„Wir sind verloren“

Aufregung um KI-Schauspielerin Tilly Norwood

Society International
01.10.2025 11:48

Die Aufregung in Hollywood um die KI-generierte „Schauspielerin“ Tilly Norwood, die am Samstag auf einer Filmkonferenz in Zürich vorgestellt wurde, hat scharfe Reaktionen von Hollywoodstars sowie der Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA hervorgerufen, die das Ersetzen menschlicher Darsteller verurteilte. 

Die in einem 20-sekündigen Parodie-Video präsentierte fotorealistische Figur ist etwa 20 Jahre alt und sieht keiner realen Berühmtheit besonders ähnlich.

Die niederländische Schauspielerin und Produzentin Eline Van der Velden, deren in London ansässiges KI-Produktionsstudio Particle6 Tilly Norwood entwickelt hat, hatte während ihrer Präsentation auf dem Zurich Summit gesagt, dass das Projekt langsam Aufmerksamkeit seitens der Filmstudios errege.

„Das ist sehr, sehr beunruhigend“
Im Interview mit dem Magazin „Variety“ wurden Emily Blunt die Aufnahmen der KI-generierten Schauspielerin Tilly Norwood bereits gezeigt. „Das ist KI? Meine Güte, wir sind verloren. Das ist sehr, sehr beunruhigend“, sagte die 42-Jährige daraufhin entsetzt.

Emily Blunt zeigte sich in einem Interview entsetzt über die KI-Schauspielerin.
Emily Blunt zeigte sich in einem Interview entsetzt über die KI-Schauspielerin.(Bild: AP/Chris Pizzello)

Ob sie diese Nachricht enttäusche? „Ich weiß gar nicht, wie ich das beantworten soll, außer zu sagen, wie erschreckend das ist“, so die Schauspielerin. An Schauspielagenturen richtete sie ein Appell: „Bitte, Agenturen, tut das nicht. Bitte hören Sie auf. Hören Sie auf, unsere menschlichen Verbindungen zu kappen.“

„Kreativität sollte weiterhin menschenzentriert sein“
Die Sorge, dass Hollywood-Schauspieler und -Autoren durch KI-generierte Drehbücher und Darsteller ausgebeutet oder sogar verdrängt werden könnten, war auch ein wichtiges Thema bei den jüngsten Vertragsverhandlungen der SAG-AFTRA mit Studios und Streaming-Diensten. Computergenerierte Bilder sind in der Film- und Fernsehbranche nichts Neues, und in jüngerer Zeit sind KI-gestützte Softwareprogramme für verschiedene Effekte auf den Markt gekommen, darunter die „De-Aging“-Technologie, mit der Schauspieler jüngere Versionen ihrer selbst darstellen können.

  Die Fähigkeit, eine menschliche Filmdarbietung in Spielfilmlänge mit KI-Doubles überzeugend nachzubilden, wird jedoch noch als weit entfernt angesehen. Dennoch löste die Aussicht, dass Talentagenten plötzlich Interesse an KI-geschaffenen Figuren zeigen könnten, eine schnelle Verurteilung durch die SAG-AFTRA aus, die 160.000 Schauspieler, Sprecher, Musiker, Stuntmen und andere Kreative vertritt. „Kreativität ist und sollte auch weiterhin menschenzentriert sein“, erklärte die Gewerkschaft in einer Stellungnahme. „Die Gewerkschaft lehnt den Ersatz menschlicher Darsteller durch synthetische Figuren ab.“

Tilly Norwood auch auf Social Media
Das Parodie-Video, das erstmals im Juli erschien, umfasst insgesamt 16 KI-generierte Charaktere. Aber Tilly Norwood – eine gewinnende Figur mit schulterlangen braunen Haaren, braunen Augen, britischem Akzent und eigenem Social-Media-Profil – war der Star.

Auf Social Media zeigt sich Tilly Norwood etwa in einem Casting-Video:

In einem weiteren Beitrag, der der Figur zugeschrieben wird, heißt es: „Ich mag zwar KI-generiert sein, aber ich empfinde gerade sehr reale Emotionen. Ich bin so gespannt auf das, was als Nächstes kommt!“

„Um es klar zu sagen: ,Tilly Norwood‘ ist keine Schauspielerin“, erklärte die Gewerkschaft in ihrer Stellungnahme. „Es handelt sich um eine Figur, die von einem Computerprogramm generiert wurde, das mit den Werken unzähliger professioneller Darsteller trainiert wurde – ohne deren Zustimmung oder Vergütung.“

Die nächste Scarlett Johansson?
Van der Velden versuchte, diese Bedenken in einer Instagram-Nachricht zu zerstreuen, indem sie erklärte, Tilly Norwood sei „kein Ersatz für einen Menschen, sondern ein kreatives Werk – ein Kunstwerk. Wie viele Kunstformen vor ihr regt sie Diskussionen an, und das allein zeigt schon die Kraft der Kreativität.“ In einem Interview mit der Zeitschrift Broadcast International im Juli hatte sich Van der Velden provokanter geäußert und wurde mit den Worten zitiert: „Wir wollen, dass Tilly die nächste Scarlett Johansson oder Natalie Portman wird, das ist das Ziel unserer Arbeit.“

Nicht jeder ist davon überzeugt, dass Tilly Norwood ein solches Potenzial hat. Yves Bergquist vom Entertainment Technology Center der University of Southern California bezeichnete den Rummel als „Unsinn“. „Es gibt eine Menge verständlicher Nervosität und Angst davor, dass Talente ersetzt werden“, sagte er. Aber seiner Erfahrung nach hätten „seriöse Leute“ aus der Branche keinerlei Interesse daran, vollständig synthetische Charaktere zu entwickeln. „Scarlett Johansson hat eine Fangemeinde. Scarlett Johansson ist eine Person.“

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