Die Kunstbiennale in Venedig steht kurz vor der offiziellen Eröffnung – von 20. April bis 24. November wird sie stattfinden. Der Österreich-Pavillon ist der Sprache und den Ausdrucksformen des gewaltfreien Widerstandes gewidmet.
„A Language of Resistance“ nennt Anna Jermolaewa ihre Arbeiten. 1970 in Leningrad geboren, musste sie 1989 aus der Sowjetunion fliehen, in Österreich fand sie ihr neues Zuhause. Die Erfahrung mit Flucht und Migration fasst sie in mehreren Schwerpunkten zusammen.
In „Rehearsal for Swan Lake“ schuf sie zusammen mit der ukrainischen Balletttänzerin und Choreografin Oksana Serheieva eine Videoinstallation, die Tschaikowskis „Schwanensee“ als sowjetisches Instrument der Ablenkung und Zensur inszeniert. Tänzerinnen proben für den Machtwechsel in Russland, denn das russische Fernsehen spielte einst „Schwanensee“ als Dauerschleife, nach einem Regimewechsel, um Unruhen zu verbergen.
In der Nachkriegsära der Sowjetunion durften neue Musiktrends wie vor allem der aus den USA kommende Jazz und Rock nicht in den heimischen Plattensammlungen aufbewahrt werden. Kreative Soundtechniker fanden allerdings rasch einen Ausweg und konnten in weggeworfene Röntgenaufnahmen Tonspuren eingravieren. Die Röntgenfilme fanden sie massenhaft im Abfall der Spitäler, sodass die verpönte Musik auf zahlreichen Knochen und Rippenaufnahmen festgehalten werden konnte.
Am Schwarzmarkt fand die „Music On Bones“ bald reißenden Absatz. Jermolaewa inszenierte mit solchen Knochenbildern einen weiteren Raum im Hoffmann-Pavillon von Österreich.
Im Deutschen Pavillon „Germania“ spielen ein Raumschiff und türkische Erde eine wichtige Rolle. Der Haupteingang ist mit Erde zugeschüttet. Über einen Nebeneingang öffnet sich eine düstere Inszenierung. Ersan Mondtag, ein in Deutschland lebender Künstler und Regisseur, mischt hier mit der Multimedia-Künstlerin Bartana Videos Schauspieler und Musik zu grauen Bildern, die über mehrere Stockwerke von den Besuchern buchstäblich betreten werden können.
Mondtag gedenkt damit seinem Großvater Hasan Aygün, einem türkischen Fabrikarbeiter, der nach langen Jahren in einem Berliner Asbestwerk 2001 an Krebs gestorben ist. Unter und vor dem Pavillon ist die anatolische Erde gestreut, im Pavillon liegen Schauspieler wie Leichen auf dem Boden in einer verwahrlosten Arbeiterwohnung.
Alles ist verseucht, den Ausweg bietet ein Raumschiff, auf dem eine künstliche, bessere Welt gestaltet ist. „Last Generation“-Kritik klingt an, offen bleibt, warum das Raumschiff ins Weltall abheben muss, um eine bessere Welt zu gestalten. Die Bilder sind dennoch sehr stark. Die Aussichten sind weniger gut, Ausweg wird keiner gezeigt. Migration und Zerstörung wird inszeniert, die Welt ist am Scheideweg, wohin es geht, bleibt völlig offen. Gibt es tatsächlich nur noch den Untergang?
Die Spuren von Terror und Krieg werden beim Israel-Pavillon besonders gegenwärtig, dort prangt vor dem geschlossenen Eingang ein Schild, das drauf verweist, dass erst wieder bei einem Waffenstillstand und einer Freilassung der Geiseln geöffnet wird.
Wärmere Bilder werden im Amerika-Pavillon gezeigt. Jeffrey Gibson schafft mit bunten Bildern einen Rahmen zu amerikanischen, indigenen und internationalen Kulturen. Der US-Künstler lebte viele Jahre in Südkorea und Deutschland.
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