Dieser Musiker hat es faustdick hinter den Ohren. Zumindest dem Anschein nach. Die „Krone“ traf den US-Rapper Denzel Curry kurz vor seinem Auftritt im Wiener Gasometer und sprach mit ihm über harte Texte, weiche Seiten, seiner großen Liebe zu japanischen Trickfilmserien– und warum der Charakter Vegeta, für ihn früher ein Arschloch war ...
Als wir US-Rapper Denzel Curry im Backstage-Bereich kurz vor seinem Auftritt im Juli treffen, ist der erste Eindruck alles andere als herzlich. Ein sichtlich müder Musiker mit grimmigem Blick empfängt uns - verständlich, bei gefühlten 45 Grad im Raum. Man spürt: Dieses Interview soll möglichst schnell über die Bühne gehen. „No Pictures – Curry Is Not Styled“, heißt es vorab. Na, toll dachte ich, als ich beide sah. Aber wie sagt man doch so schön, der erste Eindruck täuscht – wahrhaftig.
Beginnen wir aber vorerst damit, wer dieser Musiker überhaupt ist: Geboren 1995 in Miami, entdeckte Curry mit 15 Jahren seine Liebe zum Rappen – und machte diese schnell zum Beruf. In seinem Umfeld wuchsen bereits viele Musiker auf, etwa seine Cousine Carissa Brownlee, besser bekannt als Yung Miami vom Hip-Hop Duo City Girls. Sie war auch eine Zeit lang mit P. Diddy liiert.
Doch musikalische Einflüsse kommen nicht nur von oben, sondern auch aus seinem direkten Umfeld: Sein älterer Bruder Treon Johnson starb 2014 bei einem brutalen Polizeieinsatz in Florida. Dieses traumatische Erlebnis prägt Currys Musik bis heute – spürbar etwa in seinen Songs wie „The Last“ - und verleiht seinen Texten Tiefe und Haltung. Früher war der Rapper auch Teil des Untergrund-Kollektivs Raider Klan, das von SpaceGhostPurrp gegründet wurde. Auch Künstler wie A$AP Rocky bewegten sich damals im gleichen Umfeld. Nach dem Zerfall der Crew entschied sich Denzel für den Soloweg. Zahlreiche Mixtapes, gefeierte Studioalben, internationale Touren und Millionen Streams später steht er heute als einer der vielseitigsten und authentischsten Rapper seiner Generation da.
Schräg, wütend, chillig
Der Rap-Liebhaber möchte seinen Fans mit seiner Musik so einiges mitgeben, aber eine Botschaft ganz besonders: „Sei authentisch, sei du selbst und ganz wichtig: Erzähl deine Geschichte“. Seine eigenen Geschichten verarbeitet der Musiker nämlich auch in seinen Texten – sie handeln von Polizeigewalt, Wut und gesellschaftlicher Ungleichheit. Seit seinem Debütalbum „Nostalgic 64“ im Jahr 2013 hat sich viel verändert. „Ich bin erwachsen geworden, ich habe angefangen, das Leben zu leben und genau das hört man nun in meiner Musik. Sie ist mit mir gewachsen.“
Aber wie beschreibt man eigentlich diese Art von Musik, wenn man den Künstler vorher noch nie gehört hat? „Vielseitig – wenn du alles hörst“, sagt der Rapper mit einem Lächeln. „Wenn du aber nur einen einzigen Song kennst, klingt’s vielleicht wütend. Ein anderer ist eher chillig, dann wieder total energetisch – oder einfach komplett schräg. Es kommt ganz darauf an, was du erwischst.“ Sein jüngstes Werk, „King Of The Mischievous South Vol. 2“, treibt diese Vielseitigkeit auf die Spitze. „Das Album lässt dir gar keine Zeit zum Nachdenken – es ist reines Gefühl“, sagt Curry. „Es geht nur darum, Spaß zu haben.“ Für den maximalen Effekt holte er sich prominente Unterstützung. Rapper Ty Dolla $ign war schon lange Fan, Juicy J steuerte gleich mehrere energiegeladene Ad-libs bei, und A$AP Rocky kennt der 30-Jährige bereits seit den Tagen des Raider Klan. „Rocky kannte mich, seit ich 16 war, getroffen haben wir uns erst später. Damals herrschte viel Spannung, aber das hat sich gelegt – Rocky und ich hatten immer eine gute Verbindung.“ Mit diesem Bündel an Features, gepaart mit purem Live-Drive, will Denzel Curry vor allem eines: Das Publikum in Bewegung halten –und das hat er bis zuletzt auf seiner Welt-Tournee eindrucksvoll geschafft.
