Zweite Runde

Terrorhelfer erneut angeklagt: „Sie sind Mörder“

Gericht
07.03.2024 17:07

Über ein Jahr später sitzen drei Terrorhelfer des Wiener Attentäters erneut dort, wo sie ihre langjährigen Haftstrafen ausgefasst haben - im Großen Schwurgerichtssaals in Wien. Über die teils Höchststrafen entscheidet ein Geschworenengericht nun neu. „Wir haben einen Stellvertreterprozess“, kritisiert die Verteidigung.

„Die drei, die hier sitzen, sind Mörder durch Beitrag“, verdeutlicht die Staatsanwältin den Geschworenen, dass die Männer den IS-Schützen vom 2. November 2020 beim Terroranschlag in der Wiener Innenstadt unterstützten. Diese Schuldsprüche sind bereits rechtskräftig und in der Neudurchführung kein Thema mehr. Trotzdem: „Jemand, der durch seine tief verwurzelte Ideologie bei einem Attentat im Namen des IS hilft, der ist Teil der terroristischen Vereinigung“, ist die Anklägerin überzeugt.

Staatsanwältin geht von gleichem Ergebnis aus
Verhandelt wird nämlich nur noch über diese Zugehörigkeit. Der Oberste Gerichtshof hob die Schuldsprüche wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bzw. kriminellen Organisation wegen Verfahrensfehlern auf. „Es war ein reiner Formmangel im Urteil. Aber wir sind in einem Rechtsstaat und da muss alles seine Richtigkeit haben“, betont die Staatsanwältin, dass es sich nicht um einen Irrtum des ersten Schwurgerichts gehandelt habe. 

„Wir haben einen Stellvertreterprozess“
Um die Erwähnung des erschütternden Terroranschlags, bei dem vier Menschen starben und weitere verletzt wurden, kommen auch die Verteidiger nicht herum. Anwalt Rudolf Mayer vertritt jenen 25-Jährigen, der den Attentäter kurz vor der Bluttat bestärkte, ihm half, ein Anschlagsziel zu suchen - das steht rechtlich fest. Doch Propagandamaterial hätte sein Mandant nie versendet. Mayer fordert außerdem aufgrund der langen Verfahrensdauer von über drei Jahren eine Reduktion der 20-jährigen Haftstrafe.

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Gerade bei einem so schrecklichen Ereignis, ist der Rechtsstaat gefordert. Denn das Bedürfnis nach Strafe ist hier besonders hoch. Nach dem Motto: Bei jedem grausamen Ereignis muss es einen Schuldigen geben. Wir haben einen Stellvertreterprozess.

Anwalt Elmar Kresbach vertritt den Drittangeklagten (29). Er wohnte beim Wien-Attentäter.

Verteidiger Elmar Kresbach wird in seinem Eröffnungsplädoyer schnell kritisch: „Gerade bei einem so schrecklichen Ereignis, ist der Rechtsstaat gefordert. Denn das Bedürfnis nach Strafe ist hier besonders hoch. Nach dem Motto: Bei jedem grausamen Ereignis muss es einen Schuldigen geben. Wir haben einen Stellvertreterprozess.“ Die Behörden würden nach dem Tod des eigentlichen Schützen eine Verschwörung konstruieren. „Er hat im Grunde niemanden gebraucht, der ihn unterstützt und bestärkt“, ist Kresbach überzeugt. 

Dass die Männer dies aber getan haben, steht fest - erinnert auch der vorsitzende Richter nach den Anfangsvorträgen. Elmar Kresbach sieht aber auch keinen Anhaltspunkt im Akt, dass sein 29-jähriger Mandant - er fasste im ersten Rechtsgang lebenslang aus - mit dem IS sympathisierte: „Er nimmt den Glauben durchaus ernst, aber das ist nicht strafbar.“

Über Strafhöhen wird erneut entschieden
Außerdem wäre seine Frau, verteidigt von Anna Mair, in einem separaten Verfahren am Wiener Landesgericht von der Übersetzung bzw. Korrektur von einschlägigen IS-Publikationen freigesprochen - das wird auch dem 29-Jährigen vorgeworfen. Wenn damals kein Bezug zum Islamischen Staat hergestellt werden konnte, warum sollte das in diesem Prozess der Fall sein, stellt Anwalt Kresbach in den Raum. 

Die drei Terrorhelfer - auch der 23-jähriger Sechstangeklagte - bekennen sich zu den Vorwürfen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation also nicht schuldig. Ein Urteil ist für den 24. April geplant. Da wird auch über die Strafhöhen - beim ersten Durchgang waren es 20 Jahre, lebenslang und 19 Jahre - neu entschieden. Doch auch Freisprüche werden an langjährigen Haftstrafen nicht mehr viel ändern ...

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