„Krone“-Interview

Toby Whyle: „Ehrliche Songs ohne Schnickschnack“

Musik
24.10.2025 09:00

Vom Pop-Elektro-Experiment „A Night“ zurück zu ehrlichem Indie-Sound: Toby Whyle meldet sich mit neuem Album „Year By Year“ zurück. Mit der „Krone“ sprach der Wiener Musiker über Nostalgie, kreative Freiheit und darüber, warum kleine Fehler manchmal das Schönste an der Musik sind. Außerdem hat er für die jungen österreichischen Musiker einen ganz besonderen Tipp ... 

kmm

„Ich mache schon mein ganzes Leben lang Musik.“ Genau das war der erste Satz von Musiker Toby Whyle, als man ihn bat, sich kurz vorzustellen. Wir treffen den Wiener Künstler Tobias Grünzweil, besser bekannt als Toby Whyle, in einem stadtbekannten Café im Herzen der City - bei Kaffee und guter Stimmung spricht er offen über sein neues Soloalbum, seine Wurzeln und den Weg dazwischen.„Angefangen hat das als Kind, später dann professioneller mit meiner Band The Beth Edges – da war ich 16 oder 17. Seit 2020 bin ich mit meinem Soloprojekt unterwegs“, erzählt er. Mit seiner Band war er Teil der österreichischen Indie- und Rockszene, bevor er mit seinem Solo-Debüt „A Night“ (2022) in eine pop-elektronische Richtung ging. Nun meldet sich Toby mit einem neuen Werk zurück – „Year By Year“ 

Mit diesem Album kehrt er wieder zu seinen musikalischen Wurzeln zurück: „Analoge Sounds, organisches Spiel und der Fokus auf dem, was ich am meisten liebe – live zu musizieren.“ Doch woher der Sinneswandel? „Ich war in Linz auf einem Interpol-Konzert, und das hat mich total motiviert, soundmäßig wieder in diese Richtung zu gehen. Außerdem wollte ich wieder etwas Bodenständiges machen – ehrliche Songs ohne viel Schnickschnack. Es geht mir weniger darum, dass etwas pompös klingt, sondern dass der Song im Mittelpunkt steht.“

Davor in einer Band: seit 2020 versucht sich der Vollblut-Musiker Solo.
Davor in einer Band: seit 2020 versucht sich der Vollblut-Musiker Solo.(Bild: Sabis Wabis)

Retro und persönlich
Wer einen Blick auf das Cover des neuen Albums wirft, merkt schnell: Es ist schlicht, aber voller Bedeutung. Dunkle Töne dominieren, in der Mitte leuchtet ein pinker Farbklecks mit der Aufschrift „Year By Year“. Darauf zu sehen: ein nostalgisches Handy – ohne Kamerafunktion, ohne Schnickschnack. Ein bewusst reduziertes, fast schon retro anmutendes Motiv, das perfekt zum Albumkonzept passt – ehrlich, direkt, ohne Ablenkung. Der Titel selbst klingt ziemlich retro und wir wollen wissen, wie dieser entstanden ist: „Viele Songs auf dem Album sind über mehrere Jahre hinweg entstanden. Manche lagen schon lange als Demos herum, und irgendwann passten sie einfach, genau das beschreibt eben der Platten-Titel.“ Also, quasi eine Entwicklung über die Zeit sowohl musikalisch als auch persönlich? „Ja, ich merke, dass ich mit den Jahren entspannter geworden bin und lasse Dinge einfach passieren. Auch das spiegelt sich darin wider – es ist nicht perfekt, manche ‚Fehler‘ sind absichtlich drin geblieben, weil sie echt sind.“

Seinen Fans möchte Toby mit „Year By Year“ vor allem eines mitgeben: sich wieder mehr Zeit für Musik zu nehmen – und weniger Zeit in sozialen Netzwerken zu verlieren. „Alles ist heute so schnelllebig. Vielleicht kann ein Album wie meines ein kleiner Anstoß sein, wieder bewusst hinzuhören, innezuhalten, sich hinzusetzen und einfach Musik zu genießen“, sagt er. Für den warmen, organischen Sound des Albums ist Produzent und Schlagzeuger Lukas Klement verantwortlich – dieser arbeitete bereits mit Künstlern wie Conchita Wurst, Julian Le Play oder Mathea zusammen. Durch seine Erfahrung als Live-Musiker legt Klement großen Wert darauf, dieses Bühnengefühl auch auf der Platte zu transportieren. „Wir haben mit echten Instrumenten gearbeitet und versucht, alles atmen zu lassen. Oft reicht schon eine Gitarre oder eine Orgel, um Atmosphäre zu schaffen. Es ging uns darum, dass das Album ehrlich klingt – so, als wäre man direkt im Raum dabei.“

