„Österreich-Aufschlag“

Lebensmittel zu teuer: ÖVP plötzlich im Kreuzfeuer

Innenpolitik
14.08.2025 13:13

Die teuren Lebensmittel erhöhen aktuell den politischen Druck auf die heimische Regierung. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer fordert nun in einem Brief, dass die EU-Kommission schneller gegen die steigenden Preise vorgehen soll. Doch österreichische Vertreter sollen in einer EU-Sitzung gegen Eingriffe argumentiert haben.

In Österreich sind Lebensmittel teurer als in anderen Ländern der EU. Noch heuer soll die Kommission in Brüssel einen Gesetzesvorschlag vorlegen, um diesen „Österreich-Aufschlag“ zu verbieten. Das fordert Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) jetzt auch in einem Brief an die zuständige EU-Kommissarin Teresa Ribera.

Doch Österreich-Vertreter des Wirtschaftsministeriums sehen das offenbar anders: Sie mahnten eher zu Zurückhaltung bei Maßnahmen zur Regulierung, wie „Standard“ und ORF berichteten. Aus österreichischer Sicht „gebe es aufgrund der Themenkomplexität und schwierigen Problemdefinition keine universelle Lösung“, heißt es in einem Ausschnitt eines Sitzungsprotokolls einer EU-Ratsgruppe am 16. Juni, das auch der APA vorliegt.

Es stelle sich die Frage, wie ungerechtfertigte territoriale Lieferbeschränkungen definiert werden könnten – „daher seien neue Regulierungsmaßnahmen nicht zielführend“, sollen die Beamten ihren europäischen Kollegen mitgeteilt haben.

Der „Österreich-Aufschlag“

  • Territoriale Lieferbeschränkungen werden hierzulande oft „Österreich-Aufschlag“ genannt.
  • Damit ist gemeint, dass manche Konzerne den Groß- und Einzelhändlern vorschreiben, in welchem Land sie ihre Produkte kaufen bzw. weiterverkaufen dürfen. Das führt zu enormen Unterschieden.
  • Warum? Konzerne bieten ihre Produkte in unterschiedlichen Ländern zu unterschiedlichen Preisen an. Das führt dazu, dass vor allem in kleineren EU-Ländern die Produkte im Supermarkt teurer sind.
  • Laut Zahlen der EU-Kommission entgehen europäischen Verbrauchern dadurch jährlich Ersparnisse von 14 Milliarden Euro.

Aufregung um widersprüchliche Vorgänge
Der Handelsverband springt Hattmannsdorfer zur Seite: „Wir begrüßen, dass der Wirtschaftsminister als Teil der Bundesregierung den dringenden Handlungsbedarf erkannt hat und sich auf EU-Ebene für ein zeitnahes Verbot und damit ein klares Gesetz ausspricht“, reagierte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Die Diskussion zeige, dass der Handel „nicht Verursacher, sondern selbst Betroffener der Teuerung“ sei.

Die Medienberichte über Österreichs Bremse auf EU-Ebene rufen allerdings die Gewerkschaften auf den Plan. „Will er die Preislawine stoppen oder nicht?“, fragt ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth per Aussendung in Richtung Hattmannsdorfer. „Es braucht vollen Einsatz Österreichs im Kampf gegen Preisaufschläge“, fordert auch die GPA-Vorsitzende Barbara Teiber.

Zitat Icon

Will er die Preislawine stoppen oder nicht?

ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth

Hattmannsdorfer verwehre sich dagegen, dass die österreichische Position infrage gestellt werde, nur weil Beamte „verschiedene rechtliche Optionen prüfen und auf die Nutzung bestehender Instrumente (...) verweisen“. Österreich Position sei „glasklar und war es immer“, so Hattmannsdorfer. Der jetzige Brief nach Brüssel verdeutliche jedenfalls den aktuellen Standpunkt der österreichischen Regierung, hieß es aus dem Ministerium.

Die stellvertretende Klubobfrau der Grünen, Sigi Maurer, sprach von einer „Verhöhnung der österreichischen Bevölkerung“. „Während die Regierung in Wien so tut, als würde sie arbeiten, macht sie in den EU-Gremien das Geschäft der Lobbyisten“, monierte die Oppositionspolitikerin, die auch SPÖ und NEOS in der Pflicht sieht, die Vorgänge aufzuklären.

„Ich gehe davon aus, dass Minister Hattmannsdorfer in seinem Ministerium für Klarheit sorgt“, sagt SPÖ-Klubobmann Philip Kucher. „Was in Österreich versprochen wird, muss dann auch in Verhandlungen in Brüssel gelten“. Auch für die SPÖ-EU-Abgeordneten Evelyn Regner und Elisabeth Grossmann gehören die Beschränkungen „ersatzlos verboten“.

Für den NEOS-Wirtschaftssprecher Markus Hofer wäre es „unverständlich, wenn hier (beim Verbot von Lieferbeschränkungen; Anm.) gebremst wird“, schreibt er in einem Statement.

Keine Rede von Gesetzesvorschlag
Der ÖVP-Minister und die Chefin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Natalie Harsdorf, bedauern in ihrem gemeinsamen Brief, dass die finale Version der sogenannten Binnenmarktstrategie der EU-Kommission deutlich abgeschwächt wurde.

Bis Ende 2026 will die EU-Kommission lediglich Werkzeuge erarbeiten, mit denen solche ungerechtfertigten Lieferbeschränkungen bekämpft werden sollen. Von einem Gesetz dagegen ist jedoch keine Rede mehr.

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