Anime und Vegeta
Doch Curry will nicht nur auf der Bühne oder im Studio für Bewegung sorgen. Überraschenderweise entpuppt sich der grimmige, coole Rapper als leidenschaftlicher Anime-Fan. Und plötzlich ist da nicht mehr der harte Performer – sondern ein liebenswerter Zeichentrickfilm-Nerd, der mit leuchtenden Augen von seiner Kindheitsliebe erzählt. Und woher kommt diese Faszination? „Cartoon Network war`s“, sagt er mit einem Grinsen. „Mit Toonami – einem Programmblock dort – fing alles an: ,Dragon Ball Z´ ,Yu Yu Hakusho´ später auch ,Cowboy Bebop´ und ,Fullmetal Alchemist´. Ich war komplett drin.“ Bei der Frage, wer denn sein absoluter Lieblingscharakter sei, antwortet er wie aus der Pistole geschossen: „Son Goku“. Aber auch der Antiheld Vegeta in der „Dragon Ball Z“-Serie hat es ihm angetan – wenn auch mit Verzögerung. „Vegeta hab ich früher gehasst – für mich war er einfach ein Arschloch. Heute verstehe ich: Der Typ hat sich alles hart erarbeitet und ist ein großartiger Vater.“
Die Begeisterung sitzt so tief, dass Curry sogar eine eigene Anime-Serie plant. „Sobald es mit der Musik etwas ruhiger wird, werde ich das Projekt weiter angehen. Gott sei Dank läuft alles gut und ich hab schon viel dafür vorbereitet – aber verraten darf ich leider noch nichts, auch nicht über Social Media.“ Apropos, Social Media, wie steht er denn generell dazu? Hier antwortet er kurz, knapp und wieder mit einem leicht grimmigen Blick: „Ich teile, wie gesagt, nur das, was ich teilen will. Der Rest bleibt privat.“
Man merkt ihm trotzdem an, wie sehr ihn die Idee reizt, denn was bei vielen Künstlern schnell wie eine PR-Floskel klingt, wirkt bei ihm absolut glaubwürdig – zu authentisch und zu detailliert ist sein Wissen im Bereich japanischer Trickfilmserien.
Zukunftspläne und ein klarer Blick auf die Branche
Zum Schluss wollen wir wissen, wie ihm der Aufenthalt in Wien gefallen hat bzw. ob er denn schon oft hier war. „Die Stadt ist schön, und ja, ich war schon öfter hier, das letzte Mal hatte ich einen Auftritt mit Wu-Tang Clan. Sonst habe ich mir auch schon sehr viel hier angeschaut. Viele Museen, das Präsidentenhaus, alles ist tipptopp. Nur das typische Wiener Essen muss ich noch kosten.“ Und wie sieht es denn weiter mit Musik aus? „Auch hier habe ich sehr viel in Planung und zwei Projekte schon fertig. Aber nur eines darf ich verraten: ‚Strictly For The Site‘ – ein Kollabo-Projekt von der Musikgruppe Working On Dying und meiner Crew Ultra Ground, die ich mit meinem Freund Kim Nyada gegründet habe – das wird super.“
Nach seinem Wien-Stopp ging es für Denzel Curry direkt weiter nach Litauen, Hamburg und in die Schweiz. Danach möchte sich der Rapper erstmal eine Auszeit gönnen. „Ich bin vom Touren echt müde“, sagt er ehrlich. „Wenn die Auftritte vorbei sind, mache ich erstmal Urlaub – auf Bali oder so. Ich brauche mal eine Pause.“ Ganz ruhig bleibt es aber nicht: Für Februar 2026 ist Denzel Curry als Special Guest auf der Europatour der Deftones angekündigt – mit Arena-Shows in Paris, Amsterdam, Berlin und vielen anderen Städten. Die Auszeit auf Bali dürfte also nur von kurzer Dauer sein.
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