Ausgestreckte Zeigefinger sind in Bildern der Renaissance und des Barock durchaus erwünscht. Ob diese Gesten auch wirklich funktionieren, hat eine Studie der Uni Wien untersucht.
„Als Jesus weiterging, sah er einen Mann namens Matthäus am Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach! Da stand Matthäus auf und folgte ihm“, so steht es im Matthäusevangelium. Der römische Barockmaler Caravaggio hat daraus für die Kirche San Luigi dei Francesi eines seiner bekanntesten Gemälde geschaffen. Das Besondere an der Darstellung ist, wie Caravaggio Jesus auf den zur wenig angesehenen Berufsgruppe der Zöllner zählenden Matthäus weist und dieser diese Zeigegeste ungläubig fragend fortführt.
Dieses Stilmittel findet sich vor allem auf Bildern in Renaissance und Barock. Meister wie Raffael, Michelangelo, Rembrandt, Rubens haben so auf zentrale Bildinhalte aufmerksam gemacht.
Erforschung über Pupillenbewegung
Die Kunsthistorikerin Temenuzhka Dimova, die bereits in ihrer Doktorarbeit zu „Sprache von Gesten in frühneuzeitlichen Gemälden“ geforscht hat, testete jetzt für die Uni Wien, ob dieses Zeigen beim Betrachter tatsächlich den erwünschten Effekt erzielt.
Als Technik kam dabei „Eyetracking“ zum Einsatz, eine Methode, bei der die Pupillenbewegungen von Personen aufgezeichnet werden, während sie Kunst betrachten. So lässt sich herausfinden, an welchem Punkt die Bildbetrachtung beginnt, wo der Blick länger verweilt, wie das Auge über das Werk wandert und wohin der Blick zurückkehrt.
Das wurde mit drei Gruppen untersucht: Laien ohne Kunstausbildung, Kunstgeschichte-Studenten und Gehörlose, die fließend Gebärdensprache beherrschen.
Blick auf das Wesentliche lenken
Für die Forscherin überraschend war, wie kurz die Ungeschulten den ausgestreckten Zeigefinger betrachteten. Eine halbe Sekunde reichte aber aus, um die Blickrichtung zu beeinflussen. Im Vergleich waren die Studierenden und die Gehörlosen deutlich interessierter an Bilddetails.
Mit den Laien wurde schließlich ein weiteres Experiment durchgeführt: Aus acht Bildern entfernte die Forscherin die Zeigegesten. „In den bearbeiteten Gemälden haben sie die eigentlich relevanten Bereiche des Bildes viel weniger beachtet“, so Dimova. Was beweist: Die Alten Meister lenken tatsächlich den Blick auf das Wesentliche im Bild.
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