Nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Polizei in der Hauptstadt Washington unter Bundeskontrolle zu stellen, formiert sich heftiger Widerstand. Dieser Schritt sei „beunruhigend und beispiellos“, erklärte die Bürgermeisterin, Muriel Bowser. Stadtbewohner machen ihrem Unmut mit Plakaten und durch das Schlagen auf Töpfe Luft. Trump hat indes schon die nächste US-Stadt im Visier.
Bowser widersprach Trumps Darstellung, Washington werde „von gewalttätigen Banden und blutrünstigen Kriminellen, umherziehenden Horden gewalttätiger Jugendlicher, drogenabhängigen Wahnsinnigen und Obdachlosen überrannt“. Sie verwies auf einen Abwärtstrend bei der Zahl der Kriminalitätsvorfälle seit einem Anstieg im Jahr 2023.
Stadtchefin „nicht völlig überrascht“
„Obwohl diese heutige Aktion beunruhigend und beispiellos ist, kann ich angesichts der Rhetorik der Vergangenheit nicht sagen, dass wir völlig überrascht sind“, sagte Bowser. „Ich kann den Einwohnern von Washington D.C. sagen, dass wir unsere Regierung weiterhin auf eine Weise führen werden, die Sie stolz machen wird.“ Sie wolle nun ein „komplettes Desaster“ verhindern.
Auch die Stadtbevölkerung zeigte ihre Verärgerung über die Maßnahme. Auf einer beliebten Ausgehmeile in der Innenstadt blockierten einige Dutzend Demonstranten zeitweise den Verkehr. Größere Proteste gab es zunächst aber nicht, am Abend blieb die Lage weitgehend ruhig.
Demonstrantin: „Es ist hier sicher“
„So sieht Faschismus aus“, rief eine Teilnehmerin der Demo in der Innenstadt übers Megafon. Eine andere sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie wolle Solidarität mit ihrer Stadt zeigen – Washington habe kein Problem mit Kriminalität. „Ich bin Tag und Nacht unterwegs. Es ist hier sehr sicher“, erklärte Robyn Galbraith. Trump suche nur einen Vorwand, um von schlechten Umfragewerten und innenpolitischen Problemen abzulenken, sagte die pensionierte Lehrerin. Ihren Kindern drohe ein Leben unter „einem autoritären Regime“.
Trump droht auch mit Maßnahmen in Chicago
Trump hingegen hat bereits die nächste Stadt im Visier, bei der er sich ein solches Manöver vorstellen kann. „Wenn es nötig ist, werden wir dasselbe in Chicago tun, das eine Katastrophe ist. Wir haben dort einen Bürgermeister, der völlig inkompetent ist“, sagte er bei einer Pressekonferenz.
Angeblich hohe Kriminalität als Vorwand
Trump hatte am Montag per Dekret angeordnet, dass die Polizei im Hauptstadtbezirk Washington wegen angeblich ausufernder Kriminalität vorerst unter den Befehl von Justizministerin Pam Bondi gestellt wird. Außerdem sollten zunächst 800 Soldaten der Nationalgarde zum Einsatz kommen. Bei Bedarf will Trump noch mehr Einsatzkräfte mobilisieren, um – so die offizielle Begründung – die öffentliche Sicherheit in der Hauptstadt wiederherzustellen. Der Fall erinnert an den heftig umstrittenen Einsatz von Soldaten auf den Straßen der Westküstenmetropole Los Angeles im Juni, ist rechtlich aber anders gelagert.
Medien sprechen von Novum in der US-Geschichte
Trump behauptet, die örtliche Regierung der US-Hauptstadt habe die Kontrolle über die Sicherheit verloren. Er stützt sein ungewöhnliches Dekret auf ein Gesetz namens „Home Rule Act“, das im Notstand die Polizei in Washington unter Bundeskommando stellt – und sagt Sätze wie: „Wir werden unsere Hauptstadt zurückerobern.“ US-Medien zufolge ist es das erste Mal, dass ein Präsident die Polizei in Washington unter Bundeskontrolle bringt.
Laut dem US-Sender CNN schien es vor Trumps Ankündigung nur wenig Abstimmung mit der demokratischen Bürgermeisterin Muriel Bowser gegeben zu haben. Unklar sei deshalb auch, wie genau das Zusammenspiel zwischen lokalen und Bundesbehörden funktionieren solle.
Einsatz maximal 30 Tage ohne Kongresszustimmung
Der US-Präsident darf die lokale Polizei von Washington zunächst bis zu 48 Stunden unter Bundeskontrolle stellen, bevor er das Parlament informieren muss. Ohne Zustimmung beider Kongresskammern – Senat und Repräsentantenhaus – kann es höchstens 30 Tage dabei bleiben. Danach ist eine Abstimmung erforderlich. Das Parlament ist allerdings gerade in der Sommerpause, weshalb wohl eine Sonderregelung greifen dürfte, die Trump etwas mehr Zeit verschafft.
Polizeistatistiken widersprechen Trumps Darstellung
Im Dekret wird ferner als Argument aufgeführt, dass es im Bundesdistrikt Washington „eine der höchsten Raub- und Mordraten unter den Großstädten des Landes“ gebe.
Ein Blick auf die Kriminalitätsstatistik der örtlichen Polizei zeigt indes einen Rückgang der gemeldeten Delikte. Demnach sank die Zahl der Gewaltverbrechen bis Anfang August dieses Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum um gut ein Viertel. Die Gesamtzahl aller Delikte ging um sieben Prozent zurück. Auch zwischen 2023 und 2024 nahm die Zahl der gemeldeten Verbrechen ab. Laut der Staatsanwaltschaft des Hauptstadtbezirks war 2024 das Jahr mit den wenigsten Gewaltverbrechen seit 30 Jahren.
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