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Virtuelle Beauty-Polizei befeuert Essstörungen

Leben
13.05.2025 07:02

Zwischen 2019 und 2023 stieg die Häufigkeit der schwerwiegenden Essstörungen bei zwölf- bis 17-jährigen Mädchen um beinahe 50 Prozent. Schon Zehen können laut „Schönheitstrends“ und virtueller Beauty-Polizei in sozialen Medien „stark übergewichtig“ sein oder als Makel gelten.

Unter den 90.300 Mädchen und Burschen im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren der Versicherten der deutschen Krankenkasse wurde in den vergangenen Jahren bei den jungen Frauen eine drastische Zunahme der ärztlichen Diagnosen bezüglich Magersucht, Bulimie und Binge Eating mit exzessiven Essattacken festgestellt.

  • Die Fälle von Magersucht, Bulimie und Binge Eating haben bei zwölf- bis 17-jährigen Mädchen besonders stark zugenommen: „Vom Vor-Corona-Jahr 2019 bis 2023 von 101 auf 150 Fälle pro 10.000 Versicherte. Ein Plus von fast 50 Prozent.
  • In keiner anderen Alters- und Geschlechtergruppe war der Anstieg innerhalb des Beobachtungszeitraums derart groß. Zum Vergleich: Bei den gleichaltrigen Burschen stagnierte die Zahl der Betroffenen im selben Zeitraum nahezu (plus etwas mehr als vier Prozent).
Harte Daten zu Magersucht, Bulimie und Binge Eating einer landesweiten deutschen Krankenkasse beweisen den Zusammenhang zwischen Selbstoptimierungs-Zwängen, Social-Media-Plattformen und Gesundheitsproblemen.
Harte Daten zu Magersucht, Bulimie und Binge Eating einer landesweiten deutschen Krankenkasse beweisen den Zusammenhang zwischen Selbstoptimierungs-Zwängen, Social-Media-Plattformen und Gesundheitsproblemen. (Bild: FotografDD (Symbolbild))

Influencer gaukeln Perfektion vor
Für die Psychologin Franziska Klemm sind die auf Social-Media-Plattformen propagierten Bilder und Videos ein wesentlicher Faktor, welcher die Entwicklung anheizt. „In den zahllosen TikTok- und YouTube-Videos erzählen schlanke, schöne Frauen von ihrer ‘Reise zum Idealkörper‘, dokumentieren, wie sie ihre Morgen- und Abendroutinen mit gesunder Ernährung, Achtsamkeitspraktiken und viel Sport optimieren, um zur perfekten Version ihrer selbst zu werden.“

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In einer Lebensphase, in der die eigene Identität noch nicht gefestigt und das Selbstwertgefühl oft nur schwach ausgeprägt ist, können übersteigerte Ansprüche an das eigene Aussehen zu einer großen Belastung werden. Je intensiver die Nutzung sozialer Medien ist, desto größer ist auch das Risiko für eine Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und damit verbundene Essstörungen.

KKH-Psychologin Franziska Klemm

Außerdem prangert die virtuelle Beauty-Polizei immer wieder neue Schönheitsmakel an – etwa zu runde, volle Gesichter (‘Cortisol Face‘) oder gar ‘übergewichtige große Zehen‘ (‘Toebesity‘).

Selbstkasteiung und Streben nach Perfektion
„Was für viele Menschen völlig absurd klingt, setzt vor allem pubertierende Mädchen unter Druck. Das gilt vor allem für das vermeintlich ideale Frauenbild: dünn, normschön und erfolgreich. Die dafür notwendige Selbstkasteiung befeuert das Streben nach Perfektion und vermittelt letztendlich das Gefühl, nie gut genug zu sein“, hieß es in der Aussendung.

Mädchen besonders anfällig
Besonders anfällig seien Mädchen, denn sie würden durch solche Videos nicht nur direkt angesprochen, sondern beschäftigten sich auch mehr mit sich selbst als Burschen. Sie verglichen sich viel häufiger in Sozialen Medien, spürten einen höheren Druck, Schönheitsidealen zu entsprechen.

Während Stars wie Supermodels oder Hollywood-Schauspieler unerreichbar scheinen, herrscht in sozialen Medien eine gewisse Nahbarkeit. Das erweckt den Eindruck, als sei es durchaus möglich, denselben Lifestyle zu leben wie viele Influencer.
Während Stars wie Supermodels oder Hollywood-Schauspieler unerreichbar scheinen, herrscht in sozialen Medien eine gewisse Nahbarkeit. Das erweckt den Eindruck, als sei es durchaus möglich, denselben Lifestyle zu leben wie viele Influencer.(Bild: AP/Richard Drew)

Junge Frauen seien auch empfindsamer für Kontrollverluste. Vielen Heranwachsenden sei auch gar nicht bewusst, dass das Leben auf Social Media in der Regel inszeniert und somit alles andere als alltagstauglich sei.

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