchen scheinbar riesigen Hürde ist es umso wichtiger, Frauen zu stärken und zu ermutigen, sich Hilfe zu holen – „im nahen Umfeld bei Verwandten und Freundinnen oder durch professionelle Netzwerke und Hilfsangebote“, sagt Markanović-Riedl. „Unterstützung ist jederzeit möglich – und sie einzuholen, ist kein Zeichen von Schwäche.“ Ganz im Gegenteil.
„Maria“ berichtet: Er übernahm Kontrolle
Die Frau, die bei uns sitzt – nennen wir sie passend zum Advent doch schlicht „Maria“ – kennt das alles, halt es selbst durchlebt. „Zuerst habe ich gar nicht gewusst, wie mir geschieht“, erinnert sie sich, als ihr damaliger Partner anfing, immer mehr die Kontrolle zu übernehmen, sie als seinen Besitz zu betrachten, zu isolieren und einzusperren – und daran, als er sie letztlich auch verletzte. Da hatte sie gerade ein Kind auf dem Arm.
Das war der Punkt, an dem sie sich dank ihrer Freundin schließlich professionelle Hilfe und Unterstützung holte, ins Frauenhaus ging – und letztlich der Gewaltspirale entging.
Jetzt will sie Frauen Mut zusprechen und Betroffenen auf jeden Fall eines sagen: „Egal, welche Befürchtungen bestehen: Der erste Schritt ist wichtig, denn man hat keinen Vergleich, solange man nicht darüber redet.“
„Wer um Hilfe fragt, wird sehen, dass da viele Frauen sind, die Erfahrungen damit haben und bereit sind, diese zu teilen und anderen zu helfen“, so „Maria“: „Der Weg wird vielleicht nicht leicht. Aber glaube daran: Du bist es wert!“
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