"Längst bewiesen"

Forscher: Pestizide “fatal für die ganze Insektenwelt”

Österreich
02.05.2013 12:57
Der ehemalige Koordinator der ARGE Bienenforschung an der Uni für Bodenkultur in Wien, Stefan Mandl, strich am Donnerstag die Gefährlichkeit der drei zuletzt umstrittenen Pestizide für Bienen hervor. Das Pflanzengift sei "fatal für die gesamte Insektenwelt", so der nunmehrige Bio-Imker. Die Pestizide "hätten nie zugelassen werden dürfen". Warum Umweltminister Nikolaus Berlakovich gegen das von der EU beschlossene Verbot der Mittel stimmte, könne er nicht nachvollziehen.

"Wissenschaftlich gibt es da überhaupt keinen Zweifel - die Giftigkeit ist längst bewiesen", so Mandl. Schließlich existierten rund 50 Studien international renommierter Forscher, die die Gefährlichkeit der Mittel der Gattung Neonicotinoide bestätigen.

"Vier Nanogramm - also ein viermilliardstel Gramm - tötet eine Biene. Das ist nicht strittig, das hat sogar der Chemiekonzern Bayer zugegeben", erklärt der Bienenexperte. Neonicotinoide sind laut Mandl tausend Mal giftiger als das berühmt-berüchtigte Pflanzenschutzmittel DDT, das in vielen Industrieländern schon seit Jahrzehnten verboten ist.

Mandl geht mit seiner Kritik noch einen Schritt weiter: Die Mittel seien "so toxisch, dass sie aus ökologischer Sicht nie zugelassen werden hätten dürfen". Vor etwa zwei Jahren habe er eine wissenschaftliche Arbeit an das Umweltministerium geschickt, um zu warnen. Allerdings: "Passiert ist nichts."

Berlakovichs Begründung für sein Abstimmungsverhalten in Brüssel, wonach ein Zusammenhang der Pestizide mit dem Bienensterben nicht wissenschaftlich erwiesen sei (siehe Infobox), lässt Mandl nicht gelten: "Der Bienenschaden ist dokumentiert. Die Diskussion ist ja auch nicht neu, es ist alles längst abgeklärt."

Auch Regenwürmer, Ameisen, Schmetterlinge und Käfer leiden
Unter den giftigen Substanzen leiden laut Mandl auch Regenwürmer, Ameisen, Schmetterlinge, Käfer und Wasserorganismen. "Das ist fatal für die gesamte Insektenwelt. Die Bienen zeigen es nur auf - das größere Problem ist eigentlich, dass das komplette Ökosystem zerstört wird", so der Imker. Mit Neonicotinoiden werde nicht nur Mais gebeizt, sondern auch Kartoffeln, Sonnenblumen, Wein, Obst oder Winterweizen.

Warum Berlakovich gegen das Verbot stimmte, kann sich Mandl nicht erklären. Er mutmaßte, dass der Minister falsch beraten worden sei. Schließlich handle es sich um eine "schwierige, umfassende Materie. Es ist kaum zu glauben, aber im Moment schützen uns die Eurokraten vor unserem eigenen Umweltminister".

Grüne kündigen Misstrauensantrag an
Nach der Schelte vom Koalitionspartner SPÖ schießen sich nun auch die Grünen auf den ÖVP-Umweltminister ein. Parteichefin Eva Glawischnig kündigte am Donnerstag für die nächste Nationalratssitzung einen Misstrauensantrag an. Berlakovich würde bewusst Fakten verdrehen, so Glawischnig. Seine Behauptung, wonach es keine wissenschaftliche Beweise dafür gebe, dass der Einsatz von bestimmten Pestiziden für das Bienensterben verantwortlich sei, sei "einfach falsch".

Mit seiner Weigerung, einem Verbot dieser Substanzen zuzustimmen, habe sich Berlakovich "auf die Seite der Chemie-Lobby" gestellt. Damit sei er als Minister "untragbar" geworden. Glawischnig forderte Bundeskanzler Werner Faymann auf, den Minister "an die Kandare zu nehmen". Eine Chance, die giftigen Substanzen in Österreich zu verbieten, gebe es beim Umweltausschuss am 15. Mai, so die Grünen-Chefin.

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