Aber Kritik an VdB

Hahn relativiert FPÖ-Wahlsieg: „72% ticken anders“

Innenpolitik
30.11.2024 12:42

Der scheidende EU-Kommissar Johannes Hahn hat indirekt Kritik an Bundespräsident Alexander Van der Bellen geübt. Der ÖVP-Politiker hätte sich nämlich gewünscht, dass FPÖ-Parteichef Herbert Kickl den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen hätte.

Auf die Frage, ob es ein Fehler gewesen sei, Kickl nicht den Auftrag zur Regierungsbildung zu geben, sagte Hahn in einem Interview mit dem ORF-Radio: „Aus europäischer, internationaler Sicht, hätte ich mir gewünscht, dass der Herr Kickl die Möglichkeit hat, das auszuprobieren, sodass dann aber alle sehen: Es hat nicht funktioniert.“

Letztlich gelte es, Europa Folgendes zu signalisieren, so der ÖVP-Politiker: „Ja, die FPÖ ist die Nummer eins nach den Nationalratswahlen, aber sie haben auch nur 28 Prozent und 72 Prozent ticken anders.“

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Aus europäischer, internationaler Sicht, hätte ich mir gewünscht, dass der Herr Kickl die Möglichkeit hat, das auszuprobieren, sodass dann aber alle sehen: Es hat nicht funktioniert.

Der scheidende EU-Kommissar Johannes Hahn

Doch wolle er dem Bundespräsidenten keine Empfehlung geben, betonte Hahn in dem am Samstag im Ö1-„Mittagsjournal“ ausgestrahlten Interview.

Hahn will auch Dreier-Koalition „eine Chance geben“
Zurückhaltend äußerte sich Hahn, was die Erfolgsaussichten der entstehenden Dreier-Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS betrifft. „Das hängt jetzt von der Qualität ab, wie die zusammenfinden, was das Programm ist. Ehrlich gesagt, man soll hier jedem eine Chance geben“, sagte er auf die Frage, ob diese Koalition fünf Jahre halten könne.

„Periode des ständigen Umbruchs“
Dass aktuell in vielen EU-Ländern als „weit rechts“ eingestufte Parteien erfolgreich seien, führte Hahn auf eine „Periode des ständigen Umbruchs“ zurück, die seit vielen Jahren durchlebt werde. „Früher hat es eine Krise gegeben, dann war wieder Ruhe, dann gab es wieder eine Krise. Die Menschen konnten sich davon irgendwie erholen.“

Johannes Hahn (Bild: APA/AFP/POOL/Virginia Mayo)
Johannes Hahn
Die FPÖ jubelt nach dem Sieg bei der Nationalratswahl im September. (Bild: APA/Roland Schlager)
Die FPÖ jubelt nach dem Sieg bei der Nationalratswahl im September.

Jetzt sei eine „gewisse Erschöpftheit“ vorhanden. Das führe dazu, dass gerade diese populistischen Strömungen erfolgreich seien, „weil sie mit sehr einfachen Slogans die Dinge beschreiben, sie aber nicht lösen“.

EU-kritischen Geistern in Österreich hielt der ÖVP-Politiker entgegen, dass es viele Dinge gebe, die man „nur mit der Kraft der 450 Millionen, der 27 Mitgliedsstaaten erfolgreich angehen“ könne. Nachsatz: „Ehrlich gesagt, wo wäre ein Land wie Österreich, und Österreich ist im europäischen Vergleich ein mittelgroßes Land mit neun Millionen Einwohnern, in einer Welt von acht Milliarden?“

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Ehrlich gesagt, wo wäre ein Land wie Österreich, und Österreich ist im europäischen Vergleich ein mittelgroßes Land mit neun Millionen Einwohnern, in einer Welt von acht Milliarden?

Johannes Hahn

Brexit als Hahns „größte Niederlage“
Hahn, der am Montag den 67. Geburtstag feiert, scheidet am Samstag aus seinem Amt als EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung aus. Zuvor war er ab Februar 2010 EU-Kommissar für Regionalpolitik, von November 2014 bis November 2019 hatte er das Ressort für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen übergehabt. „Die größte Niederlage in den 15 Jahren, die ich mitmachen musste“, sei der Brexit gewesen. Die Möglichkeit, dass das Vereinigte Königreich wieder in die EU zurückfinde, sieht Hahn „zum jetzigen Zeitpunkt“ nicht. „Ich glaube, die Priorität muss einfach darin liegen, dass wir eine vernünftige Form der Zusammenarbeit finden.“

Nach Brexit weg mit allen EU-Regeln?: In London zeichnet sich ein neuer Streit ab. (Bild: lazyllama - stock.adobe.com)
Nach Brexit weg mit allen EU-Regeln?: In London zeichnet sich ein neuer Streit ab.

Brunner übernimmt ab Sonntag
Am 1. Dezember tritt Hahns Parteifreund, Ex-Finanzminister Magnus Brunner, sein Amt als EU-Migrationskommissar in Brüssel an. Dass dieser das Migrationsressort übernimmt, bewertete Hahn positiv. In der Migrationsfrage gebe es noch immer unterschiedliche Auffassungen. Brunner bringe aber alle Voraussetzungen mit, die unterschiedlichen Interessenslagen unter einen Hut zu bringen.

Am 1. Dezember tritt Ex-Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sein Amt als EU-Migrationskommissar in Brüssel an. (Bild: Mashid Mohadjerin/Redux/laif)
Am 1. Dezember tritt Ex-Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sein Amt als EU-Migrationskommissar in Brüssel an.

„Wichtig ist nur, dass man auch in Österreich versteht, er ist jetzt nicht der Superbotschafter Österreichs, sondern er ist ein europäischer Funktionsträger und hat die Interessen von ganz Europa wahrzunehmen. Das wird nicht immer hundertprozentig identisch sein mit den österreichischen Interessen.“

Tipps wollte Hahn seinem Nachfolger und Parteifreund keine geben, weil dieser eine internationale Ausbildung und auch sehr viel europäische Erfahrung habe. Auf die Frage, ob er weiterhin politisch aktiv bleiben werde nach seinem Ausscheiden aus dem Amt, sagte Hahn: „Interessiert ja, aktiv nein.“

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