Erdbeben in Marroko
Überlebende haben Angst, nach Hause zu gehen
Mehr als 2000 Menschen tot, Dörfer liegen in Trümmern. Die nächsten Tage sind entscheidend, doch der König von Marokko will keine Hilfe annehmen.
Die Suche nach Verschütteten läuft auf Hochtouren. Immer wieder werden Menschen lebend aus den Trümmern geborgen. Ein Video etwa zeigt, wie Helfer ein Baby aus den Trümmern heben – unter Jubel der Familie, die kurz zuvor aus ihrem eingestürzten Zuhause gezogen worden war. Vor allem die Bewohner der abgelegenen Dörfer benötigten dringend Hilfe. Trinkwasser und Nahrung sind knapp, denn auch einen Tag nach dem Beben sind viele Zufahrtsstraßen ins Gebirge noch nicht passierbar.
„Die nächsten 24 bis 48 Stunden sind entscheidend, um Leben zu retten“, erklärt Caroline Holt vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes. Die Menschen müssten mit sauberem Wasser versorgt werden. „Hygiene ist nun besonders wichtig. Wir müssen verhindern, dass es zu einer Katastrophe in der Katastrophe kommt.“ Viele Menschen nahe dem Epizentrum müssen wohl lange Zeit in Notunterkünften leben. Sogar diejenigen, deren Häuser den verheerenden Erdstößen standgehalten hatten, verbrachten aus Angst vor weiteren Nachbeben die zweite Nacht im Freien.
Und tatsächlich: Sonntagfrüh erschütterte ein Nachbeben der Stärke 3,9 Marokko. In Städten wie Marrakesch ist die Solidarität der Bevölkerung derzeit besonders groß: Vor Blutspendezentren stehen Menschen Schlange, um zu helfen. Mittlerweile haben sogar Staaten ihre Hilfe angeboten, die Marokko bisher kaum freundschaftlich gesinnt waren. Unter anderem boten Spanien, Großbritannien, Israel und die Türkei ihre Hilfe an.
Auch das Österreichische Bundesheer hält sich bereit. Bisher hat sich König Mohamed VI. zwar für Hilfsangebote bedankt, diese aber weder angenommen noch selbst Unterstützung erbeten.
Dauerte fast einen Tag, bis König Krisenstab einberief
Der 60-Jährige, der nach dem Beben aus Paris zurückgekehrt war, leitete im königlichen Palast in Rabat eine erste Krisensitzung. Als Oberkommandierender der Streitkräfte mobilisierte er die Armee, die bis Sonntag auch die entlegensten Orte erreichte – wenn nicht mit schwerem Gefährt, dann per Luft. Der Monarch setzte einen Ministerausschuss ein, der die Rettungs- und Hilfsmaßnahmen koordinieren sollte, und erklärte eine dreitägige Staatstrauer.
Darüber hinaus forderte König Mohamed VI. seine eigene Stiftung auf, den Überlebenden beizustehen. Obwohl der König zuletzt mehr Zeit im Ausland als im eigenen Land verbrachte, trat er auch am Sonntag nicht persönlich vor die Kameras, um sich an die Bevölkerung zu wenden, und reiste zunächst auch nicht in das Katastrophengebiet.

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