Acht Fun Facts über Toby Whyle

  • Mein Lieblingsfach in der Schule war:
    Englisch und Zeichnen
  • Wenn ich eine Eissorte wäre, dann wäre ich:
    Himbeere
  • Ich bin in drei Worten:
    Kreativ, neugierig und ungeduldig
  • Musik ist für mich:
    Mein Wegbegleiter
  • Diesen Film könnte ich mir immer wieder ansehen:
    „Oh Boy“ mit Tom Schilling. Der Film hat mich total beeindruckt – von der Ästhetik bis zur Stimmung.
  • Pizza mit Ananas oder mit Feigen?
    (lacht) Eigentlich bin ich eher schlicht unterwegs, aber wenn ich mich entscheiden muss – dann Ananas.
  • Diese Boy- oder Girlband habe ich als Kind gefeiert:
    All Saints – die fand ich richtig cool.
  • Mein Survivalpaket auf einer einsamen Insel enthält:
    Kopfhörer, ein Musikinstrument, etwas zum Kaffee machen, ein Notizbuch – und, ganz pragmatisch, ein Messer.

Das Klavier: eine Hassliebe
Auch Toby liebt es, live auf der Bühne zu stehen und zu spielen – immerhin ist er nach wie vor leidenschaftlicher Gitarrist. Ein Instrument hat ihn allerdings anfangs weniger begeistert, obwohl es ihm heute in vielerlei Hinsicht hilft. „Ich hatte als Kind Klavierunterricht, war aber nie besonders gut darin. Heute sehe ich das anders – das Klavier ist ein unglaublich dynamisches Instrument. Auch wenn ich technisch nicht fit bin, schreibe ich oft am Klavier, weil man dort ganz andere Melodien und Emotionen findet.“ Bei so viel musikalischem Feingefühl bleibt die Frage: Welcher Song ist für Toby der persönlichste auf „Year By Year“? „Cold Fingertips. Das war einer der ersten Songs, die ich Lukas vorgespielt habe – und für mich so etwas wie das Herzstück des Albums. Er vereint den Sound, die Melancholie und die Energie, die das ganze Projekt ausmachen. Außerdem war es die erste Single – das verbindet man natürlich mit vielen Erinnerungen. Live merke ich aber trotzdem, dass sich Lieblingssongs ändern.“

Welcher Song am Ende wirklich sein absoluter Favorit ist, wird sich wohl erst nach seiner Support-Tour zeigen. Denn derzeit ist der Sänger nicht nur mit dem Release seines Albums beschäftigt, sondern auch mit der Band Yukno in Deutschland unterwegs – und wird mit ihnen auch in Österreich auf der Bühne stehen, unter anderem am 30. Oktober in Wien. Tickets gibt’s unter www.oeticket.com. Doch wie kam es eigentlich dazu, dass er mit Yukno auf Tour geht? „Ich kenne die Jungs schon lange und bin ein riesiger Fan ihrer Musik. Als sie ihre Tour angekündigt haben, habe ich ganz frech gefragt, ob ich supporten darf – und sie haben Ja gesagt“, erzählt Toby lachend. Auf Tour zu gehen, ist für ihn etwas Magisches – nichts kommt dem gleich. „Die Menschen, die Orte, das gemeinsame Erleben. Klar, Touren ist anstrengend, mit langen Fahrten und wenig Schlaf. Aber sobald man auf der Bühne steht, ist alles vergessen – und ich liebe es.“

Nicht zu perfekt
Bei so viel Energie und Euphorie auf Tour bleibt natürlich auch der ein oder andere kleine Patzer nicht aus und wie würde denn ein Toby Whyle mit solchen Momenten auf der Bühne umgehen? „Früher habe ich versucht, das zu überspielen. Heute nehme ich’s mit Humor. Fehler passieren jedem – und oft sind es gerade diese Momente, die ein Konzert besonders machen. Wenn alles zu perfekt ist, wird’s langweilig. Ich finde es schön, wenn etwas Menschliches drin bleibt.“
Eine spannende Aussage – denn früher wollte er alles ganz genau machen. Perfektionismus war lange Zeit seine größte Stärke, gleichzeitig aber auch die größte Hürde. Heute sieht er das entspannter. „Ich war lange sehr perfektionistisch, habe viel geplant und über Dinge nachgedacht. Mittlerweile versuche ich, das lockerer zu sehen und gehe die meisten Sachen in meinem eigenen Tempo an.“

Keine Angst, Fehler zu machen
Wie viele andere Musiker gehört auch Toby Whyle zu jenen, die ihren Weg über viele Jahre hinweg Schritt für Schritt gegangen sind – mit Höhen, Tiefen und einer klaren Vision im Gepäck. Heute steht er an einem Punkt, an dem er seinen Sound gefunden hat: ehrlich, geerdet und mit einem wachen Blick auf das, was rund um ihn passiert. „Ich finde, Österreich ist ein großartiges Land für Musik. Die Szene ist klein, aber sehr stark – man unterstützt sich gegenseitig, es gibt viele kreative Köpfe und es ist ein guter Ort, um kreativ zu sein.“ Und was möchte er jungen Musikern mitgeben, die gerade am Anfang stehen? „Macht Musik, probiert euch aus und habt keine Angst, Fehler zu machen. Das Wichtigste ist, sich auf das eigene Gefühl zu verlassen.“

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