300.000 auf Flucht

Kämpfe an Grenze: Thailand verhängt Kriegsrecht

Außenpolitik
25.07.2025 16:33

Nachdem in der umstrittenen Grenzregion zwischen Thailand und Kambodscha den zweiten Tag in Folge Feuergefechte entbrannt sind, die mehrere Todesopfer zur Folge hatten, hat Thailand in acht Grenzbezirken das Kriegsrecht verhängt. Mehr als 300.000 Menschen sind auf der Flucht, Dutzende wurden getötet oder verletzt.

Der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt zwischen den beiden südostasiatischen Nachbarn war am Donnerstag gefährlich eskaliert. Nach Schusswechseln an der Grenze setzte das thailändische Militär eigenen Angaben zufolge Kampfjets gegen kambodschanische Stellungen ein. Kambodscha reagierte mit Artilleriefeuer, auch auf Wohngebiete. Unter anderem wurden eine Tankstelle und ein Krankenhaus getroffen.

Wer das Feuer eröffnete, ist weiter unklar: Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig. Medienberichten zufolge soll Thailand am Freitag erneut Luftangriffe geflogen haben.

Thailändischer Regierungschef: Wollen Kompromiss
Der thailändische Übergangsministerpräsident Phumtham Wechayachai äußerte sich zuversichtlich, dass der Konflikt sich nicht zu einem Krieg ausweiten wird. „Was wir jetzt erleben, sind bewaffnete Auseinandersetzungen, kein Krieg“, sagte er. Thailand sei grundsätzlich zu Gesprächen mit dem Nachbarland bereit. Jedem Dialog müsse aber ein Stopp der kambodschanischen Militäroperationen vorausgehen. „Wir haben versucht, einen Kompromiss zu finden, da wir Nachbarn sind“, sagte Übergangsregierungschef Wechayachai. Im Notfall werde das thailändische Militär jedoch auch reagieren.

Tödlichste Zusammenstöße seit fast 15 Jahren
Der Regierung in Bangkok zufolge ist die Zahl der Todesopfer in Thailand mittlerweile auf mindestens 16 gestiegen – mehrheitlich Zivilisten. 46 Menschen wurden verletzt, darunter mehr als 30 Zivilisten. Nach Berichten des thailändischen Militärs sollen mindestens 24 kambodschanische Soldaten getötet worden sein. Die Zeitung „Phnom Penh Post“ schrieb, dass in der kambodschanischen Provinz Oddar Meanchey zudem ein 70-jähriger Geistlicher bei der Bombardierung einer Pagode ums Leben gekommen sei.

Es handelt sich damit um die tödlichsten Zusammenstöße seit fast 15 Jahren. Bei schweren Gefechten in dem Grenzgebiet waren zwischen 2008 und 2011 mehrere Dutzend Menschen getötet und viele weitere verletzt worden.

Streit um Tempel
Beide Länder trennt eine mehr als 800 Kilometer lange Grenze, deren Verlauf noch in der Kolonialzeit festgelegt wurde. Die Regierungen in Bangkok und Phnom Penh interpretieren diese Grenzziehung aber unterschiedlich. Vor allem geht es bei dem Streit um den Tempel Prasat Preah Vihear (vermutlich aus dem 10. bis 12. Jahrhundert), der seit 2008 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört und von beiden Ländern beansprucht wird.

Kambodscha warf Thailand vor, den umstrittenen Tempel im Rahmen der Angriffe beschädigt zu haben. „Die Attacken, die sowohl Artilleriebeschuss als auch Luftangriffe umfassten, haben die heilige Stätte, die für das kambodschanische Volk von immenser kultureller, historischer und spiritueller Bedeutung ist, schwer beschädigt“, teilte das Kulturministerium mit. Der thailändische Militärsprecher Winthai Suvari wies die Beschuldigungen vehement zurück. Es handle sich um eine „klare Verdrehung der Tatsachen“, hieß es in einer Mitteilung. Die thailändische Armee habe keine zivilen Gebiete angegriffen, sondern nur Militärstellungen.

Die Karte zeigt den Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha. Die umstrittene Grenze ist markiert, und es wird auf Tote und Verletzte durch Kämpfe hingewiesen. Die Hauptstädte Bangkok und Phnom Penh sind eingezeichnet. Quelle: APA.

Als Reaktion auf die Gefechte hatte Thailand am Donnerstag alle Grenzübergänge in das Nachbarland geschlossen. Der Streit hatte sich jüngst wieder zugespitzt, nachdem es Ende Mai zu einem Schusswechsel zwischen Soldaten beider Länder gekommen war. Dabei wurde ein kambodschanischer Soldat getötet.

USA und UNO fordern Ende der Kämpfe
Die USA zeigten sich „zutiefst besorgt“ über die Situation an der Grenze. „Besonders beunruhigt sind wir über Berichte über den Tod unschuldiger Zivilisten“, hieß es in einer Mitteilung, die von der US-Botschaft in Bangkok veröffentlicht wurde. „Wir fordern dringend die sofortige Einstellung der Angriffe, den Schutz der Zivilbevölkerung und eine friedliche Beilegung der Streitigkeiten.“ Chinas Außenminister Wang Yi führte die „Wurzel des Problems“ auf die Nachwirkungen „des westlichen Kolonialismus“ zurück.

UNO-Generalsekretär António Guterres forderte größtmögliche Zurückhaltung beider Seiten. Die Probleme müssten im Dialog und im Geiste guter Nachbarschaft gelöst werden. Auch Malaysias Ministerpräsident Anwar Ibrahim, dessen Land in diesem Jahr der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN vorsteht, forderte umgehende Verhandlungen. Beide Länder seien wichtige Mitglieder des Bundes. „Frieden ist die einzige Option“, sagte er.

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