Bei einer dreitägigen „Arbeitsklausur“ ließen es sich bekanntlich 250 Kassenchefs in einem Salzburger Luxushotel samt Golfklub und Wellnessoase so richtig gut gehen. Trotz Riesendefizit und Sparpaket bei Patienten. Nach einer parlamentarischen FPÖ-Anfrage stehen jetzt die Kosten fest: knapp 260.000 Euro Steuergeld!
Nachdem die „Krone“ den Ausflug von Österreichs Top-Managern der finanziell angeschlagenen Gesundheitskasse ins schöne Saalfeldener Vier-Sterne-Superior-Hotel Gut Brandlhof im Frühjahr aufgedeckt hatte, gingen die Wogen nicht nur bei unserer großen Leser-Familie gehörig hoch.
Den Bericht über das Luxus-Seminar in Salzburg nahm die FPÖ als Anlass für eine parlamentarische Anfrage an das SPÖ-geführte Sozial- und Gesundheitsministerium. Und die Antworten werden wohl nicht zur Beruhigung beitragen.
Mehr als 30.000 Euro zusätzlich für Bühnentechnik
In der Einleitung wird gleich festgestellt, dass die Sozialversicherungsträger als Selbstverwaltungskörper „das Recht haben, ihre Aufgaben in eigener Verantwortung und weisungsfrei zu besorgen“. Der Bund habe lediglich ein Aufsichtsrecht, beschränkt auf wichtige Fragen, und dürfe nicht „unnötig in das Eigenleben eingreifen“.
Jetzt zu den Zahlen: Die dreitägige Arbeitsklausur der ÖGK-Führungskräfte verursachte insgesamt Kosten für Übernachtung und Verpflegung in der Höhe von 219.349,58 Euro. Hinzu kommen Kosten für externe Dienstleister wie 30.300 Euro für Bühnen- und Medientechnik und 8.820 Euro Projektbegleitung.
Das ist an Arroganz und Realitätsverlust nicht mehr zu überbieten. Während kranke Menschen auf lebenswichtige MRT-Termine warten müssen, gönnen sich 250 ÖGK-Bosse einen Luxus-Aufenthalt in einem Wellnesshotel.
FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz
Bild: APA/HANS KLAUS TECHT
Gesamt also knapp 260.000 Euro. Damit kostete also jeder der 250 Kassenchefs auf Wellness-Ausflug dem Steuerzahler mit unseren Pflichtbeiträgen durchschnittlich mehr als 1000 Euro! Und warum konnte das Seminar in Zeiten wie diesen nicht online stattfinden? Die Auskunft aus dem Ministerium: Es sei strategisch sinnvoller, dass einmal im Jahr alle Führungskräfte persönlich zusammentreffen.
Teambuilding mit Bobbycars und „Pendeltruppe“
Aus datenschutz- und wettbewerbsrechtlichen Gründen könne das Ministerium übrigens über allfällig eingeholte Vergleichsangebote keine Auskunft geben. Allerdings wird festgehalten, „dass sich alle Hotels in der gleichen Preisklasse befunden haben“.
Und inwiefern rechtfertigt ein Bastelworkshop mit Bobbycars, Luftballons und Gruppennamen wie „Pendeltruppe“ oder „Mission Impossible“ den Aufwand und die Kosten des Seminars? Kuriose Antwort: Die ÖGK verwehre sich entschieden gegen Ausdrücke wie „Bastelworkshop“ und „infantile Spielereien“. Vielmehr wurde die Teambuilding-Aktivität bewusst neben den inhaltlichen Arbeitspunkten als Bestandteil der Klausur eingeplant. Außerdem seien für die kleinen Laufkinder-Autos keine zusätzlichen Kosten angefallen.
Das heurige Seminar der Kassenchefs ist übrigens nicht das erste seiner Art. Auch in den vergangenen vier Jahren fanden ähnliche „Arbeitsklausuren“ statt. Immer mit jeweils mehr als 200.000 Euro Kosten! Am teuersten war es für den Steuerzahler mit fast 272.000 Euro im vergangenen Jahr.
Die Freiheitlichen reagieren jedenfalls empört: „Das ist an Arroganz und Realitätsverlust nicht mehr zu überbieten. Ein Skandal sondergleichen und der ultimative Beweis für die Dekadenz im schwarz-rot dominierten System der Gesundheitskasse. Während kranke Menschen auf lebenswichtige MRT-Termine warten müssen“, wettert FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.
„Kassenchefs ohne Bezug zur Realität“
Die ÖGK-Spitze haben jeglichen Bezug zur Realität verloren. Die Rechtfertigung sei der reinste Hohn. Laut dem blauen Granden wäre „das keine strategische Klausur, um die Probleme eines maroden Gesundheitssystems zu lösen, sondern ein teuer bezahlter Betriebsausflug.“
Auch FPÖ-Behindertensprecher Christian Ragger, der die Anfrage stellte, reagiert empört und übt heftige Kritik: „Diese Summe ist für behinderte Menschen und deren Angehörigen ein Schlag ins Gesicht. Diese Regierung kürzt die Mittel im Budget um 40 Millionen Euro und stoppt auch die Valorisierung des Pflegefonds.“
Der Ausflug ins Wellness-Ressort müsse jedenfalls Konsequenzen haben. Einhelliger abschließender Tenor der beiden Spitzenpolitiker: Das System ist krank, die Funktionäre leben in einer abgeschotteten Welt, weit weg von den Sorgen und Nöten der Menschen.
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